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Die letzte Einheit: Roman (German Edition)

Die letzte Einheit: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Einheit: Roman (German Edition)
Autoren: John Scalzi
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Wunderspeise«, sagte Sorvalh.
    »Sie kommen jedes Mal vorbei, wenn Sie in der Stadt sind«, bemerkte Tony. »Sagen Sie mir, dass ich falsch liege.«
    »Sie liegen nicht falsch«, sagte Sorvalh. »Obwohl ein Intelligenzwesen nicht allein von Churros leben kann.«
    »Seien Sie sich da nicht zu sicher«, sagte Tony. »In Uruguay bereitet man mit Käse gefüllte Churros zu. Dort gilt es als Mittagsmahlzeit. Vielleicht werde ich auch einmal damit experimentieren. Bei Ihrem nächsten Besuch könnten Sie meine Versuchsperson sein.«
    »Ich glaube, ich verzichte lieber«, sagte Sorvalh, »denn ich weiß, was ich mag. Ich bin eine Gewohnheitsperson.«
    »Ihr Pech«, sagte Tony. »Und wie geht es Ihnen sonst? Wie läuft der diplomatische Trubel?«
    Sorvalh reagierte mit ihrer Version einer Grimasse. Es war gar nicht gut gelaufen. Seit der Zerstörung der Erdstation herrschte das totale Chaos. Obwohl die Konklave, die sie repräsentierte, nichts mit dem Angriff auf die Station zu tun hatte, wurde der gesamte Planet nun von Paranoia und Wut auf jeden beherrscht, der kein Mensch von der Erde war. Infolgedessen waren ihre Konferenzen mit menschlichen Diplomaten und Politikern in Beijing, Moskau, Paris und Den Haag eher Therapiesitzungen als tatsächliche Gespräche, bei denen die Menschen ihren Frust abließen, wenn sie in ihren viel zu engen Büros saß (fast jedes menschliche Büro war zu eng, wenn man drei Meter groß war) und eine Haltung zum Ausdruck brachte, die ihre Gesprächspartner hoffentlich als mitfühlend interpretierten.
    »Es könnte besser sein«, gab Sorvalh zu.
    »So schlimm?« Tony hatte sich daran gewöhnt, Sorvalhs Mimik zu deuten, und korrekt erraten, dass es viele Dinge gab, die Sorvalh im Moment nicht erwähnen wollte.
    »Wir leben in einer komplizierten Welt, Tony.«
    » Sie leben in einer komplizierten Welt. Ich mache nur Churros.«
    »Und das ist nicht kompliziert?«, fragte Sorvalh. »Auf eine ganz eigene Art?«
    Tony zuckte mit den Schultern. »Wissen Sie, das ist eigentlich schon mein zweiter Job. Ich habe Wirtschaft studiert, einen Master als Betriebswirt gemacht und zehn Jahre lang als eins dieser Finanzarschlöcher gearbeitet, die allen anderen das Leben schwer machen. Anfangs hat es mir sehr viel Spaß gemacht, aber später hatte ich jeden Tag das Gefühl, dass ich mich entweder betrinken oder eine Prügelei mit jemandem anfangen wollte. Also habe ich mein Leben vereinfacht. Und nun habe ich meinen Churro-Stand. Und bin die meiste Zeit glücklich. Weil jeder glücklich ist, der den Churro-Mann sieht.«
    »Aber als Churro-Mann werden Sie niemals reich werden«, sagte Sorvalh.
    Tony lächelte und breitete die Arme aus. »Ich war ein Finanzarschloch! Ich bin längst reich! Und wie gesagt läuft das Geschäft ganz gut. Da kommen sogar schon wieder ein paar neue Kunden.« Tony zeigte auf die Straße, wo eine chaotische Horde achtjähriger Kinder, die von zwei gestresst aussehenden Erwachsenen gehütet wurden, auf den Churro-Stand zustürmte.
    Sorvalhs Blick folgte Tonys ausgestrecktem Zeigefinger zu den Kindern. »Es sind hoffentlich nicht alle ihre.«
    »Wahrscheinlich nicht«, sagte Tony. »Es sieht eher nach einem Schulausflug zu den Denkmälern aus.«
    »Sollte ich ein Stück zurücktreten?«, fragte Sorvalh. Nicht alle Menschen fühlten sich in Gegenwart eines drei Meter großen Aliens wohl. Sie wollte Tony nicht das Geschäft verderben.
    »Vielleicht«, sagte Tony. »Wenn sie alle erwachsen wären, würde ich ihnen sagen, dass sie sich zusammenreißen sollen, aber das sind Kinder, und man weiß nie, wie sie reagieren werden.«
    Sorvalh nickte und entfernte sich ein Stück. Sie ging zu einer Bank, die nicht weit vom Stand entfernt war. Mit ihrer Größe und Körpergestalt wäre es nicht besonders bequem gewesen, sich darauf zu setzen, aber aus irgendeinem Grund kam es ihr adäquater vor, sich neben einer Bank auf den Boden zu hocken – schließlich war es ein ausgewiesener Sitzbereich – als irgendwo anders. Sorvalh war davon überzeugt, dass sie, wenn sie gründlicher darüber nachdachte, darauf kommen würde, wo sie diese Marotte aufgeschnappt hatte, aber letztlich war sie viel weniger an dieser Frage als an ihren langsam abkühlenden Churros interessiert. Sie widmete sich der Mahlzeit, während Tonys Stand von schreienden winzigen Menschen belagert wurde, die es gar nicht abwarten konnten, sich den frittierten Teig in den Rachen zu stopfen. Die meiste Zeit blickte sie in eine andere
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