Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz

Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz

Titel: Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz
Autoren: James Barclay
Vom Netzwerk:
getan, was ich konnte. Ry Darrick, wenn Ihr Euch weigert, Euch der Kavallerie anzuschließen, dann kann dieses Gericht nur noch ein Urteil über Euch verhängen: die Todesstrafe.«

Zweites Kapitel
    Niemand brach das Schweigen, das sich über das größtenteils wieder aufgebaute Kolleg von Julatsa gesenkt hatte. Niemand wagte etwas zu sagen, weil niemand die Ängste aussprechen wollte, die alle spürten.
    Es hatte sie jedoch alle tief getroffen, es hatte ihnen den Atem verschlagen und die Kräfte geraubt. Schweigend hatten sie sich am Loch in der Mitte des Kollegs versammelt. Hier ruhte das Einzige, was sie nicht in Ordnung bringen konnten, weil sie nicht genug waren, und es war das Einzige, was sie jetzt wirklich brauchten, weil das Kolleg sonst nicht wieder als magisches Gebilde auferstehen konnte.
    Das Herz.
    Es war begraben worden, um seiner Zerstörung durch die Wesmen zuvorzukommen, und es würde unzugänglich bleiben, bis sich genügend Julatsaner versammelten, um es zu bergen und wieder zum Schlagen zu bringen, damit es das Kolleg mit neuem Leben erfüllte.
    Sie hatten angenommen, das Herz würde, nachdem es begraben worden war, einfach schlafen, bis es wieder heraufgeholt
wurde, doch dies traf nicht zu. Diese Furcht war es, die sie alle – so wenige sie auch waren – am zackigen Kraterrand zusammengeführt hatte. Dreihundert Fuß tief und von undurchdringlicher Schwärze bedeckt, lag dort unten das Herz.
    Als die Magier es begraben hatten, war der Turm eingestürzt, den das Kolleg über ihm errichtet hatte. Dabei waren auch die tapferen Seelen verschüttet worden, die sich aufgeopfert hatten, um das Kolleg vor der endgültigen Zerstörung zu retten. Dieses Begräbnis rückgängig zu machen, war äußerst schwierig und überstieg die Kräfte der vierzig Magier, die sich am Krater versammelt hatten.
    Pheone nagte an der Unterlippe und versuchte verzweifelt, sich ein paar hoffnungsvolle Worte einfallen zu lassen, um die anderen aufzumuntern, doch ihr Herz war schwer, und das Loch vor ihr war tief. Sie hatten sich an den Glauben geklammert, das Herz liege zwar im Schlaf, halte aber immer noch ihre Magie lebendig. Sie waren überzeugt gewesen, eines Tages, so lange es auch dauern mochte, ihrem Kolleg den früheren Glanz zurückgeben zu können. Diese Hoffnung war dahin.
    »Es stirbt, nicht wahr?«, sagte Pheone, und ihre Stimme trug weit im stillen Hof. Niemand antwortete ihr, doch das Scharren der Füße verriet ihr, dass alle sie gehört hatten.
    Was, um alles in der Welt, sollte sie nur tun? Alle hatten sich an sie gewandt, nachdem Ilkar vor drei Jahreszeiten mit dem Raben aufgebrochen war. Sie erwarteten von ihr, dass sie fortsetzte, was er begonnen hatte. Als ob das so einfach wäre.
    Bei den Göttern, sie vermisste ihn. Seine Kraft, seine Berührungen, seine Küsse. Kein Tag verging, an dem sie nicht zum Tor blickte und wünschte, er möge hindurchreiten. Er wüsste, was zu tun war und wo man die Magier finden konnte,
die man brauchte, um das Herz zu bergen, ehe es zu spät war. Vielleicht würde er bald kommen. Doch die Neuigkeiten trafen nur spärlich ein, da nicht viele Julatsaner mit dem Kolleg in Verbindung standen, und sie hatte seit mehr als einer Jahreszeit überhaupt nichts mehr von ihm gehört. Jeder Tag ohne Nachricht ließ ihren Glauben ein wenig brüchiger werden.
    »Das ist nicht möglich«, sagte Lempaar schließlich. Er war der älteste Elfenmagier unter ihnen und von der Krankheit verschont geblieben, die ein Zehntel seines Volks und ein Fünftel der ohnehin schon kleinen Schar von Magiern dahingerafft hatte. Allmählich drangen die Nachrichten zu ihnen durch, dass die Seuche auf beiden Kontinenten zehntausende Elfen dahingerafft hatte, um ebenso plötzlich wieder abzuebben.
    »Wir haben es alle gespürt, Lempaar«, sagte Pheone. »Wir wissen, was es zu bedeuten hat.«
    Es hatte nicht sehr lange gedauert. In jedem Magier hatte sich ein Abgrund aufgetan und einen Ausblick auf ein Leben ohne Mana eröffnet. Es war schrecklich. Eine furchtbare, unergründliche Leere, ein unheilbarer Verlust.
    Pheone ließ den Blick langsam über die Versammlung wandern. Alle bemühten sich, genau wie sie selbst, das Offensichtliche zu verdrängen. Die offiziellen Lehren waren unmissverständlich gewesen. Das Herz, so hieß es, war das Zentrum der julatsanischen Macht, stellte aber für sich genommen kein Portal zwischen den Magiern und dem Mana dar. Sein Verlust wäre ein schrecklicher Schlag, doch es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher