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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman
Autoren: PeP eBooks
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reichen …« Endres lächelte schief, schob Jeanne hinter sich und machte eine seitliche Drehung, als Ulmann brüllend auf ihn losstürzte.
    Wie ein rasender Stier krachte der große Mann gegen den Tisch an der gegenüberliegenden Wand. Bevor die Situation eskalieren
konnte, erschien Thomas im Korridor und schüttelte missbilligend den Kopf. »Ulmann!«, fuhr er seinen Sohn an, der immerhin fünfzig Lenze zählte, doch in diesem Augenblick war er nur der Sprössling, der vom Vater gemaßregelt wurde.
    Ulmann atmete zweimal tief durch, warf Endres einen hasserfüllten Blick zu und verschwand wieder in der Werkstatt.
    Jeanne hatte sich am Wams ihres Vaters festgeklammert und ergriff nun seine Hand. »Woher rührt dieser Hass, Vater?«
    Thomas kratzte sich den weißen Bart. »Hast du es ihr immer noch nicht erzählt, Endres?«
    »Das ist eine Sache zwischen mir und Ulmann, die niemanden etwas angeht.«
    »Nicht mehr, Endres. Sie lebt nun hier im Haus und sollte verstehen, was damals vorgefallen ist, dass zwei Männer, die Brüder sein könnten, sich derart hassen.«
    »Ich hasse Ulmann nicht.«
    »Nein, du bist anders.« Thomas legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Kommt in die Stube. Wo ist Agathe? Sie soll uns warmen Gewürzwein, Brot und Wurst bringen.«
    Rasch bot Jeanne sich an: »Ich kann das übernehmen!« Sie befürchtete, dass Agathe sie sofort wieder ins Waschhaus beordern würde, wenn sie sie müßig in der Stube fände. Doch in der Küche stand Afra bereits an der großen Feuerstelle, über der zwei Kessel hingen. An einem langen Arbeitstisch saß ein Mädchen und hackte Zwiebeln. Die Küchenmagd mochte kaum zwölf Jahre alt sein. Ihre Haare waren zu Zöpfen geflochten, der Kittel schlotterte um ihren knochigen Leib.
    »Was willst du hier? Im Waschhaus wirst du gebraucht!«, fauchte Afra und hob den Deckel von einem Holzfass. Mit einem Löffel hob sie eingelegtes Kraut heraus, dessen säuerlicher Geruch Jeanne das Gesicht verziehen ließ.
    »Sei froh, dass du überhaupt was zwischen die Zähne bekommst, undankbares Geschöpf. Unser Sauerkraut ist dir nicht
gut genug, na, brauchst es nicht zu essen. Wirst dich eben mit den Klößen bescheiden.«
    Hungrig von den Stunden in der Kälte, sammelte sich Speichel in Jeannes Mund, und sie schluckte, bevor sie sagte: »Euer Schwiegervater schickt mich, Gewürzwein, Brot, Schmalz und von der guten Wurst in die Stube zu bringen.«
    Afra murmelte etwas Unverständliches, zeigte aber auf eine dunkle Wurst, die bereits auf dem Hackbrett lag. »Nimm davon und schneid dünne Scheiben vom dunklen Brot. Den Wein macht Ute warm und bringt ihn hinüber.«
    Als der würzige Duft der Wurst in Jeannes Nase stieg, merkte sie erst, wie ausgehungert sie war. Heimlich stopfte sie sich eine Scheibe in den Mund und schluckte sie nahezu unzerkaut hinunter. Die kleine Ute schüttete mit zitternden Händen Wein in einen Topf. Während sie eine Stange Zimt und eine Handvoll zerstoßener Kräuter dazuwarf, schaute sie immer wieder auf die Wurst in Jeannes Hand. Mitleidig schnitt Jeanne eine dicke Scheibe ab und schob sie der Magd zu, doch Afra schien selbst im Rücken Augen zu haben, denn der lange Löffel knallte zwischen ihnen auf den Tisch und traf dann Utes Arm.
    »Untersteh dich! Wer hat dir erlaubt, so frei mit meinem Essen umzugehen?« Drei Schläge gab Afra der armen Ute auf den Arm, der sich dunkel färbte, doch die Kleine biss die Zähne zusammen, und kein Ton kam über ihre Lippen.
    »Aber es ist doch nur ein Stückchen …«, verteidigte sich Jeanne.
    »Es ist nicht an dir, über meine Vorräte zu verfügen, und diese Magd bekommt Lohn und eine Mahlzeit am Tag. Das ist nach dem Gesetz. Du hast hier keine Sonderstellung, Madamchen, schreib dir das hinter die Ohren. Wenn ich dich beim Stehlen erwische, erhältst du eine Strafe wie jede Magd in meinem Haus!« Kalt musterte sie Jeanne. »Was dich und deinen Vater schützt, ist einzig die Großmut des alten Froehner. Nur ihm habt ihr zu verdanken,
dass ihr hier untergekommen seid, und der liebe Herrgott allein weiß, welchen Narren er an Endres gefressen hat …«
    Jeanne verkniff sich einen Kommentar, legte Wurst, Brot und eine Schüssel mit Schmalz auf ein Tablett und verließ die Küche. In der Stube fand sie Thomas vornübergebeugt und stark hustend auf einem Stuhl, ihr Vater saß mit besorgtem Blick daneben. Nachdem Thomas den Anfall überwunden und sich den Mund mit einem Tuch abgewischt hatte, lehnte er sich zurück. »Gib
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