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Die Liebe ist ein Daemon

Die Liebe ist ein Daemon

Titel: Die Liebe ist ein Daemon
Autoren: Dorotea de Spirito
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ich aus den drei Kleiderschichten heraus, unter denen ich bereits begraben liege.
    »Meine weiße Jeans mit den Taschen vorne.«
    Jetzt schlage ich sie gleich.
    »Na klar«, sage ich dagegen sehr ruhig. »Die Jeans, die ich nicht einmal unter Androhung von Folter anziehen würde und die vor allem seit mindestens vier Tagen oben auf dem Korb mit der Bügelwäsche liegt.«
    Der Kleiderregen hört auf einmal auf.
    Der blonde Engel, mit dem ich leider mein Leben teilen muss, sieht mich an.
    »Warum hast du das nicht gleich gesagt?«
    »Du hättest mich auch fragen können!«
    »Jetzt beruhig dich mal.«
    »Ich soll mich beruhigen? Du flippst doch wegen jeder Kleinigkeit aus. Weißt du, was du bist? Du bist ein Engel, der sich wie ein Dämon benimmt, genau das bist du.«
    Sie erstarrt und verzieht zornig das Gesicht.
    »Und du bist eine Idiotin. Über manche Sachen macht man keine Scherze.«
    Sie geht raus und schlägt, eher verbittert als wütend, die Tür hinter sich zu. Ich verstehe nicht, was habe ich denn so furchtbar Schreckliches gesagt?
    »Elena, was habe ich Falsches gesagt?«
    Ich mache die Tür auf und folge ihr durch den Gang. |36| Dabei stolpere ich über eine Vase (in diesem Haus gibt es einfach zu viele Vasen).
    »Jetzt antworte doch, was hab ich gesagt?«
    »Ach nichts.«
    Sie streicht mit der Hand durch ihr hellblondes Haar. Sie will mich abschütteln, aber ich laufe immer noch hinter ihr her.
    »Sag schon, Elena.«
    »Das hat doch keinen Zweck. Du würdest es sowieso nicht verstehen.«
    Ich bleibe stehen.
    Es ist wie ein Schlag ins Gesicht. Sie weiß, wie sehr ich diesen Satz hasse. Und es gelingt ihr nur zu gut, sich das zu Nutzen zu machen.
    Ich senke den Kopf und gehe zurück.
    Ich schließe mich in mein Zimmer ein.
    Mir brennen die Augen.
    Und die Hände.
    Und der Kopf.
    Und die Lippen.
    Und die Gedanken.
    Ich würde es nicht verstehen. Ich kann es nicht verstehen.
    Wie oft habe ich das schon gehört?
    Das erste Mal, als ich sechs oder sieben Jahre alt war.
    »Mama, warum habt ihr Flügel?«, wollte ich eines Tages von meiner Mutter wissen. Sie kam gerade aus der Dusche und ich betrachtete ihren nackten Rücken, der so anders war als meiner.
    |37| »Das ist eine lange und komplizierte Geschichte, Schätzchen. Du würdest es nicht verstehen.«
    »Papi, warum heilen eure Wunden sofort?«, fragte ich eines Abends meinen Vater. Ich war vom Fahrrad gefallen und er desinfizierte gerade meine Wunde am Knie.
    »Ach Kleine, das ist zu kompliziert zu erklären, du würdest es nicht verstehen.«
    So oft habe ich diesen Satz gehört, dass ich schon aufgehört habe zu zählen.
    Aber jedes Mal erinnert er mich daran, dass ich nicht so bin wie sie.
    Dass meine Geschichte eine andere ist.

|38| WÜNSCH DIR ETWAS
    Ich sitze mit Ginevra auf dem Platz beim Brunnen. Es ist unser letzter Abend in Freiheit. Der Platz liegt in der Nähe ihrer Wohnung, deswegen treffen wir uns vor dem Abendessen immer dort. Sie raucht die letzte Zigarette dieses Sommers. Sie zieht den Rauch ein, plaudert ein wenig und zaubert Rauchkringel in die gedämpfte und weiche Abendluft. Es ist kurz vor acht Uhr.
    »Möchtest du mal ziehen?«, fragt sie, auch wenn sie bereits die Antwort kennt.
    »Mir wäre ein Stück Schokolade lieber.«
    Ginevra kichert. Einmal haben wir uns gestritten, weil ich meinte, dass Rauchen dumm sei, während sie darauf beharrte, dass es ein Laster wie jedes andere wäre, wie Schokolade zum Beispiel. Seitdem ist meine Antwort in die Geschichte eingegangen. Jedes Mal wenn mir jemand eine Zigarette anbietet, sage ich einfach: »Mir wäre ein Stück Schokolade lieber.«
    Die Glut der Zigarette blinkt in der Dämmerung. Jetzt sind die Tage bereits kürzer geworden und um acht Uhr fangen schon die Straßenlaternen an zu leuchten.
    Plötzlich sieht mir Ginevra fest in die Augen und schüttelt |39| den Kopf. Ich weiß, dass es dort einen Gedanken gibt, der gleich herausspringen wird.
    »Los, sag schon«, ermutige ich sie. Ich bin auf alles gefasst.
    »Du bist einzigartig.«
    Ich lächle und bin ein wenig irritiert von diesem Kompliment, das leider auch andere Gedanken bei mir auslöst. Du bist einzigartig, die Einzige, die keine Flügel hat.
    »Wie meinst du das?«, frage ich.
    »Du gehst jeder Gefahr aus dem Weg, ganz egal, um was es sich handelt. Auch wenn es etwas ganz Harmloses ist.«
    »Ach so, du sprichst vom Rauchen.«
    »Nicht nur das, du gehst einfach nie ein Risiko ein.«
    »Vielleicht habe ich ganz besondere Gene. Und
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