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Die letzte Schoepfung

Die letzte Schoepfung

Titel: Die letzte Schoepfung
Autoren: Patricia Lewin
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überhitzten Motors.
    Wie üblich war der Highway leer. Nur ein einzelner Wagen kam ihm entgegen. Seltsam, dieses Fahrzeug. Ein dunkles ausländisches Modell. Teuer. Autos wie dieses sah man selten hier draußen. Es ging ihm eine Zeit lang nicht aus dem Kopf – ebenso wenig der Fahrer, auf den er einen flüchtigen Blick hatte werfen können. Dann aber sah er vor sich die gleißende Sonne auf Metall blitzen, und dieser Anblick verjagte alle anderen Gedanken.
    Anna?
    Ethan nahm den Fuß vom Gaspedal. Noch bevor er den Wagen auf der falschen Seite der Straße sah, bevor er den platten linken Vorderreifen im Graben und die offene Fahrertür bemerkte, wusste er, dass etwas nicht stimmte. Er hielt einige Meter hinter dem Ford und blieb reglos sitzen. Er wünschte sich, er hätte sich die Zeit genommen, seine Glock auszugraben.
    Es war still, viel zu still.
    Vorsichtig stieg er aus dem Pick-up, benutzte die Tür als Schutz und suchte die Umgebung mit Blicken ab. Von seiner Position aus konnte er den leeren Fahrersitz sehen; was sich hinter den getönten Scheiben der Rücksitze verbarg, konnte er nur erraten. Doch es war unwahrscheinlich, dass sich jemand auf der Rückbank versteckte. Ethan wandte den Blick vom Wagen und suchte die umliegende Wüste nach Anzeichen von Leben ab, doch dort war alles still. Unnatürlich still.
    Dann sah er die Leiche.
    Sie lag ungefähr hundert Meter vom Wagen entfernt unter einer dornigen Yucca, lang ausgestreckt, das schwarze Haar über die Erde gebreitet. Ethan stockte der Atem. Wieder beobachtete er prüfend die Umgebung, sah aber nichts und niemanden – keinen lauernden Verrückten, keine anderen Autos, keine einzige Stelle in der flachen kargen Wüste, wo ein Killer sich hätte verbergen können.
    Was immer hier geschehen war, es war vorbei.
    Er blieb wachsam, als er sich der Leiche näherte. Anna lag auf dem Gesicht. Der Schuss hatte sie in den Hinterkopf getroffen. In der Hand hielt sie eine .38er Automatik. Sie war nach allen Regeln der Kunst exekutiert worden.
    Ethan ließ sich neben ihr auf die Knie fallen. »Verdammt nochmal, Anna.« Er war überrascht, wie sehr es ihn schmerzte, sie so zu sehen. Noch ein sinnloser Tod, der auf seinem Gewissen lastete, noch ein Leben, das er nicht hatte retten können.
    Er hob ihre Pistole auf und prüfte das Magazin. Wie Ethan es nicht anders erwartet hatte, war es leer. Wie auch das andere Magazin, das Anna hatte fallen lassen, als sie nachgeladen hatte. Neben der Leiche fand er ihre Ledertasche, die durchaus für eine Damenhandtasche durchgehen mochte, stattdessen aber Annas Handwerkszeug enthielt. Ethan durchwühlte die Tasche in aller Eile, fand aber nichts Ungewöhnliches. Ein paar falsche Pässe mit dazu passenden Papieren. Bargeld. Ein Handy. Und ein drittes leer geschossenes Magazin.
    Offenbar hatte Anna den Angreifer in Schach gehalten, bis ihr die Munition ausgegangen war. Dann war ihr keine Fluchtmöglichkeit geblieben, kein Versteck, und sie konnte sich nur noch in ihr Schicksal ergeben.
    »Warum bist du nicht im Untergrund geblieben?«
    Sie war als Einzige aus seinem Team dem Zorn des Spaniers entkommen. Warum war sie jetzt wieder aufgetaucht? Und warum musste sie mit zwei Kindern vor seiner Tür erscheinen? Was hatte sie gesagt…? Irgendetwas über Grenzen, die auch sie nicht überschreiten würde?
    Ethan fuhr sich mit zitternder Hand durch die schweißnassen Haare. Er konnte sich keine Befragung durch die Polizei leisten, doch Annas Leiche konnte er auch nicht hier draußen liegen lassen. Schließlich war sie Mitglied seines Teams gewesen; er war ihr etwas schuldig. Mit einem Mal wurde ihm bewusst, dass er sich um die wichtigste Frage herumdrückte.
    Wer hatte sie erschossen?
    Wer hatte eine Frau wie Anna Kelsey besiegt – einen Profi, dem es jahrelang gelungen war, einem der tückischsten Killer der Welt zu entkommen?
    Die Antwort fuhr Ethan wie ein Eisstrom durch die Glieder.
    Wieder kniete er sich hin, drehte Anna vorsichtig um. Ohne in ihre gebrochenen Augen zu schauen, öffnete er ihren Mund und tastete nach etwas, von dem er wusste, dass er es finden würde. Unter ihrer Zunge steckte eine alte spanische Münze.
    Trotz der Wüstenhitze fror er bis ins Mark.
    Er hatte gehofft, dass es nicht stimmte, aber nun gab es keinen Zweifel mehr. Die Münze war das Markenzeichen des Spaniers. Marco Ramirez war Annas Mörder.
    Unversehens überfiel ihn der alte Albtraum mitten am helllichten Tag. Er sah Kindergesichter vor sich, die ihn
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