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Die Leiche im Badezimmer

Die Leiche im Badezimmer

Titel: Die Leiche im Badezimmer
Autoren: Carter Brown
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Minute später gab das dunkelhaarige Mädchen einen
schwachen stöhnenden Laut von sich, richtete sich dann plötzlich auf und sah
mich mit entsetzten Augen an.
    »Hier«, sagte ich und schob ihr
das Glas in die Hand. »Trinken Sie das.«
    Sie nahm einen Mundvol Rye und verschluckte sich
tüchtig. »Das ist unmöglich!« Sie schüttelte heftig den Kopf. »Das muß so was
wie ein Alptraum sein. Goldie kann doch nicht...« Sie trank erneut Rye , diesmal ohne sich zu verschlucken. »Sie war nicht da,
als ich zu Bett ging.«
    »Immer mit der Ruhe«, sagte
ich. Das war so eine Redensart, wie sie sich auch nur ein Polyp in Augenblicken
innerer Spannung einfallen lassen kann. »Goldie wer?«
    »Goldie Baker. Das hier war ihr
Appartement. Ich bin erst vor zwei Wochen eingezogen.«
    »Sind Sie sicher, daß sie
überhaupt richtig ausgezogen ist?«
    »Natürlich bin ich sicher.« Sie
biß sich auf die Unterlippe. »Es ist einfach nicht möglich. Sie war nicht dort —
im Badezimmer, meine ich — bevor ich zu Bett ging. Ich weiß es. Denn das
letzte, was ich getan habe, war, mich zu duschen und die Zähne zu putzen!«
    »Wann war das?« fragte ich.
    »Gegen zehn.« Erneut vergrub
sie die Zähne in ihrer Unterlippe und sah mich mit einem Ausdruck fast wilden
Entsetzens an. »Ich verschloß die Hintertür und verriegelte sie, ich legte die
Sicherheitskette vor — und dasselbe habe ich mit der Vordertür getan. Niemand
hat in die Wohnung eindringen können, Lieutenant, niemand!«
    »Wie steht es mit den Fenstern?«
sagte ich mechanisch.
    »Dieses Appartement liegt im
dritten Stock.« Mit einem plötzlichen Ruck sah sie über die Schulter weg zu den
zugezogenen Vorhängen hinüber. »Der Balkon!«
    Ich ging auf die Vorhänge zu
und zog sie auseinander. Eine Glasschiebetür führte auf einen kleinen Balkon
hinaus. Ich schob sie zurück, nachdem ich das Schnappschloß aufgedrückt hatte. In der Ferne lag der Bald Mountain, eine dunkel aufragende
Silhouette gegen das erste Licht der Morgendämmerung. Ich kehrte ins Wohnzimmer
zurück und rettete meinen Drink von dem kleinen Tisch neben der Couch.
    »Ich schließe die Balkontür
immer für den Fall, daß es regnen oder ein Sturm kommen könnte«, sagte das
dunkelhaarige Mädchen in entschuldigendem Ton. »Es gibt da einen kleinen
Riegel, aber ich vergesse meistens, ihn vorzuschieben. Ich habe einfach nie
daran gedacht, daß ein Einbrecher oder sonst jemand versuchen würde, durch die
Balkontür einzudringen. Der Balkon liegt schließlich rund achtzehn Meter über
dem Boden.«
    »Vor allem, wenn er auch noch
eine nackte Leiche über der Schulter trägt«, brummte ich. »Über so was pflegen
die Leute zu reden.«
    »Sie glauben mir nicht, oder?«
sagte sie hoffnungslos.
    »Ich versuche es ja, aber Sie
machen es mir schwer«, sagte ich.
    »Selbst wenn wir annehmen, der
Einbrecher sei so was wie ein Superfassadenkletterer, dem es nichts ausmacht,
einen Körper achtzehn Meter hoch an der glatten Wand hinaufzubefördern — finden
Sie dann nicht, er habe ein verteufeltes Risiko auf sich genommen, als er die
Tote in der Duschkabine unterbrachte, während Sie die ganze Zeit über im
Schlafzimmer schliefen?« Ich zuckte flüchtig die Schultern. »Etwas anderes
macht mir außerdem Kopfzerbrechen; warum sollte er dieses Risiko auf sich
nehmen, nur um Goldie Bakers Leiche in ihr altes Appartement zurückzuschaffen?«
    »Sie glauben, ich hätte sie
umgebracht!« Ihre Stimme bebte. »Warum sollte ich das denn tun — ich kannte sie
ja kaum!«
    »Ich möchte zweierlei tun«,
sagte ich geduldig. »Ich möchte Ihr Telefon benutzen, und ich würde gern die
Wohnung durchsuchen.«
    »Tun Sie, was Sie wollen.«
Tränen quollen aus ihren Augen und rannen langsam über ihre Wangen. »Mir ist
egal, was Sie tun.«
    Ich rief im Büro an und sagte,
man möge den Coroner, Ed Sanger vom Kriminallabor und einen Leichenwagen
schicken — in dieser Reihenfolge. Dann ging ich ins Schlafzimmer und
untersuchte es, was fünf Minuten in Anspruch nahm. Als ich zurückkehrte, saß
Eleanor Dolan nach wie vor auf der Couch und sah aus, als hätte man sie mit
einem stumpfen Instrument mitten zwischen die Augen geschlagen.
    »Ich bin im Schlafzimmer
fertig«, sagte ich. »Vielleicht sollten Sie sich was anziehen. Wir werden bald
Gesellschaft bekommen.«
    Sie stand auf und ging ins
Schlafzimmer, wobei sie sorgfältig die Tür hinter sich schloß. Ich untersuchte
Wohnzimmer und Küche, fand aber nichts, was auch nur entfernt
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