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Die Kundschafter

Die Kundschafter

Titel: Die Kundschafter
Autoren: Hans Kneifel
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Mondsichel war zu einer schmalen Barke geworden, die zwischen den ersten flackernden Sternen schwebte. Noch lange würde das Mondlicht nicht stark genug sein, um die Landschaft und ihre Hindernisse gut erkennen zu lassen.
    »Ja. Nach Nordwesten«, stimmte Gapolo zu. »Schließlich haben wir einen Auftrag.«
    »Den wir nicht erfüllen können. Noch nicht«, meinte Lamir. »Wir wissen im Grunde nicht viel.«
    »Doch. Eines wissen wir«, sagte Mythor. »Die Caer errichten eine magische Sperre. Noch sind es nur zehn Steinpfähle. Aber alles, was die Dämonenpriester tun, endet schließlich in Schwarzer Magie. Soviel können wir Corian berichten. Dies ist sicher.«
    »Aber da wir nur einzelne Teile des Ganzen kennen, müssen wir noch weiter durch dieses tote Land wandern.«
    Sie wickelten die Lederriemen und die Lumpen von ihren Beinen und schüttelten sich vor Ekel, als sie undeutlich die schleimigen Spuren der kleinen Bestien aus der Yarl-Furche bemerkten.
    »Das wird uns nicht erspart bleiben!«
    »Gehen wir weiter?« fragte Buruna und hielt sich an Mythors Schultern fest.
    »Ja, natürlich.«
    »Also.«
    Gapolo stieß ein heiseres Lachen voller Sarkasmus aus und sagte: »Ab morgen früh gelten wir als Geißler und Bußgänger. Falls wir diese an sich wirksame Verkleidung beibehalten wollen.«
    »Wir müssen sie beibehalten«, unterstrich Lamir das Gesagte. »Denn inzwischen wird sich das Gerücht von den Trägern der gelben Pest unter den Caer-Kriegern herumgesprochen haben. Ein perfekte Tarnung, Freunde.«
    Der Salamiter lachte noch immer und meinte: »Bisher sind wir in der Menge der verrückten Geißler nicht aufgefallen. Aber ab dem ersten Sonnenstrahl werden wir uns geißeln und dumpfe Gesänge anstimmen müssen.«
    »Für die Gesänge bin ich zuständig!« kicherte Lamir. »Ich könnte schon jetzt, nur zur Kurzweil.«
    »Eher bitte ich Mythor, dich an einen Baumstamm zu binden!« begehrte Buruna auf.
    »Du magst mich nicht!« tat Lamir beleidigt.
    Buruna beugte sich zu ihm hinüber und küsste ihn schmatzend auf die Wange. »Ich mag dich, Kleiner«, sagte sie lachend, »aber dein schauerlicher Gesang vertreibt die Wölfe.
    Ich habe in der Burg schönere Gesänge gehört. Ich kann es beurteilen. Wenn du noch zehn Jahre übst und lernst, wirst du einen passablen Barden abgeben.«
    »Gut«, versprach der Künstler. »Ich schweige vorübergehend. Aber man wird mich irgendwo zum Hofsänger berufen. Dann werde ich euch zeigen, was in meinen Fingern und meiner Kehle steckt.«
    Mythor warf angewidert den letzten Lappen ins Gebüsch und knurrte: »Zeig uns lieber den Braten, der in deinen Taschen steckt.«
    »Kein Braten«, trällerte Lamir halbwegs vergnügt. »Nur ein paar Kanten Brot und drei faulende, saure Früchte von der Ernte des letzten Herbstes. Besser als gar nichts, aber nicht gut genug für unsere fürstlichen Zähne.«
    »Das würgen wir morgen hinunter«, bestimmte Gapolo. »Heute stolpern wir mit knurrenden Mägen weiter.«
    »Nach Nordwesten!«
    Sie gingen weiter und bewegten sich entlang dem Rand eines dürftigen Waldes. Mehr und mehr Sterne erschienen am wolkenarmen Himmel. Noch immer herrschte dieser feuchte, schwer lastende Südwind mit seiner trügerischen Wärme. Schweigend, Buruna neben Mythor und Lamir neben Gapolo, tappten sie vorwärts. Sie suchten nach einzelnen Lichtern oder nach der roten Glut eines Lagerfeuers.
    Ihre Ohren fingen zahllose Geräusche auf. Aber es waren nicht die Laute, die in einem nächtlichen Wald herrschten. Nur hin und wieder rief schauerlich eine Eule. Keine Hasen oder Laufvögel huschten durch das Gebüsch. Kein hungriges Vieh brüllte auf den Weiden, die das erste Grün zeigten. In der Luft kreisten keine nachtjagenden Vögel. Es war tatsächlich ein totes, verfluchtes Stück Land, das sich beiderseits der Yarl-Linie ausbreitete.
    Nach etwa zwei Stunden sagte Mythor: »Ich fange an, mich zu fürchten. Die schlimmsten Ahnungen scheinen gerechtfertigt zu sein. Die Caer als Vertreter der Mächte der Dunkelheit verhalten sich, als wüssten sie genau, dass sie wichtige Figuren in einem gigantischen Spiel sind. Es wird tatsächlich zu einer Entscheidung von größter Tragweite werden.«
    Zwei Stunden weiter durch feuchtes Gras und zähe, abgestorbene Ranken zog Gapolo ze Chianez die Luft scharf ein. »Noch ist alles voller Geheimnisse. Aber spätestens nach der großen Schlacht werden wir wissen, woran wir sind. Die Menge der Menschen wird leiden, einzelne werden sich
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