Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Liebe kommt auf leisen Pfoten

Die Liebe kommt auf leisen Pfoten

Titel: Die Liebe kommt auf leisen Pfoten
Autoren: Johanna Folk
Vom Netzwerk:
wusste nicht, wie sie in ihr Zimmer gekommen war. Sie wusste auch nicht, wie lange sie auf ihrem Bett gesessen und vor sich hin gestarrt hatte. Genauso wenig hatte sie ihre Großmutter wahrgenommen, welche die ganze Zeit bei ihr saß und sie besorgt ansah. Erst als die Tür aufflog und ihre Stiefmutter herein platzte, kam sie wieder ganz zu sich.
    „Ich weiß zwar nicht, was in diesen Prinzen gefahren ist“, verkündete die Stiefmutter lauthals, „aber wie es aussieht, bist Du ja doch zu etwas nutze.“ Dabei strahlte sie über das ganze Gesicht. Augenscheinlich hatte sie sich gut von ihrer Ohnmacht erholt. „So hat es sich nun doch gelohnt, dass wir Dich die letzten Jahre auf dem Hof durchgefüttert haben.“
    „Hör damit auf, Klara!“, ging Gwens Vater in überraschend scharfem Ton dazwischen. „Und jetzt lass uns bitte allein.“ Er erntete von seiner Frau zwar einen bösen Blick, aber sie verließ tatsächlich den Raum.
    „Soll ich auch gehen?“, fragte die Großmutter.
    „Nein, Du kannst bleiben.“ Der Vater setzte sich neben Gwen auf das Bett. Er nahm ihre Hand und sah ihr in die Augen. „Ich weiß, Du bist wütend. Und Du fühlst Dich vielleicht auch verraten. Das kann ich auch verstehen. Aber versteh bitte auch mich. Es ist meine Aufgabe als Vater, Dich in gute Hände zu geben. Und was gibt es Besseres, als einen Königssohn?“
    „Vielleicht jemanden, den ich mir selbst hätte aussuchen dürfen?“ Gwen war tatsächlich wütend. Ihr Vater konnte gar nicht ahnen, wie wütend sie. Erst verkaufte er sie wie ein Stück Vieh und jetzt besaß er auch noch die Frechheit, hier zu sitzen und ihr zu sagen, dass alles nur zu ihrem Besten war.
    „Bitte, Gwen“, ihr Vater sah hilfesuchend zur Großmutter, aber die zuckte nur mit den Schultern.
    „Lass mich allein“, Gwen drehte sich weg vom Vater und starrte zu Boden. Er streckte zunächst noch seine Hand aus, um sie auf ihre Schulter zu legen, zog sie dann aber zurück, stand auf und ging aus dem Zimmer.
    Nachdem er weg war setzt sich ihre Großmutter hinter Gwen und die begann auch schon, zu weinen. „Das ist doch alles ein schlechter Witz“, schluchzte sie. „Was für ein Mann muss das sein, der sich zwischen all den Schönheiten ausgerechnet eine augenscheinlich verrückte und zerlumpte Frau heraus sucht?“
    „Ein besonderer Mann“, sinnierte ihre Großmutter und erntete dafür verwunderte Blicke von ihrer Enkelin.
    „Was meinst Du damit?“
    „Ich kann es Dir nicht sagen, ich habe nur so ein komisches Gefühl.“
    „Ein gutes, oder ein schlechtes Gefühl?“, fragte Gwen, denn sie wusste, dass die Bauchgefühle ihrer Großmutter selten daneben lagen.
    „Wenn ich das wüsste, mein Kind.“
    „Könntest Du nicht ausnahmsweise mal die Ahnen befragen? Ich weiß, das hast Du schon lange nicht mehr getan, aber ich bitte Dich: Hilf mir!“
    Die Großmutter legte ihre Hände in den Schoß und sah Gwen lange an. „Also gut, ich werde es versuchen, aber ich kann nicht versprechen, ob sie nach so langer Zeit noch mit mir reden.“
    „Ich danke Dir, dass Du es zumindest versuchen willst.“
    „Dann werde ich mich jetzt zurückziehen und mich vorbereiten. Ich komme zu Dir, sobald es geschehen ist.“ Ihre Großmutter nahm eine sehr aufrechte und stolze Haltung an und ging.
    Gwen hoffte sehr, dass sie ihr weiterhelfen konnte. Auch wenn es viele im Dorf als Spinnerei abtaten, war sie davon überzeugt, dass ihre Oma mit den Geistern Kontakt aufnehmen und diese um Rat fragen konnte. Nach dem Tod von Gwens Opa vor ein paar Jahren, hatte die Oma jedoch aufgehört, den Kontakt zur anderen Welt zu suchen und hatte es seit dem auch nicht mehr getan. Gwen war deshalb hin und her gerissen. Sie wusste, dass es für ihre Oma nun eine Überwindung sein musste, aber sie wollte nicht in eine ungewisse Zukunft gehen, noch dazu gegen ihren Willen.
    Es dauerte fast bis zum Abend, bis ihre Großmutter wieder zu ihr kam. Gwen hatte sich mittlerweile wieder ein normales Kleid und ein Kopftuch angezogen und sich auf eine Bank vor den Hof gesetzt. Hier sah sie den Kindern im Dorf beim Spielen zu. Die ganz Kleinen waren unbekümmert wie immer. Die Älteren hatten den Besuch des Prinzen am Mittag mitbekommen und hatten verstanden, was das alles zu bedeuten hatte. Sie versuchten immer wieder aus allen möglichen Gründen nahe an den Hof zu kommen um einen Blick auf Gwen zu werfen. Manche sahen sie mit großen Augen an, manche grinsten frech und andere kicherten verschämt.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher