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Die Lagune Der Flamingos

Die Lagune Der Flamingos

Titel: Die Lagune Der Flamingos
Autoren: Sofia Caspari
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heran und untersuchte im Feuerschein, ob auf der Rückseite etwas eingraviert war. CL, entzifferte sie mit einiger Mühe – ein verschnörkeltes C, das L schlang sich darum.
    Von draußen näherten sich Schritte. Mina fuhr zusammen, stopfte die Uhr zurück in die Tasche. Gerade noch konnte sie den Rock wieder über die Stuhllehne werfen und in die Vorratskammer schlüpfen, da wurde auch schon die Tür aufgestoßen.
    »Verdammt!«
    Philipp stand in der Küche über den Vorratseimer mit Frischwasser gebeugt und spritzte sich prustend Wasser ins Gesicht. Seine Handknöchel schmerzten von den Schlägen, die er ausgeteilt hatte. Die Haut war aufgeschürft. Sein Hemd war voller Blut. Das Blut des Fremden, nicht seines. Der Fremde hatte geblutet wie ein abgestochenes Schwein. Philipp sah auf seine Stiefel. Auch die hatten etwas abbekommen. Er nahm sein Halstuch und wischte die hässlichen braunroten Flecken weg. Immer und immer wieder hatte er zugetreten. Während der Fremde anfangs noch geschrien hatte, hatte er später nur noch gewimmert und schließlich nichts mehr von sich gegeben. Er, Philipp, war wie in einem Rausch gewesen, aber es hatte ihm keine Erleichterung verschafft. Irgendwann war er von einem seiner Freunde zurückgerissen worden. Philipp, du bringst ihn ja um!, hatte der gerufen.
    Da erst hatte er widerstrebend von seinem Opfer abgelassen, aber es war zu spät gewesen. Der gut gekleidete fremde Mann, der ohne Vorwarnung in sein Leben eingedrungen war, war längst tot. Keiner von ihnen hatte es bemerkt. Er war gestorben, einfach so. Was sollte man da machen …?
    Er und seine Freunde hatten den Fremden im Dreck liegen lassen und sich davongemacht. Er würde nicht der Erste sein, den man tot in einer Gasse fand. Morgen würden sie sich wieder zum Kartenspiel treffen. Gesehen hatte sie niemand, und wer sie gesehen hatte, würde sicher nicht wagen, das Maul aufzureißen.
    Ein neuerlicher Gedanke ließ Philipp grinsen, während er zusah, wie das Blut des Fremden von ihm heruntertropfte. Draußen waren schwere Schritte zu hören, dann wurde die Tür aufgestoßen, und sein Vater kam herein.
    »Du bist schon zurück?«
    »Es gab einen Unfall«, beschied Philipp ihn knapp.
    »So?«
    »Meine Freunde und ich wurden angegriffen.«
    Xaver antwortete nicht.
    »Ist Mina schon zurück?«, fragte Philipp dann.
    »Wieso?« Wie er erwartet hatte, schlich sich Misstrauen in Xavers Stimme. Auf seine Weise war der Vater doch sehr vorhersehbar.
    »Hab sie heute mit Frank Blum gesehen«, hieb Philipp genüsslich in dieselbe Kerbe.
    »Hölle und Teufel, ich habe ihr doch streng verboten, sich noch einmal mit diesem nichtsnutzigen Lumpen abzugeben. Ich glaube, ich muss diesem widerspenstigen Weib eine Lektion erteilen.«
    Ein Laut ließ Xaver und Philipp in Richtung der kleinen Vorratskammer schauen, dann wechselten Vater und Sohn einen kurzen Blick.
    »Mina, Süße«, rief Philipp, »bist du etwa da drin?«
    Sie hätten Wichtigeres zu klären, hatte er seinem Vater zugeraunt, deshalb hatte Xaver seine Stieftochter lediglich heftig geohrfeigt, nachdem sie Mina in der Vorratskammer ertappt hatten, und sie in die Scheune gesperrt. Dann waren sie beide ins Haus zurückgekehrt, saßen einander nun am Küchentisch gegenüber, eine Flasche Caña, Zuckerrohrschnaps, zwischen sich.
    Philipp zögerte. Wie sollte er es dem Vater sagen? Es gab einen, der sich in letzter Zeit zu viel herausgenommen hatte, das wussten sie beide. Und dass Xaver nicht gut auf Frank zu sprechen war, war eben nur wieder zu deutlich geworden. Wenn er es gut anstellte, konnte er also zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.
    Kurze Zeit später hatte er dem Vater sein Vorhaben erklärt. Xaver nickte und lächelte dann breit.
    »Du bist mein Sohn«, sagte er, »wirklich und wahrhaftig mein Sohn.«
    Etwas drang in Franks Unterbewusstsein, etwas Unangenehmes, das er zuerst nicht einordnen konnte: Schritte auf dem Holzboden, laute Stimmen, dann Geschrei, das Weinen seiner Mutter, die hilflose Stimme seines Vaters. Er fuhr hoch.
    Das war kein Traum, das war die Wirklichkeit. Eben gerade waren Männer ins Haus seiner Eltern eingedrungen. Er konnte Xavers und Philipps Stimmen erkennen und die von einigen ihrer Handlanger und Stiefellecker.
    »Geh aus dem Weg, Weib, wir müssen deinen Sohn mitnehmen«, war jetzt Xavers Stimme zu hören.
    »Aber er hat nichts getan, Herr Amborn, Frank ist ein guter Junge. Er hat nichts getan. Er war den ganzen Abend hier.«
    »Geh mir aus dem
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