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Die Liebe des letzten Tycoon

Die Liebe des letzten Tycoon

Titel: Die Liebe des letzten Tycoon
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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als er seinen Kragen herumgedreht und mit Vater und mir ins russische Ballett gegangen war. Er fühlte sich sichtlich nicht wohl in seiner Haut. Als Bernie, der Fotograf, der im Troc auf lohnende Beute lauerte, an unseren Tisch kam, wirkte Brimmer wie ertappt. Stahr schickte Bernie weg, dabei hätte ich so gern das Foto gehabt.
    Dann kippte Stahr zu meiner großen Verwunderung drei Cocktails hintereinander.
    »Jetzt weiß ich, dass du unglücklich verliebt bist«, sagte ich.
    »Wie kommst du darauf, Cecelia?«
    »Wegen der Cocktails.«
    »Aber ich trinke nie Alkohol, Cecelia, davon bekomme ich Sodbrennen. Ich war noch nie betrunken.«
    Ich zählte nach. »…zwei… drei… «
    »Na so was! Hab ich gar nicht gemerkt. Ich hab mich schon gewundert…«
    Einen Augenblick schaute er dumm und glasig, aber gleich darauf war er wieder ganz da.
    »Für mich ist es der erste Drink in dieser Woche«, sagte Brimmer. »Ich habe bei der Navy genug getrunken.«
    Stahr hatte wieder diesen glasigen Ausdruck. Mit einem albernen Plinkern wandte er sich an mich. »Dieser Seifenkisten-Hurensohn hat bei der Marine gedient.«
    Brimmer wusste nicht recht, wie er sich dazu verhalten sollte, offenbar aber sagte er sich, dass auch so was zu diesem Abend gehörte, und lächelte matt, und auch Stahr lächelte. Ich atmete auf, als ich merkte, dass die große amerikanische Tradition nicht in Gefahr war, und versuchte, das [204] Gespräch an mich zu ziehen, aber plötzlich schien es Stahr wieder besserzugehen.
    »Nach meiner Erfahrung läuft es gewöhnlich wie folgt ab«, sagte er klar verständlich und bestimmt. »Der beste Regisseur Hollywoods, ein Mann, dem ich nie ins Handwerk pfusche, muss unbedingt in jedem Film einen Homo oder so was unterbringen. Etwas Anstoßerregendes. Das gräbt sich ein wie ein Wasserzeichen, und ich bekomme es nicht mehr raus. Und jedes Mal schleicht sich die Legion of Decency einen Schritt näher heran, und ich muss dafür irgendwas aus einem anständigen Film opfern.«
    »Ein typisches Organisationsproblem«, bestätigte Brimmer.
    »Typisch«, wiederholte Stahr. »Ein Kampf ohne Ende. Und nun kommt dieser Regisseur zu mir und sagt, es ist alles in Butter, jetzt gebe es die Directors’ Guild, und die Armen zu unterdrücken sei verboten. Damit machen Sie mir das Leben noch schwerer.«
    »Das ist nicht so ganz unsere Zuständigkeit«, sagte Brimmer lächelnd. »Ich glaube nicht, dass wir bei den Regisseuren viel ausrichten könnten.«
    »Früher waren die Regisseure meine Freunde«, sagte Stahr stolz. Er kam mir vor wie Edward VII. , der sich damit großgetan hatte, dass er in der besten Gesellschaft Europas verkehrte.
    »Aber manche haben mir nie verziehen«, fuhr er fort, »dass ich, als der Tonfilm aufkam, den Stage Director eingeführt habe. Sie mussten sich am Riemen reißen und ihr Handwerk noch mal neu lernen, aber verziehen haben sie mir nicht. Damals haben wir eine ganze Fuhre neuer [205] Drehbuchschreiber importiert, alles Mordskerle, habe ich gedacht, und dann sind sie mit einem Mal alle zu den Roten übergelaufen.«
    Gary Cooper kam herein und setzte sich in eine Ecke, er hatte ein paar Typen mitgebracht, die an seinen Lippen hingen, aussahen, als ob sie auf seine Kosten lebten und ihm nicht von der Seite wichen. Gegenüber drehte eine Frau sich um, wie sich herausstellte, war es Carole Lombard, und ich freute mich, dass Brimmer wenigstens was zu sehen bekam.
    Stahr bestellte einen Whiskey Soda und gleich darauf noch einen. Er aß nur ein paar Löffel Suppe und fing dann an, sich über die faulen Kerle zu ereifern, die heutzutage alle nicht mehr arbeiten wollten, und dass ihn das nicht kratzte, weil er genug Geld hatte – das gleiche schreckliche Zeug, das Vater und seine Freunde verzapften, wenn sie zusammenhockten. Ich denke mir, dass Stahr merkte, wie schaurig es an einem anderen Ort wirkte, vielleicht hatte er bisher noch nie gehört, wie so was klang, jedenfalls war er nach einer Weile still und trank eine Tasse schwarzen Kaffee auf einen Zug aus. Ich liebte ihn, und daran änderte auch sein Gerede nichts, aber dass Brimmer diesen Eindruck mitnehmen sollte, fand ich furchtbar. Ich wollte, dass er Stahr als eine Art Virtuosen seiner Branche sah, stattdessen hatte Stahr den bösen Aufseher gespielt – und zwar so, dass er in einem Film die Szene rausgeschnitten hätte.
    »Ich bin Produzent«, sagte er, als wollte er etwas an diesem Eindruck korrigieren. »Ich mag Drehbuchschreiber und bilde mir ein,
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