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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman
Autoren: PeP eBooks
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zutiefst verbittert und sehne den Tod herbei. Ganz Frankreich war vom Wahn des Mordens erfasst worden, die Nachrichten von immer neuen grauenvollen Massakern rissen über Monate nicht ab. Nur wenige Hugenottenführer waren entkommen. Hippolyt hatte nie viel gesprochen, aber nach Paris war er so schweigsam geworden, dass es schmerzte, seine traurige Miene und die leeren Augen zu sehen.
    Die Tänzer verneigten sich, und die Musiker waren für den Nachmittag entlassen. Jeanne erhob sich und machte sich auf den Weg in den Kräutergarten. Windsor Castle war eine von Elisabeths Lieblingsresidenzen. In den mächtigen Mauern der festungsgleichen Anlage fühlte sie sich sicher. Der kleine Kräutergarten lag am Rand der riesigen Parkanlage und der Wälder, die Windsor bis hinunter zur Themse umgaben. Hippolyt zog sich oft stundenlang in die Abgeschiedenheit der Pflanzenwelt zurück.
    Sie entdeckte die beiden Freunde kniend vor einem Beet. Voller Zärtlichkeit betrachtete sie Gerwin, der die weiche Erde um die Kräuter festdrückte. Er und sie hatten die Zeit der Ruhe in England gebraucht und sich in langen Zwiegesprächen ihre leidvollen Erfahrungen von der Seele geredet. Jeanne hatte gemerkt,
dass es ihr half, über ihre Dämonen zu sprechen, denn dadurch verloren sie an Kraft. Sie war Gerwin unendlich dankbar für seine Geduld mit ihr, wenn es um körperliche Nähe ging. Durch liebevolle Gesten und Worte, deren er nie müde wurde, lernte sie wieder zu vertrauen und zu lieben.
    »Braucht ihr Hilfe?«
    Gerwin erhob sich und wischte sich die erdigen Hände an seinem Kittel ab. »Küsst du einen Gärtner?«
    »Nur, wenn er mich morgen heiratet.« Es sollte leicht klingen, und Jeanne drückte ihm flink einen Kuss auf die Wange, doch obwohl ihr Herz vor Liebe überfloss, hielten die Schatten der Vergangenheit sie mit ehernen Krallen. Sie gab sich die Schuld am Tod ihres Kindes und erwartete, dafür bestraft zu werden. Und wenn sie Gerwins Liebe zuließe, würde etwas Furchtbares geschehen …
    »Jeanne!« Gerwin nahm ihre Hand. »Zweifelst du an morgen?«
    Sie drückte ihm die Hand. »Nein. Ich habe nur solche Angst, dich wieder zu verlieren …«
    Wortlos zog er sie an sich.
    »Müsst euch schon noch bis morgen gedulden, ihr Turteltäubchen.« Hippolyt hielt sich das Kreuz und drohte scherzend mit dem Zeigefinger.
    Jeanne machte sich von Gerwin los und hob Hippolyts Stock auf. »Es freut mich, Euch in so guter Stimmung zu finden.«
    »Danke.« Hippolyt nahm den Gehstock und kratzte sich den kahlen Schädel. »Sine amicitia vita est nulla. 43 « Er lächelte, und zum ersten Mal seit langer Zeit erreichte das Lächeln auch seine Augen. »Vergessen können wir alle nicht, und Hinriks Tod hat eine Wunde hinterlassen, die sich niemals schließen wird. Es war schwer für mich, mir eingestehen zu müssen, dass ich mich all die Jahre in Katharina getäuscht habe. Wir haben so große Hoffnung
auf diese Frau gesetzt!« Er stieß den Gehstock in den sandigen Boden. »Navarra und Condé sind konvertiert und stehen unter Hausarrest.« Mit einer unerwartet schwungvollen Bewegung beförderte er mit seinem Stock einen Stein aus einer Furche und tat einen tiefen Atemzug. »Lavendel, Salbei, Thymian! Heilende Kräuter! Viele bedürfen unserer Hilfe.« Gedankenverloren blickte er über den Garten zum Schloss. »Eigentlich hatte ich für mich beschlossen, der Politik den Rücken zu kehren.« Er legte den Kopf schief und blinzelte verschmitzt. »Aber wisst ihr, ich mag Elisabeth, sie ist eine interessante Frau …«
     
    Es war bereits dunkel und die königliche Tafel abgeräumt. Die Gesellschaft hatte sich in der Galerie versammelt, wo man den langen Gang hinauf- und hinunterspazierte, Staatsgeschäfte anbahnte, Kontakte knüpfte oder sich einfach nur amüsierte. In einer Ecke spielte jemand auf dem Clavecin, eine junge Hofdame sang ein Lied über eine verlorene Liebe. Jeanne verabschiedete sich von den Musikern und ging zu Gerwin und Hippolyt, die im Begriff waren, sich zur Nachtruhe zu begeben. Sie war enttäuscht, dass Walter Mühlich sich den ganzen Abend über nicht hatte blicken lassen.
    Gerwin hob die Hand an seine Lippen. »Ich habe schon Pläne für London, Jeanne. Nach unserer Rückkehr mieten wir uns ein Haus. Dann allerdings werde ich noch einmal nach Sachsen reisen, um etwas mit einem gewissen Ritter zu klären.«
    Ängstlich sah sie ihn an. »Muss das sein, Gerwin? Alnbeck ist unberechenbar und skrupellos. Ich habe Angst, dass er dir
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