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Die letzte Praline

Die letzte Praline

Titel: Die letzte Praline
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Vielleicht waren noch andere hinter das Geheimnis gekommen? Die Polizei sogar? Er ging davon aus, dass Sie bis Sonntagabend überleben würden – danach wäre er fort gewesen. Er hat sie quasi, nun ja, frisch gehalten für den Fall, dass er Sie noch brauchte.«
    »Er wusste wohl, dass man auf flüssiger Schokolade treibt wie auf dem Toten Meer. Und dass in Schokolade Sauerstoff gelöst ist, der die Luft zwar nicht frisch hält, aber immerhin dafür sorgt, dass sie einem nicht ausgeht.«
    »Und genug zu essen hatten Sie auch«, ergänzte der Professor.
    »Lustig war es trotzdem nicht. Lieber hätte ich in einem Überlauftank für Mettwurst gelegen. Mit einem Zugang zum Biertank. Und ein paar Zwiebeln.« Bei diesem Gedanken kehrte Pits Lächeln zurück.
    »Es sollte ja kein Wellnessurlaub sein. Sie waren schließlich seine Geisel.«
    »Da sollte man eine Konvention einführen, so wie die Genfer für Kriegsgefangene. Und die legt dann fest, dass es immer ausreichend Mettwurst, Bier und Zwiebeln geben muss. Die Brügger Geiselkonvention. Oder können wir sie die Kossitzke-Geiselkonvention nennen?«
    Am Ufer sonnten sich einige Enten, das vorbeifahrende Boot störte sie kein bisschen. Sie hatten die Ruhe weg. Und auch Bietigheim war so tiefenentspannt, dass er Pits Schnapsidee mit keinem Kommentar würdigte.
    »Bald fahren wir am Eingang des Beginenhofes vorbei, eine Art Kloster, ohne Gelübde. Die Frauen blieben trotzdem unverheiratet und führten ein gottgefälliges Leben.«
    »Glauben Sie ernsthaft, gottgefällige Frauen würden mich interessieren, Professore? Eben!«
    Sie fuhren mit dem Boot an einem Café vorbei, in dem Adalbert das bekannte Gesicht des jungen van der Elst ausmachte. Ihm gegenüber saßen die Eltern Reekmans. Emile redete aufgebracht mit Händen und Füßen, ebenso Willem Reekmans, doch in den Augen der Mutter schien Sympathie für den jungen Chocolatier zu liegen, ein wenig Wärme. Vielleicht gab es ja doch noch Hoffnung für die beiden Familien. Die Toten hätten es sich allemal gewünscht. Der Professor hatte mittlerweile erfahren, dass es bei dem Streit der beiden Familien um das Haus der Reekmans ging, das van der Elst deshalb auch abfackeln wollte. Einer seiner Vorfahren hatte es einst gegen einen Vorfahren von Willem Reekmans beim Manillen-Kartenspielen verloren – und behauptet, dass es dabei nicht mit rechten Dingen zugegangen und der Aalhändler ein Lump und Betrüger sei. Was er bei jeder sich bietenden Gelegenheit wiederholt hatte. Bis an sein Lebensende.
    Der Professor blickte zu Pit. »Wir scherzen hier miteinander, aber es tut mir sehr leid, dass Sie das mitmachen mussten. Ich hätte mir sehr gewünscht, der Aufenthalt im Tank wäre Ihnen erspart geblieben. Dass Sie dem Mörder alleine gefolgt sind, finde ich außerordentlich mutig von Ihnen.«
    »Dumm. Es war dumm.« Pit schüttelte den Kopf.
    »Dummheit und Mut sind Brüder. Der eine ist jedoch erfolgreicher.«
    »Nie um einen klugen Spruch verlegen, was?«
    »Nein. Klug ist schließlich mein Beruf.«
    Pit knuffte ihn. »Dann habe ich noch eine Frage an den Klugheitsprofi. Cloizel muss ja einen Helfer gehabt haben, vermutlich einen Mitarbeiter, den er massiv unter Druck gesetzt hatte, damit er half, mich in den Tank zu verfrachten. Arme Sau. Aber auch: unmoralisches Schwein. Hätte mich ja später herauslassen können. Haben Sie den bekommen?«
    Der Professor nickte, Aspe hatte ihn am Morgen noch informiert. »Cloizel hat der Polizei dessen Namen genannt.«
    »Während ich im Tank eingesperrt war, hatte ich viel Zeit nachzudenken«, fuhr Pit fort. »Ehrlich gesagt, hatte ich Jón Gnarr in Verdacht. So ein Bauchgefühl. Bei dem bin ich mal zufällig ins Hotelzimmer hineingefallen und hab tonnenweise Pornos gefunden.«
    »Davon will ich nichts wissen, das geht mich nichts an, es ist sein Privat … nun ja, -vergnügen.«
    »Das war so Meisje-Porno. Blonde Frauen in Holzschuhen mit weißer Bauernmädelhaube und großen Käselaiben – auf denen sie saßen, die sie hochstemmten oder vor ihre dicken Tüten hielten. Ein ganz Perverser.«
    »Die sexuellen Vorlieben eines Menschen sagen nichts über seine kriminelle Energie aus«, verteidigte Adalbert den Isländer nichtsdestotrotz.
    »Sie hätten die Frauen sehen sollen, Professore. Das waren echte Maschinen. Apropos echte Maschinen: Was wird denn nun aus Madame Baels?«
    Der Professor sah ihn verdutzt an. »Nun, die Beteiligung an einer Chocolaterie kann man einer Museumsdirektorin kaum
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