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Die Liebe am Nachmittag

Die Liebe am Nachmittag

Titel: Die Liebe am Nachmittag
Autoren: Erno Szep
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lüften.
    Ich habe eine alte Mutter. Sie sagt nicht mein Sohn oder Mihály zu mir, sondern nennt mich Papachen. Für sie bin ich nämlich der Versorger.
    Auch eine Schwester besitze ich, sie ist verwitwet, mit zwei Kindern, ihre Witwenpension wird immer weniger, und die Kinder brauchen immer mehr.
    Mein jüngerer Bruder ist Ingenieur, verheiratet, hat ein gewerbliches Unternehmen angefangen, das Geld dafür habe ich aufgetrieben, musste gleich bei drei kleinen Banken Kredite aufnehmen, für große Banken bin ich kein Kunde. Der Bruder ging mit seiner Firma pleite. Jetzt ist er wieder Beamter, mit nur noch halb so viel Gehalt wie vorher. Seit fünf Jahren zahle ich in Raten seine Kredite zurück.
    Mutter hatte ich letztes Jahr viereinhalb Monate lang zur Pflege in einem Sanatorium. Bin einen Batzen Geld schuldig geblieben. Auch diese Schulden müssen allmählich abgetragen werden.
    Es gibt aus früheren Zeiten Schneider, bei denen ich vergessen habe, die letzte Rechnung zu begleichen. Sie kommen heute alle wie Bettler zu mir, ich muss sie hin und wieder mit zehn oder fünf Pengő trösten.
    Mehr zu schreiben schaffe ich heute nicht.

2.   Nacht
    Ich habe eine Geliebte, die ich nicht liebe.
    Nein, ich liebe dich nicht.
    Was für eine Sünde ich da gestehe! Entschuldige.
    Ich schließe die Augen und schaue aus großer Distanz hierher zurück, aus der fernen Vergänglichkeit, in der wir schon längst wohlverpackt unter der Erde liegen und unsere Grabsteine sich gegenseitig nicht im Blick haben. Meine Erinnerung, mein Gedanke – ein bläulicher Wolkenfetzen, wie er nachts oft am Mond vorüberzieht. Eine Frau kam regelmäßigzu mir. Ich bin pures Lächeln, süßes und gerührtes Entzücken. Du öffnetest deine beiden Arme, um mich zu umfangen, deinen Mund, damit ich ihn küsste. Hast mir die Hand gestreichelt und mein entblößtes Knie. In manchen Augenblicken ruhte dein Haupt auf meinem Herzen, um es schlagen zu hören. Bohrtest mir die Nase ins Haar, um an meiner Kopfhaut zu schnuppern, berührtest mein Ohr mit deinem Mund, hauchtest, summtest mir hinein, hast frohlockt und ganz leise gesprochen, obwohl du es ruhig laut hättest sagen können, wir waren allein, die Tür geschlossen. Mein Name schwebte vor deiner Stirn, mein Gesicht hattest du in den Augen, wie eine Kodak-Linse, die auf jemanden gerichtet ist. Du warst für mich Madeira-Wein, ein glänzender Kachelofen und Swimmingpool, mein Kokain. Meine süßeste Süßigkeit, wie Schokolade für ein Kind. Nun, da ich nicht mehr am Leben bin, habe ich Zeit, jetzt wundere ich mich über diese Verbindung, die wir dort unten auf der Erde miteinander hatten, wo ich der Reisende war und dir, einer Eingeborenen, begegnet bin. Jetzt amüsiere und gräme ich mich zugleich. Du bist nun ein Ring an meinem Finger geworden, auch du, ich drehe und poliere, ich betrachte dich.
    Die Daten meiner Liebschaft könnte ich in aller Ehrlichkeit nicht preisgeben, weil man sie wiedererkennen würde. Wir sind nicht in Paris oder London, wo solche Beziehungen zehntausend anderen gleichen.
    Doch gibt es auch hier ein ganzes Rudel von ihnen, auch in Pest.
    Ihr Ehemann ist ein Gentleman ersten Ranges.
    Sie bewohnen eine halbe Villa in Buda oder Pest, egal.
    Besitzen ein Automobil, ein amerikanisches.
    Und ein Kind, ein Mädchen mit sieben.
    Zwei Hunde, einen Vizsla und einen King Charles.
    Der Herr geht zur Jagd.
    Auf Rebhuhn, Fasan und Hase, auf Reh und Fuchs. Amleidenschaftlichsten aber jagt er dem Titel »Hochwohlgebo ren « nach. Und er wird ihn erlegen.
    Hauptambition der Dame ist die Gesellschaft.
    Bei ihren Soirees sind stets mehr hochwohlgeborene Damen als gnädige Frauen anwesend. Auch ein, zwei Exzellenzen, natürlich in fortgeschrittenem Alter.
    So manchen ihrer Nachmittage opfert diese Dame den Gattinnen der Exzellenzen. Solche Bekanntschaften brauchen Pflege.
    Die Dame sitzt die meisten Tennisturniere aus.
    Besucht auch Reitkonkurrenzen.
    Selbst der Polosport ist ihr nicht fremd. Polo zu Pferde.
    Sie ist, das heißt sie war, bei allen besseren Bällen im noblen Hotel Gellért anwesend.
    Bei Konzerten, je nachdem wer im Publikum sitzt, nicht auf dem Podium. Huberman und auch Yehudi Menuhin sind Pflichttermine. Pablo Casals nicht unbedingt, Rachmaninoff ebenfalls nicht. Gigli ein absolutes Muss. Schaljapin schon nicht mehr unbedingt. Béla Bartók und Maria Basilides werden von der Gesellschaft nicht estimiert.
    In den Kaffeehäusern, ausgenommen das New York, war die Dame natürlich
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