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Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Titel: Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)
Autoren: Mark Charan Newton
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das würde die nächste Welle schaffen. Er hörte Geschrei, und Hunderte Kaiserliche Dragoner wechselten die Marschrichtung und machten sich in den Norden der Insel auf.
    Und der Albino führte sie mit gezücktem Schwert an.
    Die Truppen stellten sich rechts und links von ihm in Reihen auf, hakten ihre Schilde ineinander und begannen auf das Metall zu trommeln. Als Kapp weiter bergab rannte, sah er noch, dass diese Truppe eine beherrschende Macht war.
    Mit diesen Leuten wollte er nicht mehr das Mindeste zu tun haben.
    Die Stammeskrieger mit ihren leuchtend weißen Knochenamuletten kletterten in endloser Reihe über die Küstenhöhe. Sie stemmten die Äxte hoch in die Luft und waren nur notdürftig in primitive Kleidung gehüllt.
    Nichts ergab einen Sinn. Eben noch waren die Dragoner auf seiner Heimatinsel drauf und dran gewesen, ein weiteres Nachbareiland unter die Fittiche des Kaisers zu bringen, doch nun war es seine Insel, deren Küste überfallen wurde. Wie Glühwürmchen verbreiteten sich in Ule die Feuer, die Menschen flohen aus dem Hauptort aufs raue Land.
    Kapp musste seine Mutter warnen.
    Mit rudernden Armen hetzte er auf sein Elternhaus zu, einen großen Holzbau, um den herum eine Herde schläfriger Ziegen weidete, die bei seinem Kommen träge davontrotteten. Er blieb stehen, als er ein seltsames Knistern hörte. Mit finsterer Miene drehte er sich rasch einmal um sich selbst, um festzustellen, woher das Geräusch gekommen war, doch es schien von überall her zu rühren und durch die Luft zu fließen. Dann nahm er kurz ein geisterhaftes Glühen wahr und hielt darauf zu.
    Neben einer Birke befanden sich zwei Gestalten. Beide waren schwarz gekleidet und im schwachen Licht kaum zu erkennen.
    Ein Mann lag unter einem Netz violetten Lichts am Boden. Der andere stand über ihm und hielt eine kleine Metallschachtel in Händen, aus der die seltsame Energie strömte. Der auf dem Boden schrie vor Schmerz und hatte ein blutiges Gesicht. Kapp wollte etwas tun. Es setzte ihm zu, einen anderen solche Qualen leiden zu sehen.
    Er hielt nach einem faustgroßen Stein Ausschau, hob zwei Granitbrocken auf und hetzte los; er schlug einen Bogen, um sich den beiden von hinten zu nähern. Der erste Stein traf den Baum.
    Der Stehende drehte sich um.
    Kapp warf den zweiten Stein und traf ihn voll am Hinterkopf. Ächzend vor Schmerz sank der Mann gegen den Baum und ließ die Schachtel fallen.
    Das netzartige Leuchten verflüchtigte sich.
    Die verletzte Gestalt erhob sich unvermittelt, schlitzte dem Angreifer mit einem Messer die Brust auf und schnitt ihm die Kehle durch. Das Opfer ging zitternd und mit vor Verwirrung oder Erstaunen aufgerissenem Mund in die Knie und kippte seitlich ins Gras.
    Der andere beugte sich keuchend über die Leiche und verbarg die Schachtel unter seinem Umhang.
    Kapp war über diesen Vorfall verblüfft. Bis auf den Wind, der über die Tundra strich, war es unwahrscheinlich still. Er empfand eine riesige Schuld und wollte wegrennen. Hatte er wirklich einem Mord Vorschub geleistet?
    Als die verbliebene Gestalt sich ihm näherte, fühlte Kapp sich plötzlich ruhig werden. Dies war ein Kultist oder ein Beamter – das war an dem Medaillon zu erkennen, das er am Hals trug. Seine Kleidung war aufwendig geschneidert, und auf der Brust war eine dezente Wappenstickerei in Rot zu sehen. Der Überlebende war dicklich, sein blondes Haar zerzaust. Kapp sah schweigend zu, wie der Kultist vor ihm niederkniete. Blutende Wunden überzogen in einem symmetrischen Muster sein Gesicht.
    »Danke, Junge! Ohne dich würde ich wohl nicht mehr leben«, erklärte die Gestalt in vollendetem Jamur. Dann nahm sie Kapps Hand und schüttelte sie. Kapp wusste nicht recht, wie er diese Geste einschätzen sollte.
    »Schon in Ordnung«, erwiderte sein Gegenüber auf Jamur, und seine strahlend blauen Augen blendeten ihn geradezu. Sie wirkten seltsam weiblich … und Bartstoppeln gab es auch keine.
    Der Mann griff in die Tasche und drückte Kapp etwas in die Hand: eine schwere Silbermünze mit einem merkwürdigen Symbol – einem Auge, aus dem Sonnenstrahlen leuchteten.
    Das Geldstück war vermutlich wertvoll genug, um das Haus zu kaufen, in dem seine Familie lebte.
    »Ich bleibe nie etwas schuldig«, fuhr der Kultist fort. »Solltest du je eine Gefälligkeit brauchen, findest du mich in Villjamur. Zeig den Leuten dort diese Münze! Frag nach mir, und man wird mich finden. Ansonsten wirst du dir davon nicht viel kaufen können. Manche dürften
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