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Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor

Titel: Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor
Autoren: Anthony Mark
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verschlagenes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. »Dann wird Lord Olstin noch bereuen, was er mir angetan hat.«
    Adira sammelte die Scherben ein, dankte Grace erneut und schlenderte dann gemächlich den Gang hinunter. Grace bemerkte kaum, daß sie weg war. Sie hielt sich an der kalten Wand fest und starrte in die trübe Schloßluft.
    Eine Hexe? War es das, was Ivalaine mit ihr vorhatte?

60
    Vier Tage später standen Grace und Aryn an einem naßkalten Nachmittag auf der Brustwehr und sahen zu, wie der letzte König auf Calavere eintraf. Sie hielten ihre Umhänge fest geschlossen, um den Schneeregen und den späten Sindath-Wind abzuwehren, der kälter war als alles, was ein November in Denver zu bieten hatte.
    König Persard von Perridon war am Vortag bei Sonnenuntergang angekommen, und Königin Eminda von Eredane hielt sich erst seit dem Morgen auf Calavere auf. Nun näherte sich Kylar, der König der Domäne von Galt, dem Schloßtor. Kylars Gefolge war mit Abstand das kleinste von all den Königen und Königinnen – kleiner sogar noch als König Sorrins karger Troß –, und es schien von der Reise am schwersten gezeichnet zu sein. Ein paar Pferde lahmten, und einige der Höflinge hinkten zu Fuß hinterher, in schlammverschmiertem Braun und Grau statt in Gold und Purpur.
    Grace sah Aryn verwirrt an. »Ich dachte, du hättest gesagt, daß Galt die Domäne ist, die Calavan am nächsten liegt.«
    »Das ist sie auch.«
    »Warum kommt Kylar dann als letzter an? Und warum sieht sein Gefolge so … ramponiert aus?«
    Aryn seufzte. »Ich fürchte, damit mußte man rechnen. Es ist wohl bekannt, daß niemand in Galt so vom Pech verfolgt wird wie König Kylar. Und zweifellos ist Galt von allen Domänen die mit dem meisten Pech. Damit dürfte König Kylar der größte Unglücksrabe in ganz Falengarth sein.«
    Grace sah die letzten Mitglieder der Gefolgschaft Kylars im Torbogen verschwinden. Fast augenblicklich hörte es auf zu regnen; goldenes Sonnenlicht durchbrach die Wolken und tauchte die Türme von Calavere in strahlendes Gold.
    Grace sah Aryn überrascht an. »Du hast das ernst gemeint, nicht wahr?«
    Die Baronesse nickte.
    Sie gingen wieder hinein und schlenderten zusammen in Richtung von Graces Gemach. Unterwegs versuchte Grace wie schon seit drei Tagen, den Mut aufzubringen, Aryn von ihrer Begegnung mit der Dienstmagd Adira zu erzählen. Aber es war alles so lächerlich. Königin Ivalaine konnte unmöglich wirklich eine Hexe sein. Oder doch? Sicher, Kyrene schien zu glauben, über andere eine Art Macht zu haben, und die Königin war eindeutig ein Vorbild für sie. Und es gab auf dieser Welt so vieles, das Grace nicht verstand. Sie öffnete den Mund, um ihre Gedanken auszusprechen.
    »Lady Aryn, darf ich Euch um einen Moment Eurer Zeit bitten?« hörte sie eine Männerstimme fragen.
    Grace machte den Mund wieder zu. Die beiden Frauen drehten sich um und sahen Lord Alerain auf sich zukommen. Wie immer war der Seneschall des Königs makellos in Schwarz und Kastanienbraun gekleidet.
    Aryn nahm Grace kurz an der Hand. »Entschuldige mich bitte, Grace. Alerain braucht bestimmt meine Hilfe. Es gibt heute abend einen geselligen Empfang.«
    »Einen geselligen Empfang?« fragte Grace.
    »Oh, habe ich dir gar nichts davon erzählt?« Der Gesichtsausdruck der Baronesse war eine Spur zu unschuldig.
    Grace kniff die Augen zusammen. »Nein, hast du nicht.«
    »Es ist so etwas Ähnliches wie ein Bankett«, erklärte Aryn.
    »Also muß ich bloß eine Menge essen?«
    »O nein! Tu das bloß nicht, Grace. Dann könntest du ja gar nicht tanzen.«
    »Tanzen!«
    Noch bevor Grace irgend etwas anderes sagen konnte, hatte Alerain zu ihnen aufgeschlossen, und die Baronesse lächelte nur und nahm den Arm des Seneschalls. Alerain verbeugte sich steif vor Grace, dann gingen Baronesse und Seneschall gemeinsam den Gang hinunter.
    Grace fluchte leise vor sich hin. »Will Euer Durchlaucht heute abend tanzen, oder möchte sie lieber ihren Leib von der höchsten Zinne des Schlosses stürzen? Ach, ich denke, wir entscheiden uns heute mal für die Zinne, vielen herzlichen Dank. Jawohl, Euer Durchlaucht, ganz wie Ihr wünscht, Euer Durchlaucht.«
    Aber es war niemand da, der ihre kleine Darbietung hätte hören können, und so trottete sie zurück zu ihrem Gemach, um sich vorzubereiten.
    Zu Beginn des Empfangs blieb Grace kurz in einer Nische des Großen Saals von Calavere stehen und vergewisserte sich, daß ihre neueste Errungenschaft – ein
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