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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen
Autoren: Robin Hobb
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durchzuckte ein stechender Schmerz meinen Brustkorb. Willenskraft strömte aus mir heraus, dafür erfüllte mich Gleichgültigkeit. So warm, so tief. Ersäuft wie ein junger Hund, dachte ich, als die Dunkelheit über mir zusammenschlug. Junge? Eine Frage von irgendwoher, doch überall nur Schwärze.
    So viel Wasser, so heiß und so tief. Wo war der Boden, wo die Seitenwände? Ich ruderte mit Armen und Beinen, aber nirgends ein Widerstand. Kein Unten, kein Oben. Weshalb kämpfen, um in dem Gefängnis dieses Körpers am Leben zu bleiben? Nichts mehr, das sich zu bewahren lohnt, geh hinaus und sieh, ob es noch einen letzten Dienst gibt, den du deinem König erweisen kannst. Die Mauern meiner Welt stürzten ein, und ich schnellte davon wie ein endlich von der Sehne gelassener Pfeil. Galen hatte recht gehabt. Für die Gabe war Entfernung bedeutungslos. Bocksburg war gleich hier, und Mein König! schrie ich in höchster Not. Doch Listenreichs Gedanken waren auf andere Dinge gerichtet. Er war taub für mich, sosehr ich auch gegen seine Barrikaden anrannte. Keine Hilfe von dort.
    Meine Kraft verebbte. Irgendwo war ich im Begriff zu ertrinken. Mein Körper starb, ich spürte das Band zwischen uns schwinden. Eine letzte Chance. Veritas! Ich fand ihn, bestürmte ihn, doch nirgends Einlaß, nirgends Zugang. Sein Bewußtsein war einem anderen geöffnet und mir verschlossen. Veritas! rief ich, von Hoffnungslosigkeit übermannt. Und plötzlich war es, als ergriffen starke Hände die meinen, während ich versuchte, eine schlüpfrige Felswand zu erklimmen. Sie ergriffen mich, hielten mich fest und zogen mich hinauf in Sicherheit, gerade als ich zu stürzen drohte.
    Chivalric! Nein, das kann nicht sein. Es ist der Junge! Fitz?
    Eure Phantasie spielt Euch einen Streich, mein Prinz. Konzentriert Euch auf das bevorstehende Ereignis. Galen, kaltblütig und heimtückisch wie Gift, als er mich zurück ins Leere stieß. Ich konnte ihm nicht standhalten, er war zu stark.
    Fitz? Veritas, unsicher jetzt, weil ich schwächer wurde.
    Aus irgendeiner Quelle strömte mir Kraft zu. Etwas vor mir gab nach, und ich war stark. Ich klammerte mich an Veritas wie ein Falke auf seiner Faust. Ich war bei ihm. Ich sah mit seinen Augen: den geschmückten Thronsaal, das Buch der Ereignisse vor ihm auf dem großen Tisch, aufgeschlagen, um den Eintrag von der Vermählung des Kronprinzen aufzunehmen. Um ihn versammelt, in ihren besten Gewändern und kostbarsten Juwelen, die wenigen Bevorzugten, die man geladen hatte, dabeizusein, wenn Veritas durch August Zeuge war, wie seine Braut sich ihm angelobte. Galen, der als ein Vasall des Königs seine Kraft geben sollte, stand seitlich hinter Veritas und wartete auf eine Gelegenheit, ihn zu ermorden. Und Listenreich, mit Krone und Hermelin, ahnungslos auf seinem Thron, denn seine Gabe war bereits vor Jahren durch Mißbrauch abgestumpft und ausgebrannt, doch sein Stolz erlaubte ihm nicht, es zuzugeben.
    Durch Augusts Augen sah ich Kettricken bleich und ernst vor ihrem Volk auf dem Podium stehen. Sie verkündete mit gefaßter Stimme, daß in der letzten Nacht Prinz Rurisk nun doch der Pfeilwunde erlegen sei, die er auf den Eisfeldern davongetragen hatte. Sie hoffte, sein Andenken zu ehren, wenn sie sich heute, wie er es gewünscht und geplant hatte, mit dem König-zur-Rechten aus den Sechs Provinzen vermählte. Sie wandte sich Edel zu.
    In Bocksburg legte sich Galens klauenähnliche Hand auf Veritas' Schulter.
    Ich stürzte mich zwischen ihn und Veritas, stieß ihn zur Seite. Hüte dich vor Galen, mein Prinz. Hüte dich vor einem Verräter, der gekommen ist, um dir das Leben auszusaugen. Berühre ihn nicht.
    Galens Hand verstärkte ihren Griff, seine Fingerknöchel wurden weiß. Von einer Sekunde zur anderen entstand ein gieriger Mahlstrom, der Veritas die Kraft auszusaugen begann. Und viel Kraft war es nicht mehr. Seine Gabe war so stark, weil er sie mit allem nährte, was er hatte. Der Selbsterhaltungstrieb hätte einen anderen Mann bewogen, etwas für sich zurückzubehalten, aber Veritas hatte sich bedenkenlos aufgeopfert, um die Roten Korsaren von unseren Küsten fernzuhalten. So wenig Kraft war noch übrig für diese Zeremonie, und Galen zehrte sie auf. Ich klammerte mich an Veritas und mühte mich verzweifelt, ihn aufzurütteln. Veritas! schrie ich lautlos in seinem Bewußtsein. Mein Prinz! Ich spürte, wie er sich aufzubäumen versuchte, doch vor seinen Augen wurde es dunkel. Im Hintergrund vernahm ich ein
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