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Die Leiche am Fluß

Die Leiche am Fluß

Titel: Die Leiche am Fluß
Autoren: Colin Dexter
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Zahlen hatten die Römer eben nie viel am Hut gehabt.
    «Wissen Sie, wie viele Spazierstöcke und Regenschirme in dem Ständer hier sind?» rief Lewis aus der kleinen Diele.
    «Vierzehn», rief Morse zurück.
    «Aber wie zum... wieso...»
    «Zufälle sind für mich die Regel im Leben und nicht die Ausnahme, das dürfte Ihnen inzwischen bekannt sein.»
    Lewis schwieg. Er wußte, was ihm bevorstand: die mühselige Arbeit des Suchens und Sichtens, meist ohne viel Hoffnung auf Erfolg. Morse war immer furchtbar pingelig, wenn es um das Sichern von Beweisstücken ging. Nur war er leider nicht bereit, für diese überaus öde und häufig auch fruchtlose Arbeit seine eigene Zeit zu opfern.
    Dazu war aus seiner Sicht Lewis da. Während Morse sich aufs Sofa setzte und McClures opus magnum durchblätterte, durchsuchte Lewis, wie vor ihm bereits Phillotson und dessen Team, sämtliche Schubladen und Papierkörbe, ging Briefe und Papiere durch. Er tat es klaglos. Hin und wieder hatte er bei dieser Wühlarbeit doch etwas Ungewöhnliches (zumindest für Morse Ungewöhnliches) gefunden, was dem großen Mann den Weg zum Erfolg (oder aber in eine Sackgasse) gewiesen, das Leittier auf die Spur gesetzt hatte.
    In McClures Wohnung fand sich zweierlei, was vielversprechend aussah. Auf die Bedeutung des ersten Fundes hatte auch Phillotson schon hingewiesen. Es handelte sich um ein Telefonregister aus schwarzem Plastik mit achtzehn alphabetischen Automatiktasten, auf denen weniger häufige Buchstaben zu einer Gruppe (wie WX und YZ) zusammengefaßt waren. In einer kurzen Gebrauchsanweisung (unter A) wurde dem Benutzer nahegelegt, zwecks schnelleren Auffindens besonders wichtige Nummern unter Maler, Zahnarzt, Arzt, Elektriker, Klempner, Polizei einzutragen.
    Lewis ließ das Verzeichnis aufs Geratewohl bei M aufschnappen. Sechs Namen standen auf der Karte, vor dreien stand eine 071, die Vorwahl von London, die übrigen waren Nummern in Oxford, jeweils fünf Ziffern, alle mit einer 5 beginnend.
    Lewis seufzte hörbar. Sechs mal achtzehn macht hundertacht... Wenn aber auf jeder Seite nur ein halbes Dutzend Namen waren, konnte man sich wohl (vielleicht hatte Phillotson sich das auch gesagt?) trotzdem darauf einlassen, die Liste abzutelefonieren. Er ließ ein paar andere Buchstaben aufklappen. Unter P standen acht Namen, unter C nur vier. Und die Doppelbuchstaben? Er drückte die KL-Taste. Sieben. Sechs L und ein K. Buchstäblich nur das K, dahinter eine Nummer. Interessant... Wer war dieser K?
    Oder war es eine Sie?
    «Was fällt Ihnen zu ein, Sir?»
    Morse, von Jugend auf ein Kreuzworträtselfanatiker, kam sofort mit König, Kelvin (Einheit der Temperatur, Lewis), Kilometer, Köchel (der Mann, der Mozarts Werke katalogisiert hat, Lewis) und... äh...
    «Nicht sehr ergiebig.»
    «Der Anfangsbuchstabe eines Namens?»
    «Warum nur der Anfangsbuchstabe?»
    «Der Name einer Frau? Vielleicht sollte niemand um seine schwelende Leidenschaft für eine verheiratete Frau wissen. Oder vielleicht werden die Mädchen im hiesigen Puff alle nur unter ihren Anfangsbuchstaben geführt.»
    «Ich wußte gar nicht, daß es so was hier gibt.»
    «In North Oxford gibt es alles, Lewis. Man muß nur wissen, wo.»
    «Karen...», überlegte Lewis laut. «Oder Kirsty vielleicht...»
    «Kylie?»
    « Die kennen Sie, Sir?»
    «Na ja.»
    «Kathy...»
    «Das Raten hätte sehr schnell ein Ende, Lewis, wenn Sie dort mal anrufen würden. Ich denke, das sind so die Sachen, für die Sie da sind...»
    Lewis wählte die fünfstellige Nummer.
    «Ja? Was wolln Sie?» blaffte eine unfreundliche Frauenstimme.
    «Ich... äh... ist das die Nummer von K?»
    «Jaha. Aber die is nich da.»
    «Gut, dann versuche ich es später noch mal.»
    «Was sind’n Sie? Einer mit ‘ner schmutzigen Phantasie, was?»
    Lewis legte rasch auf, seine blassen Wangen hatten sich gerötet.
    Morse amüsierte sich über seinen verbiesterten Sergeant. «Man kann eben nicht bei allen landen, Lewis...»
    «Pure Zeitverschwendung.»
    «Meinen Sie?»
    «Sie etwa nicht?»
    «Sie haben nur zehn Sekunden telefoniert, Lewis, und wissen schon, daß K eine Frau ist, die wahrscheinlich schlicht und einfach Kay heißt.»
    «Wieso...?»
    «Ein leichtes Mädchen, mit dem unser alter Felix sich ein paar schöne Stunden gemacht hat.»
    «Das können Sie doch nicht bloß deswegen behaupten, weil...»
    «Außerdem ist sie nach ihrem unverkennbaren Oxfordshire-Akzent eine Hiesige.»
    «Aber ich hatte sie ja noch nicht mal an der
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