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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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in meinem Hirn ausheckte, außer welchen ich mich auch mit sonst nichts bekümmerte. Als sich nun der Herzog aus Baiern vom Buquoy separirte, ging der Baier vor Budweis, dieser aber vor Bragoditz. Budweis ergab sich bei Zeiten und tät sehr weislich; Bragoditz aber erwartet und erfuhr den Gewalt der kaiserlichen Waffen, welche auch mit den Halsstarrigen grausam umgingen. Da nun meine Kostfrau schmeckte, wo die Sach hinaus wollte, sagte sie zeitlich zu mir: »Jungfrau Libuschka, wann ihr eine Jungfrau bleiben wollt, so müßt ihr euch scheren lassen und Mannskleider anlegen; wo nicht, so wollte ich euch keine Schnalle um eure Ehre geben, die mir doch so hoch befohlen worden zu beobachten.«
    Ich dachte: was für fremde Reden sein mir das!
    Sie aber kriegte eine Scher und schnitt mir mein goldfarbes Haar auf der rechten Seiten hinweg; das auf der linken aber ließe sie stehen, in aller Maß und Form, wie es die vornehmsten Mannspersonen damals trugen. »So, meine Tochter,« sagte sie, »wann ihr diesem Strudel mit Ehren entrinnet, so habt ihr noch Haar genug zur Zierd und in einem Jahr kann euch das ander auch wieder wachsen.« Ich ließ mich gern trösten, denn ich bin von Jugend auf genaturt gewesen, am allerliebsten zu sehen, wann es am allernärrischsten herging. Und als sie mir auch Hosen und Wamst angezogen, lernte sie mich weitere Schritte tun, und wie ich mich in den übrigen Gebärden verhalten solle. Also erwarteten wir der kaiserlichen Völker Einbruch in die Stadt, meine Kostfrau zwar mit Angst und Zittern, ich aber mit großer Begierde, zu sehen, was es doch für eine neue ungewöhnliche Kürbe setzen würde. Solches wurde ich bald gewahr. Ich will mich aber drum nicht aufhalten mit Erzählung, wie die Männer in der eingenommenen Stadt von den Überwindern gemetzelt, die Weibsbilder genotzüchtiget und die Stadt selbst geplündert worden, sintemal solches in dem verwichenen langwierigen Krieg so gemein und bekannt worden, daß alle Welt genug darvon zu singen und zu sagen weiß. Dies bin ich schuldig zu melden, wann ich anders meine ganze Histori erzählen will, daß mich ein teutscher Reuter für einen Jungen mitnahm, bei dem ich der Pferde warten und forragirn, das ist stehlen helfen sollte. Ich nennete mich Janco und konnte ziemlich teutsch lallen, aber ich ließ michs, aller Böhmen Brauch nach, drum nicht merken. Darneben war ich zart, schön und adelicher Geberden, und wer mir solches jetzt nicht glauben will, dem wollte ich wünschen, daß er mich vor fünfzig Jahren gesehen hätte, so würde er mir dessentwegen schon ein ander gut Zeugniß geben.
    Als mich nun dieser mein erster Herr zu der Compagnia brachte, fragte ihn sein Rittmeister, welches in Wahrheit ein schöner junger tapferer Cavalier war, was er mit mir machen wolle. Er antwortet: »Was andere Reuter mit ihren Jungen machen: mausen und der Pferde warten, worzu die böhmische Art, wie ich höre, die beste sein soll. Man sagt für gewiß: wo ein Böhm Kuder aus einem Haus trage, da werde gewißlich kein Teutscher Flachs in finden.«
    »Wie aber,« antwortet der Rittmeister, »wann er dies böhmisch Handwerk an dir anfing und ritte dir zum Probstück deine Pferd hinweg?«
    »Ich will,« sagt der Reuter, »schon Achtung auf ihn geben, bis ich ihn aus der Küheweid bringe.«
    »Die Baurenbuben,« antwortet der Rittmeister, »die bei den Pferden erzogen worden, geben viel bessere Reuterjungen als die Burgerssöhne, die in den Städten nicht lernen können, wie einem Pferde zu warten ist. Zu dem dunkt mich, dieser Jung sei ehrlicher Leut Kind und viel zu heikel auferzogen worden, einem Reuter seine Pferd zu versehen.«
    Ich spitzte die Ohren gewaltig, ohne daß ich dergleichen getan hätte, daß ich etwas von ihrem Discurs verstünde, weil sie teutsch redeten. Meine größte Sorg war, ich möchte wieder abgeschafft und nach dem geplünderten Bragoditz zurückgejagt werden, weil ich die Trommeln und Pfeifen, das Geschütz und die Trompeten, von welchem Schall mir das Herz im Leib aufhupfte, noch nicht satt genug gehört hatte. Zuletzt schickte sichs, ich weiß nicht zu meinem Glück oder Unglück, daß mich der Rittmeister selbst behielt, daß ich seiner Person wie ein Page und Kammerdiener aufwarten sollte; dem Reuter aber gab er einen andern böhmischen Knollfinken zum Jungen, weil er ja einen Dieb aus unserer Nation haben wollte.
    Also schickte ich mich nun gar artlich in den Possen; ich wußte meinem Rittmeister so trefflich zu
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