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Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz

Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz

Titel: Die Legenden des Raben 03 - Schattenherz
Autoren: James Barclay
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ist desertiert und hat die lysternischen Reihen verlassen.«

    »Vielleicht hat er auch einfach seine Pflicht für sein Land getan.«
    »Wenn Ihr das glauben wollt«, sagte Metsas.
    »Oh, ich habe daran keinen Zweifel«, erwiderte der Unbekannte. »Aber Ihr seid die Richter.«
    »Fürs Protokoll«, sagte Heryst, »und entschuldigt die Widersprüchlichkeit, weil ich zugleich Darricks Richter und sein vorgesetzter Offizier bin. Ich muss jedoch Darricks makelloses Verhalten, seinen Mut und seine Dienste für die Stadt und das Kolleg von Lystern zur Sprache bringen. Jede einzelne Tat zu erwähnen, würde mehr Zeit erfordern, als wir haben, und dies allein sollte uns schon genug über seinen Charakter sagen. Alles ist gut dokumentiert, doch drei Ereignisse treten als leuchtende Beispiele für seine Loyalität, seine Entschlossenheit und seine Fähigkeiten besonders hervor.
    Die Vorstöße in den Understone-Pass in den Jahren, bevor der Pass schließlich fiel. Wie viel Schaden hätte die Invasion der Wesmen angerichtet, wenn wir den Pass schon früher verloren hätten?
    Die Schlacht von Parve vor sechs Jahren. Darrick führte seine Kavallerie ins Herz der Wesmen-Stellungen, um dem Raben den Durchbruch zu ermöglichen. Wäre Denser ohne ihn fähig gewesen, Dawnthief zu wirken und die Herzen der Wytchlords zu durchbohren?
    Schließlich die Invasion der Wesmen. Die vereinte Streitmacht der Kollegien war unter Darricks Kommando fähig, die Wesmen lange genug aufzuhalten, bis Hilfe in Gestalt der Kaan-Drachen durch den sich bereits schließenden Schattenriss eintraf.
    Bei all diesen Ereignissen stellte er seinen Heldenmut und seine Bereitschaft unter Beweis, sich aufzuopfern. In seiner Zeit als lysternischer General hat Darrick ohne jede
Frage einen wichtigen Beitrag zur Rettung Balaias geleistet.«
    Hirad sah den Kollegrichtern an, was sie dachten. Unverkennbar, dass ihnen nicht gefiel, was sie gehört hatten. Es waren Magier der alten Schule, in deren Augen die Treue gegenüber Lystern und die Liebe zu Balaia nicht unbedingt deckungsgleich waren. Und Darrick hatte sich für Balaia entschieden.
    »Sind wir fertig?«, fragte Simmac. Darrick und Heryst nickten. »Gut.« Der ältere Magier schnippte mit den Fingern, und eine junge Frau löste sich aus der Gruppe der Gerichtsschreiber. »Den Schallschild, bitte.«
    Sie nickte und wirkte den Spruch, indem sie mit den Händen eine Kuppel über die fünf beratenden Richter zeichnete. Lautlos aktivierte sie den Spruch, legte die Hände trichterförmig vor den Mund und sprach das Befehlswort, um den einfachen Zauber zu vollenden.
    »Wie lange wird es dauern?«, fragte Hirad. Er konnte beobachten, wie Metsas als Erster das Wort ergriff und abfällig zum Raben deutete. Heryst runzelte die Stirn und antwortete kopfschüttelnd.
    »Nicht sehr lange, fürchte ich«, sagte Darrick. »In dieser stillen Blase habe ich nur einen einzigen Verbündeten.«
    »Aber er ist der oberste Magier«, wandte Hirad ein.
    »Das hat nicht viel zu bedeuten, mitten in einem Krieg, den Lystern nach Ansicht der Hälfte aller Ratsmitglieder überhaupt nicht führen dürfte«, sagte Denser.
    »Allerdings«, stimmte Darrick zu.
    »Glaubst du, Heryst könnte dich opfern, um die Opposition zu beschwichtigen?«, fragte der Unbekannte.
    »Das ist möglich«, sagte Darrick. »Er ist nicht mehr so selbstsicher, wie ich ihn in Erinnerung habe.«

    »Ich verstehe das nicht«, schaltete sich Erienne ein. »Die Rettung der Elfen sollte doch ausreichen.«
    »Möglicherweise reicht das, um mir das Leben zu retten. Ob es auch für einen Freispruch reicht, weiß ich nicht.«
    Links von sich hörte Hirad ein Knurren. Er drehte sich zu Thraun um, der wie gebannt die Kollegrichter und Heryst beobachtete. Sein Gesicht war verkniffen und wütend, und er fletschte beinahe die Zähne.
    »Blinde Männer«, sagte Thraun.
    »Ich weiß, was du meinst«, stimmte Hirad zu.
    Sie schwiegen und beobachteten das Gericht, das über Darricks Schicksal beriet, während im großen Saal die Spannung stieg. Hirads Hände schwitzten, und auch Darrick, der neben ihm stand, zeigte endlich einmal etwas Gefühl. Sein Gesicht unter dem blonden Lockenschopf war besorgt, und er ballte und öffnete unentwegt die Hände. Er schluckte schwer und warf einen Blick zu Hirad. Sein Lächeln war verzagt, seine Augen klein und voller Furcht.
    Die Rabenkrieger mieden die Blicke ihrer Gefährten und beobachteten das stumme Schauspiel auf der anderen Seite des Tisches.
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