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Die letzte Generation

Die letzte Generation

Titel: Die letzte Generation
Autoren: Arthur C. Clarke
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Fliegen mit einem Atomgeschoß zu treffen, denn ihr Ziel schwebte über der Hauptstadt einer benachbarten und feindlich gesinnten Nation.
    Als sich das Bild des großen Schiffes auf dem Fernsehschirm in dem geheimen Kontrollraum ausbreitete, mochte die kleine Gruppe von Offizieren und Ingenieuren von mancherlei Empfindungen zerrissen gewesen sein. Was würden die übrigen Schiffe unternehmen, wenn ein Erfolg erzielt wurde? Konnten sie auch zerstört werden, so daß die Menschheit wieder ihre eigenen Wege gehen durfte? Oder würde Karellen furchtbare Rache an denen nehmen, die ihn angegriffen hatten?
    Der Bildschirm wurde plötzlich leer, als das Geschoß beim Aufprall sich selbst zerstörte, und das Bild schaltete sofort auf eine viele Kilometer entfernte, schwebende Kamera um. In dem Bruchteil einer Sekunde, der verstrichen war, mußte sich der Feuerball schon geformt haben und den Himmel mit seiner Flammensonne erfüllen.
    Aber nichts dergleichen geschah. Das große Schiff schwebte unbeschädigt, vom hellen Sonnenlicht umflossen, am Rande des Weltraums. Die Rakete hatte es nicht nur nicht getroffen, sondern niemand konnte je entdecken, was mit dem Geschoß geschehen war. Überdies unternahm Karellen nichts gegen die Verantwortlichen und machte nicht einmal eine Andeutung, daß er etwas von diesem Angriff wisse. Er beachtete sie nicht weiter und überließ sie gleichmütig ihrer Angst vor einer Rache, die niemals kam. Dies war eine wirksamere und niederschmetterndere Behandlung, als irgendeine Bestrafung es hätte sein können. Die verantwortliche Regierung brach unter gegenseitigen Anschuldigungen wenige Wochen später zusammen.
    Gegen die Politik der Overlords hatte es auch manchen passiven Widerstand gegeben. Gewöhnlich hatte Karellen damit fertig werden können, indem er die Beteiligten ihre eigenen Wege gehen ließ, bis sie entdeckten, daß sie sich durch ihre Weigerung, mitzuarbeiten, nur selber schadeten. Nur einmal hatte er unmittelbare Schritte gegen eine widerspenstige Regierung unternommen.
    Seit mehr als hundert Jahren war die Republik Südafrika der Mittelpunkt von Rassenkämpfen gewesen. Männer guten Willens auf beiden Seiten hatten eine Brücke zu bauen versucht, aber vergeblich – Furcht und Vorurteile waren zu tief eingewurzelt, um irgendeine Zusammenarbeit zu ermöglichen. Wechselnde Regierungen hatten sich nur durch den Grad ihrer Unduldsamkeit unterschieden. Das Land war durch den Haß und die Saat der Bürgerkriege vergiftet.
    Als sich zeigte, daß kein Versuch gemacht würde, die Rassenvorurteile zu beseitigen, erließ Karellen eine Warnung. Darin wurde nur Datum und Stunde genannt, nichts weiter. Besorgnis entstand, aber wenig Furcht oder Panik, denn niemand glaubte, daß die Overlords eine gewaltsame oder zerstörende Maßnahme ergreifen würden, die Unschuldige und Schuldige gleichermaßen träfe.
    Das geschah auch nicht. Es ereignete sich nichts weiter, als daß die Sonne, als sie den Meridian von Kapstadt überschritt, erlosch. Es blieb nur ein blaßvioletter Körper übrig, der weder Wärme noch Licht spendete. Irgendwie war vom Weltraum her das Sonnenlicht durch zwei gekreuzte Felder polarisiert worden, so daß keine Strahlungen hindurchgehen konnten. Das betroffene Gebiet war fünfhundert Kilometer breit und völlig kreisrund.
    Diese Demonstration dauerte dreißig Minuten. Das genügte. Am nächsten Tag kündigte die Regierung von Südafrika an, daß der weißen Minderheit die vollen Bürgerrechte zurückgegeben würden.
    Abgesehen von solchen vereinzelten Zwischenfällen, nahm die menschliche Rasse die Overlords als Teil der natürlichen Ordnung der Dinge hin. In überraschend kurzer Zeit hatte sich die anfängliche Bestürzung gelegt, und die Welt wandte sich wieder ihren Geschäften zu. Nur eine stumme Erwartung blieb zurück, gleichsam ein stillschweigendes Umherspähen: Die Menschheit hoffte darauf, daß die Overlords sich zeigen und aus ihren schimmernden Schiffen herniedersteigen würden.
    Fünf Jahre später wartete man noch immer. Das, dachte Stormgren, war die Ursache aller Schwierigkeiten.
     
    Der übliche Kreis von Schaulustigen mit gezückten Kameras war versammelt, als Stormgrens Auto auf den Flugplatz fuhr. Der Generalsekretär tauschte einige abschließende Worte mit seinem Stellvertreter, ergriff seine Aktentasche und ging durch die Reihen der Zuschauer.
    Karellen ließ ihn nie lange warten. Man hörte ein plötzliches „Oh!“ in der Menge, und eine silberne Kugel
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