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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman
Autoren: PeP eBooks
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Tieren Ringe durch die Nasen gezogen und daran Seile geknüpft, an denen er gelegentlich riss, obwohl die Tiere keine Anstalten machten auszubrechen. Es schien ihm Freude zu bereiten, die Tiere zu quälen.
    Im schwächer werdenden Licht des sich neigenden Tages wirkten die Häuser noch düsterer. Irgendwo bellte ein Hund, ein Kind weinte. Der eisige Wind drang selbst durch die vielen Schichten dichter Wolle und hielt die Menschen in ihren Häusern, deren Fensterläden meist zugeklappt waren. Aus einer niedrigen Kate traten zwei Männer auf die Straße. Der eine hinkte und stützte sich schwer auf einen Gehstock. Der andere, jüngere wandte sich noch einmal um und zog aus einer ledernen Umhängetasche ein kleines Bündel Kräuter und gab es der in der Tür wartenden Frau.
    »Fahrende Händler zu dieser Jahreszeit?«, fragte Endres.
    »Ph!« Friedger spuckte aus. »Der Alte heißt sich Wundarzt, ist aber nichts weiter als ein Quacksalber. Der andere ist mein Sohn. Der Taugenichts sollte arbeiten, um Geld nach Haus zu bringen, meint aber, er wäre zu was Großem auserkoren. Gelumpe!« Das letzte Wort rief Pindus so laut, dass die beiden Männer es hörten und sich umdrehten.
    Jeanne sah, wie der Wundarzt die Hand auf den Arm des Jüngeren legte, der seinem Vater einen Blick zuwarf, in dem Wut, Verachtung und Scham lagen. Als er das Kinn hob, fiel sein Blick auf Jeanne, und ihre Augen trafen sich. Er hatte ein offenes Gesicht mit klaren Zügen. Verwirrt senkte Jeanne die Lider und spürte den Blick des Unbekannten noch in ihrem Rücken, als sie schon längst vorübergefahren waren und einen Platz mit einer riesigen Eiche erreicht hatten. Der knorrige alte Baum behauptete sich stolz vor dem Haus des ältesten Mitglieds der Familie Froehner, die auch im nahen Randeck Werkstätten betrieb.
    »So, da wären wir!« Pindus hievte das wenige Gepäck, das aus zwei Ledersäcken bestand, vom Karren.

    »Zwanzig Jahre«, murmelte Endres und betrachtete die rissigen Hauswände und das eingedrückte Dach, welches notdürftig mit Stroh geflickt war. Direkt an das einstöckige Wohnhaus grenzte der Stall, aus dem lautes Quieken und Schnattern ertönte.
    »Die haben wenigstens noch ein Schwein und Federvieh. Ich weiß nicht, wie ich meine Brut durchkriegen soll. Verfressene Bande, liegen faul rum, während ich zusehen muss, wie ich die Mäuler stopfe«, beschwerte sich Friedger und warf den zweiten Sack auf die Erde, wo er scheppernd zu liegen kam.
    »Pass doch auf, Mann!«, fauchte Jeanne und kletterte vom Karren herunter. Ihr Deutsch war fehlerfrei, doch von einem französischen Akzent gefärbt.
    Endres holte einige Münzen aus einem kleinen Geldsack und ließ sie in die ausgestreckte Hand des Karrenführers fallen. »Zwanzig Groschen, wie vereinbart.«
    »Vierzig, oder ich erzähl’ überall herum, dass Ihr Hugenotten auf der Flucht seid.« Verschlagen hielt er die Hand ausgestreckt.
    »Tu, was du nicht lassen kannst. Wir sind keine Katholiken, und wir sind hier nicht in Frankreich«, sagte Endres ruhig und griff nach Jeannes zitternder Hand.
    Doch so leicht gab sich Friedger nicht geschlagen. »Nein, in Frankreich sind wir nicht, aber Ihr verkennt die Lage, werter Herr. Der Kurfürst ist kein Mann, der Andersgläubige toleriert, und jeder, der nicht dem Luthertum angehört, ist ein Ketzer!«
    »Ach, übertreib doch nicht, Mann! Wir gehören doch quasi zur selben Konfession, sind wir doch auch Reformierte«, erwiderte Endres ungeduldig.
    Friedger warf ihm einen verschlagenen Blick zu. »Ihr könnt das natürlich nicht wissen, wart Ihr doch lange fort aus der Heimat. Der gute Kurfürst ist ein sehr gläubiger Mann. In Sachsen gilt ausschließlich das Luthertum, und jeder, der das nicht beherzigt, muss die Folgen spüren.« Der Karrenführer genoss die erschreckten Mienen seiner Zuhörer sichtlich. »Ja, wer sich öffentlich zu
den Philippisten oder den Calvinisten bekennt, landet im Gefängnis oder auf der Folterbank.« Friedger legte den Kopf schief und streckte erneut die Hand aus. »Aber was rede und rede ich. Vierzig Groschen sind gewiss nicht zu viel.«
    Kommentarlos gab Endres dem Erpresser das Geld. Der grinste zufrieden. »Danke, mein Herr. Ich weiß Eure Großzügigkeit zu schätzen.«
    »Hoffentlich«, murmelte Endres, und zu seiner Tochter sagte er: »Na komm, mignonne , es wird schon werden.«
    Zweifelnd betrachtete Jeanne die ausgetretenen Stufen, die zu einer roh gezimmerten Holztür hinaufführten. Schaufel, Besen und
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