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Die letzten Dinge - Roman

Die letzten Dinge - Roman

Titel: Die letzten Dinge - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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Schwein.
    Nein, sagte Ivy, und fiel gegen den Schornstein.
    Lotta, das Schicksal hat uns hier zusammengeworfen auf diesem Dach … wir sind Umhergetriebene … Heimatlose …
    Wenn ich keine Gelegenheitsbraut bin, was bin ich denn?
    Du bist … du bist … eine Rinnsteinprinzessin! Das ist viel besser!
    Wir sind nicht im Rinnstein, wir sind ganz weit hoch über allen Gossen …
    Gut, dann bist du eben meine Schornsteinprinzessin, sagte er und legte den Arm um sie.
    Ivy, flüsterte Lotta plötzlich angstvoll und sah ihn an.
    Ivy … Ivy … wir haben heute so einen Mist gebaut …
    Vergiss es …, sagte er und schüttelte sie sanft.
    Es ist furchtbar gewesen …
    Geh mit mir, dann bist du eine Windsbraut.
    Windsbraut, … oh je, du fängst den Wind niemals …
    Ivy fuhr herum, drückte Lotta an den Schornstein und sah sie an:
    Windsbraut … Windsbraut … küss mir das taube Gefühl von der Haut … Bin dein Prinz auf dem staubigen Pferd …
    Aber … morgen – dann ist der Palast nichts mehr wert!
    Ach, sagte Ivy, was schert uns das?? Mondscheinprinzessin, Hasenprinzessin, Schornsteinprinzessin, was schert uns der Tag, wenn wir nachts auf dem Dach tanzen können, Lotta, ach Lotta, hab mich lieb! Solang die Sterne scheinen! Küss mich! Küss mich! Und … hab … mich … lieb!
    Der Schornstein hielt es aus, das Dach stürzte nicht ein, der Mond fiel nicht vom Himmel und doch sah alle Welt, wer um die Zeit in die Sterne schaute: wie oben am Firmament zwei Schatten zu einem wurden, ein Mann und ein Mädchen, welche ineinander sanken und sich endlich und ewig voll Verlangen umschlangen.

In einen wunderbaren, dämpfenden, weißen Kokon   gehüllt lag Rosalinde in den Federn. Ihre Ohren hörten alles wie aus weiter Ferne und es interessierte sie auch nicht besonders, was es da draußen zu hören gab.
    Verschwommen sah sie einige Figuren am Bettrand stehen, sah sie hin und her gehen, sah ihnen zu, wie sie winkten, lächelten, bei ihr waren. Die köstliche Wirkung der Infusionen nahmen ihr den Schmerz.
    Rosalinde … hörte sie immer wieder und sie fühlte sich gar nicht angesprochen. Es war herrlich, seinen Namen zu hören und doch nichts tun zu müssen. Sie mochte sich in den Kissen suhlig hin und her bewegen und einfach gar nichts tun, wenn man sie rief. Das war zu schön, zu schön. Eine zauberhafte Gleichgültigkeit und Erholung durchströmte ihren ganzen Körper, und auch den armen Schädel, der gerissen war von all den schmerzhaften Ereignissen der letzten Jahre.
    Rosalinde, wisperte Ivy am Ende. Kannst du mich hören?
    Rosalinde, bist du so verletzt an Kopf, oh was Schmerzen, oh Rosalinde, aber wirst du gesund werden, ich weiß, wir alle da!, rief Nadjeschda.
    Abdul hielt Rosalindes Hand, als sei er froh, dass sie endlich einmal ihm allein gehörte, so verwundet und so ergeben. Er kniff sie in die Wangen, die nun rosig waren unter dem weichen Verband, der wie mit zwei weißen Wattehandschuhen ihre Wangen hielt. Um die Stirn trug sie ein Lederband, als wollte sie den Kopf ein für alle Mal davon abhalten, sie in Dinge zu stürzen, aus denen sie nur Verletzungen davontragen konnte.
    Macke keine Sorge, rief Gianna. Wir abe Ausilfe bekomme, kann gutte arbeite. Jetzt Nadjeschda Cheffe. Bis du kommst. Nadjeschda sehr strenge Cheffe.
    Kann man wohl sagen, sie hat den ganzen Dienstplan umgeschrieben und wir müssen morgens strammstehen und die Fingernägel zeigen, ob sie auch sauber sind, sagte Kevin.
    Nadjeschda puffte Kevin in die Seite.
    Aber muss funktioniere! Muss habe Disziplin! Dann alles in Ordnung.
    Rosalindes Augen wanderten zu Lotta und Lotta fühlte sich aufgerufen, etwas zu sagen.
    Ich … ich werde die Schule machen! Ich habe mich angemeldet! Ja Rosalinde, ich will so werden wie du!
    Alle schauten Rosalinde an, die malträtiert und mit tausend Krankheiten geschlagen da lag. So wollte Lotta werden?
    Du bist verruckt.
    Ivy musterte Lotta scheu und er bewunderte sie. Sie hatte den Sprung auf die Schule geschafft, er selbst musste es sich noch mal überlegen. Drei Jahre mit so wenig Geld? Ob er nicht doch zur Security gehen sollte in der Stadt? Das wäre doch was für ihn. Lotta eilte ihm voraus und wanderte schnurstracks in den Pflegedienst. Er konnte ja noch mal nachdenken, die Schule begann erst im Frühling – bis dahin … Bestimmt konnte man von Lotta immer gut abschreiben.
    Ich mache alles, Rosalinde. Ich habe mein Versprechen erfüllt. Ich bin morgens der Erste und abends der Letzte, ich habe die
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