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Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen

Titel: Die Legende vom Weitseher 01 - Der Adept des Assassinen
Autoren: Robin Hobb
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Gut überlegt. Zwecklos, aber gut überlegt.«
    »Glaubst du, Kettricken wird nicht erfahren, was geschehen ist?«
    »Sie wird erfahren, daß du ins Dampfbad gegangen bist, höchst leichtsinnig in deinem Zustand. Du bist ausgerutscht und in dem heißen, heißen Wasser ertrunken. Ein bedauerlicher Unfall.«
    »Edel, das ist Wahnsinn. Was glaubst du, wie viele Leichen du an deinem Weg zurücklassen kannst? Wie willst du Burrichs Tod erklären?«
    »Zu deiner ersten Frage, ziemlich viele, solange es sich nicht um jemanden von Bedeutung handelt.« Er beugte sich zu mir hinunter, packte mein Hemd und zerrte mich hinter sich her, während ich kraftlos um mich schlug – ein Fisch auf dem Trockenen. »Und für deine zweite Frage gilt die gleiche Antwort. Wieviel Aufhebens wird man wohl um einen toten Stallmeister machen? Du bist so besessen von deiner plebejischen Selbstüberschätzung, daß du sie auf das Gesinde ausdehnst.« Er beforderte mich mit einem Ruck dorthin, wo Burrich lag. Ich fiel halb über ihn. Sein Körper war noch warm. Unter seiner Wange breitete sich auf dem Fliesenboden eine Blutlache aus. Blut tropfte aus seiner Nase, und ich sah, wie sich zwischen seinen Lippen eine Blutblase bildete und zerplatzte. Er atmete noch.
    Unauffällig veränderte ich meine Haltung, damit Edel es nicht sah. Wenn ich überlebte, gab es vielleicht auch für Burrich eine Chance.
    Edel bemerkte nichts. Er zog mir die Stiefel von den Füßen und stellte sie beiseite. »Du mußt wissen, Bastard«, dozierte er, als er sich aufrichtete, um zu verschnaufen, »Skrupellosigkeit erzeugt ihre eigenen Gesetze. Das hat meine Mutter mich gelehrt. Die Menschen fürchten dich, wenn du handelst, scheinbar ohne um die Konsequenzen besorgt zu sein. Tu, als wärst du unangreifbar, und niemand wird wagen, dir etwas anzuhaben. Betrachten wir diese Situation. Dein Tod wird einige Leute verärgern, schön und gut. Aber so sehr, daß sie Schritte unternehmen, die den Frieden aller Sechs Provinzen gefährden? Ich denke nicht. Außerdem wird dein Tod über anderen Ereignissen bald in Vergessenheit geraten. Ich wäre ein Tor, nicht diese Gelegenheit zu ergreifen, dich mir vom Halse zu schaffen.« Er schien sich seiner selbst völlig sicher zu sein. Ich wehrte mich, doch er war überraschend stark für das bequeme Leben, das er führte. Wie ein nasses Kätzchen schüttelte er mich aus meinem Hemd. Er faltete die einzelnen Kleidungsstücke sorgfaltig und stapelte sie ordentlich aufeinander.
    »Ein Alibi, um den Schein zu wahren, das genügt schon. Wenn ich mir zuviel Muhe gebe, schuldlos zu erscheinen, könnte man glauben, daß ich etwas zu verbergen habe. Man könnte anfangen, mich genauer zu beobachten. Deshalb weiß ich einfach von nichts. Mein Diener hat dich nach meinem Weggang mit Burrich hereinkommen gesehen. Und ich werde mich gleich aufmachen, um mich bei August zu beschweren, du wärst nicht zu der Unterredung erschienen, bei der wir uns auf Prinzessin Kettrickens Wunsch aussöhnen sollten. Ich werde August tadeln müssen, ernsthaft tadeln, daß er dich nicht selbst zu mir gebracht hat.« Er schaute sich um. »Welches nehmen wir denn? Ein schönes tiefes und heißes. Wie das da.« Ich krallte nach seiner Kehle, als er mich auf den Rand der Einfassung hievte, aber er befreite sich mühelos.
    »Leb wohl, Bastard«, sagte er ungerührt. »Entschuldige die unziemliche Eile, aber du hast mich länger aufgehalten, als ich dachte, und ich muß jetzt eilen, um mich anzukleiden. Sonst komme ich am Ende noch zu spät zu dem großen Ereignis.«
    Und er stieß mich hinein.
    Das Becken war für einen hochgewachsenen Chyurda berechnet, für mich also, selbst wenn ich aufrecht stand, viel zu tief. Der Schock des heißen Wassers preßte mir die Luft aus den Lungen, ich sank wie ein Stein. Als ich den Boden unter mir fühlte, hatte ich gerade noch so viel Geistesgegenwart, mich abzustoßen, und schoß wieder an die Oberfläche. »Burrich!« verschwendete ich meinen Atem für den Schrei nach jemandem, der mir nicht helfen konnte. Erneut ging ich unter. Meine Arm- und Beinbewegungen ließen sich nicht in Einklang bringen, das heiße Wasser löste meine schon vorher schlaffen Muskeln. Wahrscheinlich wäre ich auch in nur kniehohem Wasser ertrunken.
    Ich konnte nicht zählen, wie oft ich mich an die Oberfläche kämpfte und wieder versank. An den glatten Beckenwänden fanden meine gefühllosen Finger keinen Halt, und jedesmal, wenn ich versuchte, tief einzuatmen,
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