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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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beweget, wie man ein Exempel zu Paris hat, allwo ein Cavalier, nachdem er eine Dame betrogen und sich folgends an ein andere verheuraten wollte, wiederum zum Beischlaf gelockt, des Nacht aber ermordet, elend zerstümmelt und zum Fenster hinaus auf die offene Straß geworfen wurde. Ich muß von mir selbst bekennen, wann mich mein Rittmeister nicht mit allerhand herzlichen Liebesbezeugungen unterhalten und mir nicht stetig Hoffnung gemacht hätte, mich noch endlich ohne allen Zweifel zu ehelichen, daß ich ihm einmal unversehens in einer Occasion ein Kugel geschenkt hätte.
    Indessen marschierten wir unter des Buquoy Commando in Ungarn und nahmen zum ersten Preßburg ein, allwo wir auch unsere meiste Bagage und besten Sachen hinterlegeten, weil sich mein Rittmeister versah, wir würden mit dem Bethlen Gabor eine Feldschlacht wagen müssen. Von dannen gingen wir nach S. Georgi, Possing, Moder und andere Ort, welche erstlich geplündert und hernach verbrennt wurden. Tyrnau, Altenburg und fast die ganze Insul nahmen wir ein, und vor Neusohl kriegten wir einige Stöße, allwo nicht allein mein Rittmeister tödlich verwundet, sondern auch unser General, der Graf Buquoy, selbsten niedergemacht wurde, welcher Tod dann verursachte, daß wir anfingen zu fliehen, und nicht aufhöreten, bis wir nach Preßburg kamen. Daselbst pflegte ich meinen Rittmeister mit ganzem Fleiß, aber die Wundärzte prophezeiten ihm den gewissen Tod, weil ihm die Lung verwundet war. Derowegen wurde er auch durch gute Leute erinnert und dahin bewegt, daß er sich mit Gott versöhnet; denn unser Regimentscaplan war ein solch eifriger Seelensorger, daß er ihm keine Ruhe ließ, bis er beichtet und communicierte. Nach solchem wurde er durch seinen Beichtvatter und sein eigen Gewissen angespornt und getrieben, daß er mich im Bette mit sich copuliren ließ, welches nicht seinem Leib, sondern seiner Seelen zum besten angesehen war. Und solches ging desto ehender, weil ich ihn überredet, daß ich mich von ihm schwanger befände. So verkehrt nun gehets in der Welt her; andere nehmen Weiber, mit ihnen ehelich zu leben; dieser aber ehelichte mich, weil er wußte, daß er sollte sterben. Aus diesem Verlauf mußten die Leute nun glauben, daß ich ihn nicht als ein getreuer Diener, sondern als seine Mätreß bedient und sein Unglück beweinet hatte. Das Kleid kam mir zu der Hochzeitceremonien wohl zu Paß, welches er mir hiebevor machen lassen; ich dorfte es aber nicht lang tragen, sondern mußte ein schwarzes haben, weil er nach wenig Tagen mich zur Wittib machte. Und damals ging mirs allerdings wie jenem Weib, die bei ihres Manns Begräbnis einem ihrer Befreundten, der ihr Leid beklagte, zur Antwort gab: Was einer zum liebsten hat, führt einem der Teufel zum ersten hin.
    Ich ließ ihn seinem Stand gemäß prächtig genug begraben, da er mir nicht allein schöne Pferd Gewehr und Kleider, sondern auch ein schön Stück Geld hinterlassen; und um alle diese Begebenheit ließ ich mir von dem Geistlichen schriftliche Urkund geben, der Hoffnung, dardurch von seiner Eltern Verlassenschaft noch etwas zu erhaschen. Ich konnte aber auf fleißiges Nachforschen nichts anders erfahren, als daß er zwar gut edel von Geburt, aber hingegen so blutarm gewesen, daß er sich elend hätt behelfen müssen, wann ihm die Böhmen keinen Krieg geschickt oder zugericht hätten. Ich verlor aber zu Preßburg nicht allein diesen meinen Liebsten, sondern wurde auch in selbiger Stadt vom Bethlen Gabor belägert. Dieweil aber zehen Compagnien Reuter und zwei Regiment zu Fuß aus Mähren durch ein Strategema die Stadt entsetzet, Bethlen an der Eroberung verzweifelt und die Belägerung aufgehoben, habe ich mich mit einer guten Gelegenheit samt meinen Pferden Dienern und ganzer Bagage nach Wien begeben, um von dannen wiederum in Böhmen zu kommen, zu sehen, ob ich vielleicht meine Kostfrau zu Bragoditz noch lebendig finden und von ihr erkundigen möchte, wer doch meine Eltern gewesen. Ich kützelte mich damals mit keinen geringen Gedanken, was ich nämlich für Ehr und Ansehens haben würde, wann ich wieder nach Haus käme und so viel Pferd und Diener mitbrachte, das ich alles laut meiner Urkund im Krieg redlich und ehrlich gewonnen.

Das fünfte Kapitel
    Was die Rittmeisterin Courasche in ihrem Wittibstand
for ein ehrbares züchtiges,
wie auch verruchtes gottloses Leben geführet,
wie sie einem Grafen zu Willen wird,
einen Ambassador um seine Pistolen bringet
und sich andern mehr,
um reiche
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