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Die Legende der Wächter 1: Die Entführung

Die Legende der Wächter 1: Die Entführung

Titel: Die Legende der Wächter 1: Die Entführung
Autoren: Kathryn Lasky
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Adler

    „Ich bin Blitz“, stellte sich der kleinere der beiden Adler vor, „und das ist meine Frau Donner. Sie kann nicht sprechen, sie ist stumm.“ Donner nickte den vier Eulen zu und neigte den Kopf dabei so tief, dass ihr Schnabel den Sand streifte. „Die Bösen haben ihr die Zunge herausgerissen“, erläuterte Blitz.
    „Die Bösen? Meinst du Jatt und Jutt?“, erkundigte sich Soren.
    „Und Spoorn und Skench und die anderen schurkischen Eulen, die sich im Sankt Äggie tummeln. So was kann man ja wohl kaum als Vögel bezeichnen!“
    „Hat Donner etwa damals versucht, Hortenses Ei zu retten?“
    Die Adlerin nickte nachdrücklich.
    „Allerdings. Es ist ihr auch gelungen, aber sie hat dabei ihre Zunge eingebüßt.“
    Soren wandte sich an Donner: „Wir haben den Kampf heimlich beobachtet. Du und dein Gefährte, ihr habt großen Mut bewiesen, als ihr Hortense geholfen habt.“
    „Die Mutige war Hortense“, entgegnete Blitz. „Sie war eine unvergleichliche Eule. Wusstet ihr schon, dass in Ambala fast jedes zweite Eulenküken Hortense genannt wird, und zwar auch dann, wenn es ein Männchen ist?“
    „Meine Güte!“, sagte Gylfie. „Dabei konnte sie den Namen nicht ausstehen. Hat sie uns jedenfalls mal erzählt.“
    „Mag sein, aber momentan schwärmt ganz Ambala von seiner großen Heldin Hortense.“
    „Was hat euch beide denn nach Kuneer verschlagen?“, erkundigte sich Morgengrau.
    „Wir sehen hier regelmäßig nach dem Rechten“, lautete Blitz’ Antwort. „Wir fühlen uns den Wüstenbewohnern sehr verbunden. Einmal, als wir gerade Jagen waren, hat nämlich eins unserer Jungen Flugversuche unternommen, obwohl es noch gar nicht flügge war. Ihr wisst ja, wie Kinder sind. Man schärft es ihnen immer wieder ein: Versucht bloß nicht zu fliegen, verlasst auf keinen Fall das Nest, wenn Mama und Papa nicht da sin d … Aber, bei meinem Schnabel, sie hören einfach nicht drauf! Die Kleine ist tatsächlich eine verhältnismäßig weite Strecke geflogen, aber weil sie nicht wusste, wie man landet, hat sie sich einen Flügelknochen gebrochen. Eine von diesen seltsamen kleinen Eulen, die hier in unterirdischen Höhlen wohnen, hat unsere Fiona dann gefunden. Die fremde Eule hat die Kleine in ihren Bau mitgenommen, sie gefüttert, getröstet und sich überhaupt rührend um sie gekümmert, bis der Bruch verheilt und Fiona wieder flugfähig war. Die Wüsteneule hat herausgefunden, wo wir wohnen, und uns die Kleine wiedergebracht. Donner und ich waren schon immer der Überzeugung, dass es auf der Welt mehr Güte als Schlechtigkeit gibt, aber dafür muss man auch etwas tun! Darum versuchen wir, die Welt ein wenig besser zu machen, jetzt, da unsere Jungen aus dem Nest sind. Wir wollen einfach Gutes tun.“
    Soren, Gylfie, Morgengrau und Digger waren baff.
    „Ich weiß gar nicht, wie ich euch danken soll“, sagte Digger schließlich leise.
    Donner nickte ein paarmal und Blitz beobachtete sie aufmerksam. „Meine liebe Frau sag t – ich verstehe sie nämlich, auch wenn sie nicht mehr sprechen kan n –, sie sagt, dass es sehr leichtsinnig ist, immerzu kreuz und quer durch die Wüste zu laufen. Was suchst du denn so verzweifelt, mein Kleiner?“
    „Meine Eltern.“ Digger erzählte den beiden Adlern, was Jatt und Jutt seinem kleinen Bruder Flick angetan hatten und wie er sich anschließend in der Wüste verirrt hatte.
    Blitz und Donner wechselten einen langen Blick, woraus Digger sofort schloss, dass die beiden wussten, was aus seinen Eltern geworden war. Donner beugte sich über den kleinen Höhlenkauz und zupfte ihm liebevoll das Gefieder zurecht.
    Blitz holte tief Luft. „Nun, mein Sohn, es tut uns furchtbar leid, aber es ist wohl das Beste, wir sagen dir, was mit deinen Eltern passiert ist. Vor eurem Bau lagen noch die ausgerissenen Federn deines kleinen Bruders, und wir haben deine verzweifelten Eltern weinen sehen. Als wir uns erkundigten, was los sei, erzählten sie uns, dass die Federn von ihrem jüngsten Sohn Flick stammten und dass auch ihre beiden anderen Söhne spurlos verschwunden seien. Donner war tief erschüttert. Sie kann zwar nicht sprechen, aber sie ist jeden Tag hergekommen und hat deiner Mutter das Gefieder geglättet wie jetzt dir. Damit wollte sie auf ihre Weise zum Ausdruck bringen: ‚Ach, meine Liebe, auch ich habe Kinder. Zwar habe ich keins meiner Jungen auf so grausame Weise verloren, aber als Mutter kann ich mich in dich hineinversetzen.‘
    Eines Tages verspäteten wir uns ein
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