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Die Liebenden von Sotschi

Die Liebenden von Sotschi

Titel: Die Liebenden von Sotschi
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dem Hubschrauber in Deckung gelegen hatte, stand jetzt bei den vier gefangenen Russen und gab Cohagen Armzeichen, daß alles vorbei sei. Swanton schwankte herbei, starrte Cohagen mit seinem blutgetränkten Gesicht an und sagte heiser:
    »Das müssen doch Wahnsinnige sein! Haben Sie das gesehen? Diesen sowjetischen Offizier? Macht Krieg, mitten in New York. In Uniform!«
    Cohagen hob die Schultern, beugte sich in den Wagen zurück und gab Irene die Hand. »Ihr könnt wieder 'raus!« sagte er trocken. »Leider sind Großmutters schöne Möbel hin. Es war in der Eile nicht möglich, sie noch hinauszutragen. Aber wenn du darauf bestehst, schicke ich Ussatjuk eine Rechnung.« Er lachte voll Bitterkeit. »Aussteigen in das neue Leben. Das ist nun dein drittes, Boris. Du kannst deine Hebammen wirklich zur Verzweiflung bringen.«
    Er half Irene auszusteigen. Sie starrte auf das Feuermeer, das einmal ein schönes, weißes Haus gewesen war, und ging langsam den Flammen entgegen. Cohagen folgte ihr, legte den Arm um ihre Hüfte und sagte:
    »So ist das nun mal: Gut abgelagertes Holz brennt vorzüglich. Leid tun mir nur die Holzwürmer, ich bin ja ein großer Tierfreund.«
    In diesem Augenblick zündete Strelenkos Zeitbombe mit einem trockenen, bellenden Klang. Cohagen riß es herum, er warf sich vor Irene mit ausgebreiteten Armen.
    Mit ausgebreiteten Armen stand auch Bubrow vor dem Panzerauto. Erde und Gras regneten auf ihn nieder, sein Blick suchte Irene, aber er faßte sie nicht mehr. Er hörte auch nicht ihren gellenden, unmenschlichen Schrei, als er nach vorn umfiel.
    Nach fünf Monaten wurde Bubrow aus einer Spezialklinik in Tulsa, Oklahoma, entlassen. Irene und Cohagen schoben den Rollstuhl, in dem er sein Leben nun beenden würde.
    Das Urteil der Ärzte war klar: Es gab keinen Chirurgen auf dieser Welt, der die Querschnittlähmung rückgängig machen konnte. Ein Splitter der Bombe hatte das Rückgrat durchschlagen. Ein Wunder war es schon, daß Bubrow überlebt hatte. Und zwei Wunder nebeneinander hat Gott nicht vorgesehen. Von der Hüfte an war Bubrow gefühllos geworden, seine Beine baumelten an seinem Rumpf wie zwei unnütze Auswüchse. Die CIA hatte alles versucht, was möglich war, sie hatte Gutachten aus Europa und Asien eingeholt, aber es war fast immer der gleiche, hoffnungslose Text, der zurückkam.
    »Ich lebe!« hatte Bubrow gesagt, als Irene ihm endlich die volle Wahrheit sagen mußte. »Irininka, ich lebe! Ich lebe mit dir! Ich kann dich sehen, ich kann dich hören, ich fühle dich, die Welt ist offen für uns mit all ihrer Schönheit! Ist das nicht ein Geschenk? Wir sollten dankbar sein.«
    Über den anderen Verlust sprachen sie nie: Drei Wochen nachdem Bubrow zum neuntenmal operiert worden war und noch niemand sagen konnte, ob er überleben würde, verlor Irene ihr Kind. Die Fehlgeburt hielten alle geheim, Bubrow hatte mit sich selbst genug zu tun. Erst als man wußte, daß er das Leben wiederum gewonnen hatte, wollte man es ihm schonend beibringen. Aber Bubrow sagte von selbst: »Vielleicht das nächstemal, Irininka. Wir haben ja Übung darin, mit der Hoffnung zu leben …«
    Irene küßte ihn, nahm seine Hände und legte ihr Gesicht hinein. Er ist ein einmaliger Mann, dachte sie. Wie armselig bin ich gegen ihn. Er hat sein Gesicht verloren und nun auch seine Beine. Für mich! Wie kann man diese Liebe überhaupt begreifen?
    In Moskau verfolgte man das Weiterleben Bubrows mit Interesse. Leutnant Strelenko hatte eine Gedenktafel an der Kremlmauer erhalten, obwohl General Butajew sagte, sein Sterben in sowjetischer Uniform in New York sei billiges Theater gewesen. Als man erfuhr, daß Bubrow für immer gelähmt bleiben würde, strich Ussatjuk ihn von der Liste.
    »Er wird langsam sterben«, sagte er zu Butajew, der trotz des nur halben Erfolges die versprochene Kiste Krimsekt bei Ussatjuk abgeliefert hatte. »Jeden Tag ein Stückchen mehr wird er sterben. Wer Boris Alexandrowitsch kennt, weiß, daß er an dem Bewußtsein, ein Krüppel zu sein, zerbricht.«
    Aber Bubrow, der weiterhin Anthony Jefferson hieß, zerbrach nicht.
    In Oklahoma, bei Pawhuska, in der Nähe des Bluestem Lake, kauften sie sich eine kleine Farm. Sie züchteten Rinder und Wollschafe, Mais und eine ganz bestimmte Sorte schwarzer Schweine, die saftige, fast fettlose Steaks lieferten.
    Mit einem elektrisch betriebenen Rollstuhl fuhr Bubrow über sein Land und freute sich, wenn Irene neben ihm herritt.
    Er war überall, sang mit seinen
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