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Die Legende der Wächter 1: Die Entführung

Die Legende der Wächter 1: Die Entführung

Titel: Die Legende der Wächter 1: Die Entführung
Autoren: Kathryn Lasky
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Der schaurigste Teil seiner Erzählung handelte jedoch davon, wie sich die beiden um das jüngste Küken, Diggers kleinen Bruder Flick, gezankt hatten. „Er war ein bisschen rundlich, unser Kleinster, und dann haben sie ih n … Sie haben ih n … gefressen! “ Digger schwanden abermals die Sinne und er sackte zusammen.
    Morgengrau stieß den Ärmsten mit dem Schnabel an und sagte unwirsch: „Komm scho n … Du kannst doch nicht dauernd ohnmächtig werden. Kopf hoch!“
    Soren und Gylfie trauten ihren Ohren nicht. Soren dachte im Stillen, wenn Morgengrau noch einmal „Kopf hoch!“ sagte, würde er sich auf ihn stürzen, aber es war Gylfie, die sich zu doppelter Größe aufplusterte und Morgengrau anherrschte: „Sein Bruder wurde von einer anderen Eule gefressen und dir fällt nichts Besseres ein als ‚Kopf hoch‘? Beim Glaux, hast du denn überhaupt kein Einfühlungsvermögen?“
    „Mit Einfühlungsvermögen kommt man in der Wüste nicht weit. Wenn er ständig umkippt, wird er bei Vollmond sofort mondwirr.“
    Gylfie und Soren erschauderten unwillkürlich, als sie sich an die schreckliche Behandlung in der Schlucht erinnerten. Digger dagegen kam wieder zu sich und rappelte sich unbeholfen hoch.
    Soren fragte gespannt: „Und wie bist du den Schurken entkommen?“
    „Zu Fuß.“
    „Zu Fuß?“, wiederholten Soren und Morgengrau verdattert. Der Kleine war wirklich eine äußerst merkwürdige Eule!
    „Na ja, Fliegen hatte ich noch nicht gelernt, aber wir Höhlenkäuze sind ziemlich flinke Läufer.“ Soren musterte Diggers Beine. Sie waren ungewöhnlich lang und kaum befiedert. „Ich bin um mein Leben gelaufen. Als es passierte, waren unsere Eltern auf der Jagd, und die beiden Entführer zankten sich gerade um Flick. Mein Bruder Cunny wurde schon von einem anderen Eulenmännchen fortgetragen, das sich allerdings noch einmal umdrehte und seinen beiden Komplizen zurief, dass sie Flick nicht fressen sollten. Er sprach nicht so abgehackt wie die beiden anderen, sondern mit einer Art melodischem Tingg-Tingg .“
    „Grimbel!“, riefen Soren und Gylfie aus.
    „Und dann?“, hakte Morgengrau nach. „Sind deine Eltern zurückgekommen und haben dich gefunden?“
    „Ä h … na j a … dann habe ich mich leider fürchterlich verlaufen. Ich bin so schnell und so weit gerannt wie noch ni e – und jetzt finde ich nicht mehr nach Hause. Einmal habe ich einen Bau entdeckt, der wie unserer aussah, aber meine Eltern waren nicht drin. Es war wohl nicht der richtige Bau.“ Digger setzte mit schwankender Stimme hinzu: „Anders kann es nicht sein, oder?“
    Soren, Gylfie und Morgengrau schwiegen.
    „Meine Eltern wären doch nicht einfach weggezogen! Sie hätten begriffen, dass etwas Schlimmes passiert ist, und sich auf die Suche nach uns gemacht. Einer hätte gesucht, der andere wäre zu Hause geblieben, falls wir von allein zurückkommen würden ode r …“ Eine kühle Wüstenbrise verwehte Diggers ersterbende Stimme.
    Soren spürte die Not des Höhlenkauzes im eigenen Magen. „Weißt du, Digger“, fing er an, „vielleicht sind deine Eltern ja zurückgekommen und haben da s …“, er holte tief Luft, „ … das Blut und die Federn deines Bruders im Sand gesehen. Da haben sie vielleicht gedacht, dass ihr alle drei umgekommen seid. Sie wollten dich nicht allein zurücklassen, Digger. Bestimmt haben sie angenommen, dass ihr alle drei nicht mehr am Leben seid.“
    „Ach so“, sagte Digger leise. Lauter fuhr er fort: „Das ist ja furchtbar! Meine Eltern halten mich womöglich für to t – sie halten uns alle drei für tot! Wie furchtba r … Ich muss sie unbedingt finden! Dann können sie sich davon überzeugen, dass ich nicht tot bin. Dass ich ihr Sohn bin. Inzwischen kann ich sogar fliegen.“ Doch statt die Flügel auszubreiten, lief er mit langen Schritten los.
    „He, wieso fliegst du denn nicht?“, rief ihm Morgengrau nach.
    Digger wandte den Kopf. „Gleich da drüben ist noch ein Bau. Ich will bloß mal nachsehen.“
    „Großer Glaux!“, seufzte Gylfie mitleidig. „Jetzt rennt er kreuz und quer durch die Wüste und steckt den Kopf in jede Höhle, an der er vorbeikommt.“

Wüstenschlacht

    Die ganze Nacht durchstreiften sie auf der Suche nach Gylfies Eltern die Wüste Kuneer. Nirgends war eine Spur von ihnen zu entdecken, auch nicht in der Kaktushöhle, in der die Familie vor Gylfies Entführung gewohnt hatte.
    Unterwegs dachte Soren über Sankt Äggie nach. Wie durch und durch böse die Eulen waren,
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