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Die letzte Schlacht

Titel: Die letzte Schlacht
Autoren: James Barclay
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sagen, obwohl seine Kehle wund war.
    »Ich vermisse sie so sehr«, sagte er.
    »Ich auch.«
    »Aber sie wollte nicht, dass wir Verfolgung und Hass ausgesetzt sind.«
    »Was sollen wir dann tun?« Auf einmal war Ossacer wieder der verängstigte Junge, den Arducius immer beschützt hatte.
    »Ich glaube, wir haben nicht viele Möglichkeiten. Du hast gesehen, wie Roberto Kessian betrachtet. Du weißt, was er denkt und was er mehr als alles andere fürchtet.«
    »Der arme Kleine«, sagte Ossacer. »Er ist der einzige Unschuldige an Bord, und er ist so jung zum Waisenkind geworden. Ich bin froh, dass Paul sich um ihn kümmert.«
    »Aber das kann er nicht mehr lange tun. Paul gehört zur Advokatur, nicht zum Aufstieg.«
     
    Die Falkenpfeil glitt elegant durch das ruhige Wasser, eine natürliche Brise trieb sie voran. Die warmen Winde, die aus den großen Ebenen im Norden herabwehten, waren die Vorboten des Solastro. Am klaren Himmel funkelten die Sterne. Die Morgendämmerung war nahe, aber noch lag das Land hinter dem östlichen Horizont in tiefster Dunkelheit.
    Roberto starrte die Berggipfel und die Wachtürme an, die überall auf dem Land standen. Sein Land. Hell leuchteten die Feuer in der Nacht und ließen ihren Rauch zum Himmel steigen. Es war schwarzer Rauch – das Einzige, was sich nicht aufhellen würde, wenn die Morgendämmerung Estorr weckte.
    Er hatte genau wie Jhered für sich allein getrauert. Doch sie hatten auf dieser schrecklichen Heimreise auch oft nebeneinander an der Reling gestanden, und in diesen langen Augenblicken war Roberto dankbar wie nie gewesen, dass der Schatzkanzler ihm mit seiner Charakterstärke und seinem Willen, alles nur Menschenmögliche für die Sicherheit und das Wohlergehen der Konkordanz zu tun, zur Seite gestanden hatte.
    Einmal hatten sie sogar Erinnerungen ausgetauscht und gelacht. Doch in der Stille und Einsamkeit seiner Kabine musste Roberto sich bedauernd eingestehen, dass Jhered seine Mutter viel besser gekannt hatte als er selbst.
    Soldat und jetzt Diplomat. Er hatte daraufgebrannt, das verweichlichte Machtzentrum zu verlassen, und musste nun erkennen, wie wenig er von der Kunst des Herrschens verstand. Wie dringend er jetzt seine Freunde brauchte.
    Advokat.
    Er, Roberto Del Aglios. Einen Nachfolger hatte er nicht. Noch nicht.
    Roberto starrte zu den dunklen estoreanischen Küstengewässern hinaus. Hinter ihm blähte sich das Segel, auf dem Deck war es still. Am Bug flog Gischt empor, hinten plätscherten die Wellen. Es war hypnotisierend.
    »Ich habe gesehen, wie die Aufgestiegenen in die Tiefe starrten und über den Sprung nachdachten, ohne mir jemals Sorgen zu machen. Aber du, Roberto, du kannst ertrinken.«
    »Kein Grund zur Sorge, Paul. Ich suche nur nach Inspiration.«
    Roberto hob den Kopf und drehte sich zu Jhered um. »Und ich wünschte, diese Kiste könnte etwas schneller fahren.«
    Jhered trat zu ihm an die Reling. Er war unrasiert und zeigte ebenso wie alle anderen Zeichen der Erschöpfung. Er trug seine Reisekleidung, aber nicht mehr den Mantel, in den jetzt Mirron gehüllt war. Ihre sterblichen Überreste steckten in einer langen Holzkiste im Lagerraum. Ossacer hatte ihren Körper behandelt, damit kein Verwesungsgeruch entstand.
    »Diese Kiste ist die schnellste Trireme der Konkordanz«, sagte Jhered. »Und sie könnte noch schneller fahren.«
    »Nein«, widersprach Roberto heftig. »Ich will mich nicht von einem teuflischen Wind zum Grab meiner Mutter befördern lassen.«
    »Du willst aber unbedingt bald dort ankommen.«
    Roberto ließ den Kopf hängen und stützte sich schwer auf die Reling.
    »Ja, das will ich. Gleichzeitig habe ich Angst vor dem, was ich vorfinden und sehen werde.«
    »Herine hat ihre engsten Freunde gut gewählt«, sagte Jhered. »Wann immer es zu einer Krise kam, ließ sie die innere Gruppe, die du so hasst, fallen und rief die zu sich, von denen sie wusste, dass sie ihre Konkordanz retten konnten. Die Dinge standen schon schlimm, als ich aufbrach, aber Vasselis, Gesteris und Kastenas waren bei ihr. Auch deine Schwester war dort. Sie bereiteten sich auf die Invasion vor.«
    »Wie kann sie tot sein, obwohl alles dafür spricht, dass andere, die Macht besaßen, noch leben? Sie war immer so stark. So … gesund. Vital. Ich schwöre dir, Paul, wenn es die Berührung der wandelnden Toten war, dann werde ich den ganzen Aufstieg hinrichten lassen.«
    Jhered schwieg dazu. Sie hatten schon darüber gesprochen. Sie stimmten nicht überein, aber
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