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Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 03 - Die Magie des Assassinen
Autoren: Robin Hobb
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Macht meiner Gabe auf Edel los.
    Nachher war von Will nicht mehr viel übrig. Aber ich saß bei ihm und gab ihm Wasser, wenn er darum bat, und ich deckte ihn zu, als er sich beklagte, es wäre kalt. Meine Totenwache verwirrte den Wolf. Ein rascher Schnitt quer über die Kehle hätte dem Elend so viel schneller ein Ende gemacht, für uns und für ihn. Ich aber hatte beschlossen, nicht länger ein Assassine zu sein. Also wartete ich, und als Will seufzend seinen letzten Atem aushauchte, stand ich auf und ging davon.
     
    Es ist ein langer Weg vom Bergreich zur Küste der Marken. Auch wie der Drache fliegt, unermüdlich und schnell, ist es ein langer, langer Weg. Nachtauge und ich erlebten friedvolle Tage. Wir ließen den verlassenen Garten der Steine weit hinter uns, ebenso wie die schwarze Gabenstraße. Wir waren beide zu zerschlagen, um große Jäger zu sein, aber wir hatten einen ergiebigen Forellenbach entdeckt, dem wir folgten. Die Tage waren beinahe zu warm, die Nächte klar und mild. Wir fischten, wir aßen, wir schliefen. Ich dachte nur an Dinge, die nicht schmerzten. Nicht an Molly, die Burrich in der halbdunklen Kammer ihr Gesicht entgegenhob, sondern an Nessel, geborgen in seinem gesunden rechten Arm. Er würde ihr ein guter Vater sein. Er hatte Übung darin. Ich brachte es sogar über mich zu hoffen, daß sie in künftigen Jahren Schwestern und Brüder haben möge. Ich dachte an Frieden im Bergreich und an Rote Schiffe, die von den Küsten der Sechs Provinzen vertrieben wurden. Ich heilte. Nicht vollkommen. Eine Narbe ist nie dasselbe wie gesundes Fleisch, aber die Wunde hörte auf zu bluten.
     
    Ich war dort an dem Sommernachmittag, als Veritas-als-Drache am Himmel über Bocksburg auftauchte. Durch seine Augen sah ich die schimmernden schwarzen Türme und Zinnen der Burg tief unter uns und hinter der Burg, wo Burgstadt gewesen war, die ausgebrannten Ruinen von Häusern und Lagerschuppen. Entfremdete schlurften durch die Straßen, zur Seite gerempelt von arrogant einherstolzierenden Piraten. Masten, von denen Leinwandfetzen hingen, ragten aus dem Wasser des Hafenbeckens. Ein Dutzend Roter Schiffe lag gemächlich vor Anker. Ich fühlte, wie Veritas-als-Drache vor Zorn das Herz schwoll, und ich hörte Kettrickens schmerzerfüllten Aufschrei ob des Anblicks.
    Dann schraubte sich der gewaltige türkis- und silberfarbene Drache in den Innenhof von Bocksburg hinab. Er achtete nicht auf die Pfeile, die ihm entgegenschnellten, achtete nicht auf die Schreie der Soldaten, die sich vor ihm duckten, in schwarzes Vergessen getaucht, als sein Schatten sich über sie breitete und seine Schwingen peitschten, um den massigen Leib zu Boden zu senken. Es war ein Wunder, daß er sie nicht zermalmte. Noch bevor er landete, versuchte Kettricken, sich auf seinen Schultern aufzurichten und den Männern zuzurufen, sie sollten ihre Piken senken und aus dem Weg gehen.
    Nachdem er gelandet war, neigte er die Schulter, um eine zerzauste Königin Kettricken absteigen zu lassen. Merle Vogelsang glitt hinter ihr von seinem Rücken und tat sich dadurch hervor, daß sie sich vor der Reihe gefällter Piken verneigte, die man auf die ungewöhnlichen Besucher richtete. Ich sah viele bekannte Gesichter und teilte Veritas’ Bestürzung darüber, wie sehr der Mangel sie verändert hatte. Dann schob sich Philia durch die von Angst und Ehrfurcht ergriffenen Soldaten, einen Spieß in der Hand, einen Helm schief auf dem unordentlich zusammengebündelten Haar, aber mit Miene und Haltung eines Feldherrn. Als sie des Drachen ansichtig wurde, blieb sie stehen. Ihr Blick ging von der Königin zu den schwarzen Augen des Drachen. Sie holte tief Atem, hielt ihn an, dann sagte sie hauchend das Wort: »Uralte.« Mit einem Jubelschrei warf sie Spieß und Helm in die Luft und lief auf Kettricken zu, um sie in die Arme zu schließen. »Ein Uralter! Ich wußte es, ich wußte es, ich wußte, sie würden zurückkommen!« Dann fuhr sie auf dem Absatz herum und stieß einen Schwall von Anordnungen hervor, die alles umfaßten, von einem heißen Bad für die Königin bis zu den Vorbereitungen für einen Ausfall aus den Toren der Burg. Doch was ich nie vergessen werde und zu meinen liebsten Erinnerungen zähle, ist das Bild, wie sie sich noch einmal herumdrehte, um mit dem Fuß aufzustampfen und Veritas-als-Drache zu sagen, er solle sich gefälligst in Bewegung setzen und diese verdammten Piraten aus ihrem Hafen vertreiben. Die Herrin von Bocksburg hatte sich daran
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