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Die Lagune Der Flamingos

Die Lagune Der Flamingos

Titel: Die Lagune Der Flamingos
Autoren: Sofia Caspari
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aufmachte, suchte er sein Hotel auf. Er nahm ein Bad, zog sich frische Kleidung an und aß eine Kleinigkeit. Antoinette, seine junge zweite Frau, die er bald nach dem Tod seiner ersten Frau Betty nur zwei Jahre zuvor geheiratet hatte, sagte neuerdings öfter, er müsse auf seine Linie achten. Dabei war es ihre gute Küche, die ihn hatte rundlich werden lassen. Er liebte ihre salzigen und süßen Leckereien. Und er hoffte darauf, dass sie ihr gemeinsames Glück bald mit einem Kind besiegeln konnten. Vor seiner Abreise hatte Antoinette Andeutungen gemacht. Vielleicht war sie endlich guter Hoffnung. Er wünschte es sich so sehr. Er hatte Kinder immer gemocht, hatte sich stets auch einen Bruder gewünscht und war doch der Einzige geblieben.
    Claudius trat noch einmal vor den Spiegel. Sein Haar war dunkel vor Feuchtigkeit, sein Gesicht leicht gerötet, aber nicht mehr vor Anstrengung verzogen. Das Bad hatte ihm gutgetan. Er fühlte sich entspannt. Der Rücken und der Steiß schmerzten nicht mehr so stark.
    Nach kurzem Überlegen entschied er sich, noch einen Spaziergang zu machen. Claudius verließ sein Zimmer, ging die Treppe zum Empfang hinunter, grüßte den Portier und trat auf die Straße hinaus. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass sein Pferd gut versorgt war, machte er sich daran, sich ein wenig im Ort umzusehen. Er war lange nicht mehr in Esperanza gewesen. Nach dem furchtbaren Unfall vor zwanzig Jahren hatten ihm seine Eltern geholfen, andernorts sein Auskommen zu finden. Die Trennung war für sie alle schrecklich gewesen, denn sie hatten sich immer sehr nahegestanden. Danach war er noch ab und an zurückgekehrt, doch stets in großer Heimlichkeit und nur für kurze Zeit. Zu seiner zweiten Hochzeit hatte ihn seine Mutter zum letzten Mal besucht, der Vater hatte auf dem Hof bleiben müssen, auf dem es immer zu viel zu tun gab.
    Claudius stellte fest, dass Esperanza weiter gewachsen war. Gut gekleidete Menschen flanierten auf den Straßen der Stadt. Größere und kleinere Kutschen fuhren an ihm vorüber, Reiter sprengten vorbei. Claudius sah Mütter mit ihren Töchtern, Söhne, die Schabernack trieben, junge Männer und Frauen, die einander verstohlen zulächelten. Er überlegte, ob er irgendwo einkehren sollte, um etwas zu trinken. Eigentlich war es ohnehin zu spät, um zu den Eltern zu reiten. Vater und Mutter arbeiteten auch in ihrem Alter noch hart und gingen gewöhnlich früh zu Bett. Ich werde sie besser morgen aufsuchen, überlegte er. Dann würde er auch zu Irmelind und Hermann Blum gehen. Er würde versuchen, endlich etwas von dem gutzumachen, was er in einem Moment jugendlichen Leichtsinns zerstört hatte.
    Claudius blieb stehen und hing für einen Moment seinen Gedanken nach. Wie oft hatte er sich schon gewünscht, er könnte diesen einen elenden Augenblick in seinem Leben ungeschehen machen? Aber was geschehen war, war geschehen. Er hatte eine falsche Entscheidung getroffen und den Tod eines Menschen verschuldet. Vronis Tod.
    Ein Schauder überlief Claudius, dann blickte er sich um. In Gedanken versunken hatte er nicht auf seinen Weg geachtet. Jetzt befand er sich in einer weniger schönen Gegend der Stadt. Hier flanierten keine Spaziergänger mehr, keine Jugendlichen liebäugelten miteinander, keine Matrone achtete mit Argusaugen auf das Benehmen ihres Schützlings. Ein unguter, fauliger Geruch lag in der Luft. In der Gosse schlief ein Indio in Lumpen seinen Rausch aus. An eine Hauswand gelehnt wartete eine Prostituierte auf Kundschaft. Eben stolperten ein paar Männer aus einer wenig einladend aussehenden pulpería, jener typischen Gaststätte, in der auch Lebensmittel verkauft wurden. Vor einem Haus, das offensichtlich ein Bordell beherbergte, hielt ein schwarzhaariger, kräftiger junger Mann zwei grell gekleidete und ebenso grell geschminkte Frauen im Arm, küsste mal die eine, mal die andere, während ihn seine Kumpane anfeuerten.
    »He, was glotzt du denn so?«, knurrte plötzlich jemand.
    Claudius fuhr zusammen, verstand erst jetzt, dass man ihn meinte, und wandte den Blick rasch ab, doch es war zu spät. Der junge Mann, der sich eben noch mit den beiden Frauen vergnügt hatte, schob die beiden nun in die Arme seiner Begleiter. Breitbeinig und mit drohender Miene kam er auf Claudius zu.
    »He, ich rede mit dir, alter fetter Mann, was glotzt du so?«
    »Entschuldigen Sie bitte, mein Herr, ich wollte Sie gewiss nicht stören.«
    Claudius machte einen Schritt zurück, war sich jedoch
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