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Die letzte Zeugin

Die letzte Zeugin

Titel: Die letzte Zeugin
Autoren: Nora Roberts
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stachelige, glänzende Schwarz war völlig anders als ihre langen, glatten, langweiligen rötlichbraunen Haare.
    Liz war neu. Liz konnte und würde Dinge tun, die Elizabeth sich im Traum nicht getraut hätte. Liz hörte Britney Spears und trug Jeans, die ihren Nabel frei ließen. Liz ging samstagsabends mit einer Freundin in Clubs, tanzte und lachte und … flirtete mit Jungs.
    »Und die Jungs flirten zurück«, murmelte sie. »Liz ist nämlich hübsch und lustig, und sie hat vor nichts Angst.«
    Sie stellte den richtigen Winkel ein, sorgte für den richtigen Hintergrund und machte mit ihrer neuen Kamera mehrere Fotos mit Selbstauslöser.
    Sie arbeitete bis nach drei, wobei sie feststellte, dass der Prozess ihr beim zweiten Dokument leichter fiel. Erst kurz vor vier räumte sie die Ausrüstung sorgfältig weg und entfernte pflichtbewusst ihr Make-up. Sie würde bestimmt nicht schlafen können, dachte sie – ihr schwirrte der Kopf von all den Aktivitäten.
    Kaum hatte sie die Augen geschlossen, war sie jedoch auch schon fest eingeschlafen.
    Und zum ersten Mal in ihrem Leben, abgesehen von Zeiten, in denen sie krank war, schlief sie bis Mittag. Als Allererstes rannte sie an den Spiegel, um sich zu vergewissern, dass sie nicht alles geträumt hatte. Dann rief sie Julie an.
    »Ja. Ich habe alles.«
    »Und, ist es gut geworden? Meinst du, es funktioniert?«
    »Es sind ganz hervorragende Papiere. Ich sehe da überhaupt kein Problem.«
    »Geil! Neun Uhr. Ich komme mit dem Taxi und lasse es warten – du musst also fertig sein. Und sieh bloß zu, dass du gut aussiehst, Liz.«
    »Ich habe gestern Abend schon versucht, mich zu schminken. Heute Nachmittag übe ich noch ein bisschen, auch mit meinen Haaren. Und ich muss üben, in den Schuhen zu laufen.«
    »Ja, tu das. Bis später dann. Party-Time!«
    »Ja, ich …« Aber Julie hatte schon aufgelegt.
    Sie verbrachte den ganzen Tag mit dem Projekt Liz, wie sie es getauft hatte. Sie zog neue Dreiviertelhosen und ein Top an, schminkte sich, arbeitete an ihren Haaren. Sie lief in den neuen Schuhen, und als sie das Gefühl hatte, es zu beherrschen, tanzte sie.
    Sie übte vor dem Spiegel zur Musik eines Popmusiksenders im Radio. So hatte sie auch früher schon getanzt – alleine vor dem Spiegel –, um sich die Bewegungen beizubringen, die sie bei den Tanzabenden auf der Highschool beobachtet hatte. Damals hatte sie traurig am Rand der Tanzfläche gestanden, zu jung und zu unattraktiv, um von den Jungen bemerkt zu werden.
    Die hohen Absätze machten die Bewegungen und Drehungen problematisch, aber es gefiel ihr, dass sie gezwungen war, Knie und Hüften locker zu halten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
    Um sechs holte sie ihre beschriftete Mahlzeit heraus, und während sie aß, checkte sie ihre E-Mails. Ihre Mutter hatte sich nicht gemeldet. Und dabei war sie sicher gewesen, etwas vorzufinden – eine Strafpredigt, irgendwas.
    Aber Susans Geduld war endlos, und sie verstand es meisterhaft zu schweigen.
    Dieses Mal würde es jedoch nicht funktionieren, beschloss Elizabeth. Dieses Mal würde Susan eine Überraschung erleben. Sie hatte Elizabeth verlassen, und wenn sie nach Hause kam, würde sie Liz vorfinden. Und Liz würde nicht am Sommerprogramm der Universität teilnehmen. Liz würde ihren Stundenplan und ihre Kurse für das kommende Studienjahr ändern.
    Liz würde nicht Chirurgin werden. Liz würde beim FBI arbeiten, in der Abteilung Cyber-Verbrechen.
    Sie nahm sich eine halbe Stunde Zeit, um die Universitäten zu recherchieren, die für diesen Studiengang am angesehensten waren. Sie würde die Universität wechseln müssen, und das könnte ein Problem darstellen. Ihr Studium wurde von ihren Großeltern bezahlt, und möglicherweise kappten sie ihr das Geld. Bestimmt hörten sie auf ihre Tochter und beugten sich ihren Wünschen.
    Na ja, dann würde sie sich eben um ein Stipendium bewerben. Ihre Zeugnisse waren hervorragend. Sie würde zwar ein Semester verlieren, aber bestimmt einen Job finden. Sie würde arbeiten gehen und sich ihren Traumberuf selbst verdienen.
    Schließlich fuhr sie den Computer herunter und rief sich ins Gedächtnis, dass heute Abend nur Spaß und Entdeckung zählten. Heute ging es einmal nicht um Sorgen und Pläne.
    Sie ging nach oben, um sich für den ersten Abend, an dem sie ausging, umzuziehen. Ihr erster Abend in Freiheit.
    Weil sie sich so früh umgezogen hatte, hatte Elizabeth viel zu viel Zeit, um nachzudenken, zu grübeln, zu zweifeln. Sie war
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