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Die letzten Tage von Pompeji

Die letzten Tage von Pompeji

Titel: Die letzten Tage von Pompeji
Autoren: Edward Lytton Bulwer
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alle Frauenzimmer Zauberinnen sind, und bei der Venus! in Pompeji scheint die Luft sogar einen Zaubertrank eingesogen zu haben, so viele Reize findet hier mein Auge auf jedem bartlosen Gesichte.«
    »Ach! da geht gerade eine der schönsten Gestalten von Pompeji vorüber, die Tochter des alten Diomed, die reiche Julia,« rief Klodius, während eine junge Dame, das Gesicht mit einem Schleier verhüllt und von zwei Sklavinnen begleitet, auf dem Wege ins Bad sich ihnen näherte.
    »Schöne Julia! wir grüßen Dich,« sagte Klodius.
    Julia lüftete ihren Schleier weit genug, um mit einiger Koketterie ein schönes römisches Profil, ein dunkles, feuriges Auge und eine Wange zu zeigen, über deren natürliche Olivenfarbe die Kunst ein schöneres und sanfteres Rosenroth ausgegossen hatte.
    »Und Glaukus ist auch wieder zurückgekehrt?« begann sie, dem Athener einen ausdrucksvollen Blick zuwerfend. »Hat er,« setzte sie beinahe halblaut hinzu, »seine Freunde vom letzten Jahre vergessen?«
    »Reizende Julia, Lethe selbst, wenn er an einem Theile der Erde verschwindet, taucht wieder an einem andern auf. Jupiter erlaubt uns nie länger als einen Augenblick zu vergessen, die strengere Venus aber gestattet selbst die Vergessenheit eines Augenblicks nicht.«
    »Glaukus ist nie um schöne Worte verlegen.«
    »Wer könnte es sein, wenn der Gegenstand derselben so schön ist?«
    »Werden wir Euch Beide bald in meines Vaters Villa sehen?« fragte Julia, sich zu Klodius wendend.
    »Wir werden den Tag, an dem wir Dich besuchen, mit einem weißen Steine bezeichnen,« antwortete der Spieler.
    Julia ließ ihren Schleier wieder zurückfallen, aber langsam, so daß ihr letzter Blick mit erheuchelter Schüchternheit und wahrhaftiger Kühnheit auf dem Athener heftete. Dieser Blick drückte Zärtlichkeit und Liebe zumal aus.
    Die Freunde setzten ihren Weg fort.
    »Julia ist in der That sehr schön,« sagte Glaukus.
    »Im verflossenen Jahre hättest Du dieses Geständnis mit mehr Wärme abgelegt.«
    »Das ist wahr; beim ersten Anblicke war ich verblendet und hielt für einen kostbaren Stein, was nur Nachahmung war.«
    »Ach,« meinte Klodius, »im Grunde gleichen sich alle Weiberherzen. Glücklich der Mann, der bei seiner Gemahlin Schönheit mit reicher Mitgift gepaart findet! Was kann er mehr wünschen?«
    Glaukus seufzte.
    Sie traten eben in eine weniger besuchte Straße, an deren Ende sie das breite und liebliche Meer unterschieden, das an diesen herrlichen Küsten auf sein Privilegium, Schrecken einzuflößen, verzichtet zu haben scheint; so sanft sind die über seine Oberfläche hinhauchenden Lüftchen, so glänzend und mannigfaltig die Farben, die es von den rosigen Wolken annimmt, so duftend die Wohlgerüche, die der Landwind über seine Tiefen hinstreut. Einem solchen Meere ohne Zweifel entstieg Anadyomene, um das Scepter der Welt zu ergreifen.
    »Es ist noch zu früh ins Bad,« sagte der Grieche, der einem poetischen Antriebe nie zu widerstehen wußte; »wir wollen uns vom Geräusche der Stadt entfernen und die See betrachten, während die Mittagssonne sich auf ihren Wellen spiegelt.«
    »Mit allem Vergnügen,« antwortete Klodius; »überdies ist die Bucht der lebhafteste Theil der Stadt.«
    Pompeji bot ein Miniaturgemälde der Civilisation jener Zeit. In dem engen Kreise seiner Mauern fand sich so zu sagen ein Muster jeder Gabe vor, die der Luxus dem Reichthume lieferte. In seinen kleinen, aber strahlenden Verkaufsgewölben, seinen niedlichen Palästen, seinen Bädern, seinem Forum, Theater und Circus, in der Energie wie in der Verdorbenheit, in der Verfeinerung wie in der Lasterhaftigkeit seiner Einwohner sah man ein Muster des ganzen Reiches. Dies war gleichsam ein Spielzeug, ein Schaukästchen, worin die Götter zu ihrem Vergnügen ein Ebenbild der großen Monarchie der Erde aufzustellen schienen, und das sie später der Zeit entzogen, um der Bewunderung der Nachwelt die Wahrheit des Grundsatzes ans Herz zu legen: daß es nichts Neues unter der Sonne gebe.
    Die spiegelglatte Bucht war mit Handelsschiffen und vergoldeten Galeeren, die den reichen Bürgern zum Vergnügen dienten, angefüllt. Die Fischernachen glitten rasch nach allen Seiten hin und in der Ferne zeigten sich die hohen Masten der von Plinius befehligten Flotte. Am Ufer saß ein Sicilianer, der unter heftigem Geberdenspiele und unter äußerster Beweglichkeit seiner Gesichtszüge eine Gruppe von Fischern und Landleuten eine sonderbare Geschichte von Schiffbruch
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