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Die letzte Hürde

Die letzte Hürde

Titel: Die letzte Hürde
Autoren: Tina Caspari
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blieb am Rucksack hängen, und damit an Zottels Maul; und er mußte den lästigen Rucksack kräftig hin und her schwenken, um sich von ihm zu befreien. Endlich gab das dumme Ding nach, löste sich von Zottels Kopf und flog in hohem Bogen davon, um mit einem dumpfen Schlag im Genick des Anglers zu landen. Der fuhr zwar erschrocken aus dem Schlaf hoch, doch nicht schnell genug, um dem unsanften Schubs Widerstand zu leisten. Schwer wie ein Kartoffelsack plumpste er in den Moorsee. Zottel hielt es für geraten, sich zurückzuziehen, bevor der Mann wieder auftauchte.
    Bille hatte mit Pünktchen einen herrlichen Ritt durch die Felder gemacht und bog nun wieder in den kühlen Schatten der Waldwege ein. Sie ließ die Zügel lang, klopfte der Stute den Hals und kraulte ihr zärtlich den Mähnenansatz. Pünktchen reckte sich genüßlich und schnaubte kräftig ab.
    „Das muß ich heute gleich Simon schreiben, was wir für einen tollen Ausritt gemacht haben! Vielleicht sollte ich ihm eine kleine Locke von dir in den Brief stecken als Gruß, was meinst du? He! Horch mal, was ist das?“
    „Hilfe! Hilfe!!“
    „Es kommt vom Moorsee her! Wollen mal nachsehen, was da los ist! Komm, Pünktchen!“ Bille nahm die Zügel auf und drückte der Fuchsstute die Fersen in die Flanken. Pünktchen stob davon.
    Als sie den Moorsee erreichten, bot sich ihnen ein seltsamer Anblick. Ein runder, grauer Rücken wie von einem Zwergnilpferd bewegte sich unter der Wasseroberfläche hin und her. Dann richtete sich das Wesen auf, prustete, um gleich darauf wieder abzutauchen. Als er das nächstemal den Kopf aus den grünlichen Wassermassen hob, sprach Bille ihn an.
    „Haben Sie um Hilfe gerufen?“
    „Und ob!“ keuchte der Mann. „Ich bin überfallen worden! Jemand hat mir einen Stoß versetzt und wollte mit meinem Rucksack abhauen. Und nun ist meine Angel auch noch weg, muß sich irgendwie im Grund verfangen haben!“
    „Überfallen?“ fragte Bille ungläubig. „Aber Ihr Rucksack liegt doch dort!“
    „Na ja, der Kerl hat wohl Angst gekriegt und ist weggelaufen.“
    „Ich weiß nicht, ein Überfall, hier? Ist das Ihr Wagen dort? Haben Sie das Verbotsschild nicht gesehen? Oder haben Sie eine Sondergenehmigung?“
    Der Mann stapfte näher und strich sich das Moorwasser aus dem Gesicht. Typischer Tourist, dachte Bille, wahrscheinlich gehört er zur Feriensiedlung.
    „Klar! Sondergenehmigung!“ log er frech. „Ein Freund von mir hat mich hier zum Angeln eingeladen!“
    Bille konnte sich das Lachen kaum verbeißen. „Ach, wirklich? Das muß ja ein Witzbold sein. Der hat Sie tüchtig aufs Kreuz gelegt, Ihr Freund. Hier gibt’s nämlich gar keine Fische. Also auch keine Angel-Erlaubnis. Na dann, weiter viel Spaß beim Suchen!“
    Bille wendete Pünktchen, und sie trabten davon. Der Angler sah ihnen mit offenem Mund nach.
    Als sie wenig später in den Stall zurückkehrten, war Zottel gerade - zufrieden mit seinem Ausflug - in die Box marschiert, um sich ein wenig auszuruhen. Das Hufgetrappel hatte Florian und Niko aus ihrer Versunkenheit gerissen, und sie waren eben noch rechtzeitig gekommen, um die Boxentür hinter dem Pony zu schließen.
    „Verdammt, der war draußen!“ flüsterte Niko und sah Florian schuldbewußt an.
    „Na, wenn schon, jetzt ist er jedenfalls wieder drin.“
    „War irgendwas?“ fragte Bille.
    „Nein, was soll denn gewesen sein?“
    „Nur so. Kinder, ihr ratet nicht, was ich eben erlebt habe! Im Moorsee ist ein Verrückter. Badet in voller Montur und behauptet, jemand hätte ihn hinterrücks überfallen und ins Wasser geschubst! Das muß er doch geträumt haben, oder? Wer tut denn so was! Hier bei uns in der Gegend!“ Florian und Niko sahen sich verdutzt an, dann grinsten sie Bille strahlend an.

Mit viel Gefühl

    In diesen Sommerwochen fand jedes Wochenende irgendwo in der Umgebung ein Turnier statt. Es verging kaum ein Samstag, an dem sich Bille nicht schon vor Morgengrauen mit ihren Schützlingen auf den Weg machte, um in einem viele Kilometer entfernten Ort in verschiedenen Springprüfungen zu starten. Black Arrow, der inzwischen ein Star war und nur noch die größeren Turniere bestritt, mußte dabei oft zu Hause bleiben. Auf den Veranstaltungen ländlicher Reitvereine ging es eher um die Möglichkeit, den begabten Nachwuchs aus dem Tiedjenschen Stall vorzustellen. Die Neulinge mußten an den Betrieb auf Turnierplätzen gewöhnt werden und die Chance bekommen, nicht nur Erfahrungen, sondern vielleicht sogar
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