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Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor

Titel: Die letzte Rune 01 - Das Ruinentor
Autoren: Anthony Mark
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sanften Rhythmus einer Trommel. Viele der Adligen wählten Partner und tanzten in steifen, komplexen Mustern zu der Musik. Grace erblickte Logren. Er war wieder in Perlgrau gekleidet und hatte sein dunkles Haar aus der Stirn gekämmt. Im Kontrast zu seiner schlanken, eleganten Figur war seine junge Tanzpartnerin eher klein und kräftig, mit einem unscheinbaren Gesicht und freundlichen braunen Augen. Grace erkannte sie wieder: Kalyn, Beraterin von König Kylar von Galt. Sie war außerdem seine Zwillingsschwester. Die beiden wirbelten auf Grace und Aryn zu, und Grace wandte den Kopf ab.
    »Was ist los?« fragte Aryn sofort. »Hast du mir nicht erzählt, daß Logren von Eredane dir sympathisch ist?«
    »Er ist gerade beschäftigt, das ist alles.«
    Bevor Aryn noch weitere Fragen stellen konnte, ging Grace rasch weiter. Plötzlich griff Aryn nach Graces Arm, und sie blieben wieder stehen.
    »Da, siehst du den?« flüsterte die Baronesse.
    Unauffällig deutete sie mit dem Kopf in Richtung eines jungen, breitschultrigen Mannes mit kurzem, blondem Bart. Er unterhielt sich mit ein paar älteren Männern. Sie lachten über eine seiner Bemerkungen, und er lächelte strahlend.
    »Wer ist das?« fragte Grace.
    »Er heißt Leothan. Er ist ein Adliger aus dem südlichen Toloria. Nur ein Graf, aber er genießt hohes Ansehen an Ivalaines Hof und ist sicher zu Höherem bestimmt. Ich hatte gehofft, daß er seine Königin begleitet.«
    »Warum?«
    »Wenn ich in zwei Jahren einundzwanzig werde, wird König Boreas mir Elsandry überlassen. Und dann werde ich heiraten müssen, damit ein Baron mir bei der Verwaltung des Lehnsgutes des Königs helfen kann.« Aryns blaue Augen funkelten. »Leothan sieht sehr gut aus, findest du nicht?«
    Grace hätte sich selbst einen Tritt verpassen können. »Ja«, sagte sie, »das tut er.«
    Die Gruppe von Adligen löste sich auf, und Leothan drehte sich um und kam auf sie zu. Aryn zögerte, dann hob sie den Kopf und stellte sich dem jungen Grafen direkt in den Weg. Er blieb stehen, lächelte sein strahlendes Lächeln und verbeugte sich.
    »Guten Abend, Euer Hoheit, Euer Durchlaucht.«
    Grace nickte, und Aryn machte einen eleganten Knicks.
    »Guten Abend, Mylord«, sagte die Baronesse.
    Er deutete auf die Tänzer. »Ein gelungenes Fest, nicht wahr?«
    »Das ist es wirklich.« Aryn atmete tief durch. »Darf ich Euch zum Tanz auffordern, Mylord?«
    Leothans Lächeln stockte keinen Augenblick lang, aber ein seltsames Leuchten trat in seine Augen und ließ sie hart und flach aussehen. »Ich fürchte, für diesen Tanz benötigt man zwei Hände, Mylady.«
    Aryn starrte ihn verständnislos an. Dann blickte sie nach unten und erblaßte. Das elegante Tuch, das ihre rechte Schulter bedeckt hatte, war verrutscht, und ihr verkrüppelter Arm lag bloß, verformt und empfindlich wie der gebrochene Flügel einer Taube. Sie sah mit entsetztem Gesicht wieder auf.
    Leothan verbeugte sich wieder. Irgendwie hatte die Geste jetzt etwas Spöttisches. »Wenn Ihr mich entschuldigen würdet?«
    Aryn brachte irgendeine Antwort heraus, und der junge Mann bahnte sich seinen Weg durch die Tänzer.
    Grace sah dem Grafen wutentbrannt nach. Er hatte ein so einnehmendes Äußeres, aber sie konnte ihn förmlich sehen – den häßlichen Klumpen, der ihm als Herz diente und genauso kalt und hart war wie das Stück Eisen, das sie in der Brust des Toten im Denver Memorial Hospital gefunden hatte. Schönheit war die perfekte Maske für das Böse. Das war auch der Grund, warum es sich in der Welt frei bewegen konnte, warum Leute nach ihm Ausschau hielten, es einluden und willkommen hießen.
    Grace hörte ein Seufzen und vergaß ihren Ärger. Sie wandte sich Aryn zu und richtete das Tuch auf der rechten Schulter der Baronesse.
    »Aryn, er ist es nicht wert, daß du …«
    »Laß nur, Grace. Ist schon in Ordnung.« Sie machte sich von ihr los. »Wirklich. Schau mal, ist das nicht dein Freund Durge?«
    Grace sah in die besagte Richtung. Tatsächlich stand dort der Embarraner an eine Wand gelehnt. Er hielt die Arme vor der breiten Brust verschränkt, sein Schnurrbart hing traurig herab, und seine braunen Augen blickten ernst.
    Der Anblick des schwarzhaarigen Ritters verbesserte Graces Stimmung. Sie hatte Durge seit dem Bankett nicht mehr gesehen, und sie hatte ihn vermißt. Wenn sie den Ritter doch nur davon überzeugen könnte, daß sein Besuch alles andere als eine Unannehmlichkeit wäre. Durge gab ihr nicht das Gefühl, das andere Leute ihr
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