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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten
Autoren: Manda Scott
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hatte.
    Breaca war es gewesen, die Hawks Vater getötet hatte. Dafür hatte Hawk Cunomar das Ohr abgeschnitten und war später dabei behilflich gewesen, Graine dem Prokurator auszuliefern. Breaca war sich nicht sicher, ob damit in den Augen des jungen Mannes der Gerechtigkeit Genüge getan war oder ob es noch immer Dinge zwischen ihnen gab, die er begleichen wollte.
    »Ja«, sagte Graine. »Er und Dubornos sind davon überzeugt, dass nur sie beide die Schuld tragen an... an dem, was passiert ist.« Zäh und mit winzigen Pausen dazwischen kamen die Worte über Graines Lippen. »Sie wechseln sich damit ab, auf mich aufzupassen.«
    Zwei Männer, die über ein Kind wachten, das von einer halben Zenturie von Soldaten vergewaltigt worden war. Doch egal, welche Rolle die beiden Männer in Graines Vergangenheit auch gespielt haben mochten, egal, wie sehr das schlechte Gewissen sie peinigte oder wie ernsthaft ihr Schwur auch gewesen sein mochte, so hätte Airmid sie von ihrem Dienst vor Graines Hütte abhalten müssen. Zumindest aus Breacas Sicht. Sie nahm die Hand ihrer Tochter, drehte sie herum und betrachtete die abgekauten Fingernägel, die skelettdünnen Finger und die marmorweiße Haut, unter deren Oberfläche sich das feine Geflecht der Adern abzeichnete.
    Doch die Handinnenfläche ihrer Tochter verriet Breaca rein gar nichts. Sie schloss die schmalen Finger langsam zu einer Faust und ließ den Blick über die Linien in Graines Gesicht schweifen. Graue Augen von der Farbe der Wolken nach dem Regen starrten ihr entgegen, ohne auch nur ein einziges Mal zu blinzeln.
    »Vertraust du Hawk?«, fragte Breaca.
    »Ja. Er hat geschworen, mich mit seinem eigenen Leben zu beschützen, so als wäre ich seine Schwester. Und als er mir das geschworen hat, hat er mit seiner Klinge auf den ausgestreckten Händen vor Valerius, Airmid und Gunovar von den Dumnonii gekniet, die ja auch von den Römern gefoltert wurden. Die drei sind ja noch Träumer, und sie alle glauben ihm. Warum sollte ich ihm also nicht glauben?«
    Die drei sind ja noch Träumer.
    Solch ein ernüchternder Satz, so ruhig gesprochen, so endgültig. Unbeweglich lagen die kleinen Hände auf dem Fell des Hundes. Allein Graines Selbstbeherrschung hinderte ihre Finger daran zu zittern.
    Breaca hob eine der Hände an, küsste das von feinen, bläulichen Adern überzogene Handgelenk und spürte dabei unter ihren Lippen das angespannte Pochen des Pulses. Dann verlor sie sich in ihrer Gedankenwelt, suchte nach einem Weg, um das auf ewig Zerbrochene vielleicht doch noch wieder zusammenfügen zu können, als Graine unvermittelt fragte: »Wünschst du dir noch immer, die Götter würden dich aus dem Leben erlösen?« Ihre Stimme war nurmehr ein leises Flüstern, so schwach, dass es kaum mehr wahrnehmbar war.
    »Ich habe doch nicht...«
    »Doch, du hast. Ich habe gehört, wie du es zu Airmid gesagt hast. Das war, bevor sie wussten, dass du Fieber hast, und mich aus deiner Hütte getragen haben.« Riesengroß schauten die grauen Augen zu Breaca empor. Nun hatte sich die eiserne Willenskraft verbraucht, mit der Graine ihre Hände zum Stillliegen gezwungen hatte. Ungeachtet der schmerzenden Stellen, an denen die Fesseln der Römer ihrer Mutter ins Fleisch geschnitten hatten, umklammerte Graine mit ihren kleinen Fingern Breacas Handgelenke, und mit jedem Wort, das sie sprach, verstärkte sie die Kraft ihres Griffs nur noch. »Es war nicht deine Schuld!«
    Das Gleiche hatte auch Nemain gesagt. Doch ganz gleich, ob die Worte nun aus dem Mund eines Lebenden kamen oder von einem Gott stammten - sie waren in keinem Fall leicht zu ertragen.
    Sie warteten. Alle beide, Mutter und Tochter, verharrten an einem Ort in ihren Seelen, von dem keiner erwartet hätte, dass sie ihn so rasch erreichen würden und so gänzlich ohne jegliche Vorwarnung.
    Breaca wusste nicht, was sie sagen sollte. Stattdessen löste sie ihre Hände aus Graines Umklammerung, breitete die Arme aus und legte sie sanft um ihre Tochter, die sich daraufhin mit einem kurzen, lautlosen Schluchzen an sie schmiegte. Sie klammerten sich aneinander, wie Matrosen, die in einem Sturm ertranken, den niemand hatte heraufziehen sehen.
    Breaca presste die Lippen auf den Scheitel ihrer Tochter und pustete sacht über deren Haar, um mit ihrem Atem den Schmerz fortzuhauchen, so wie sie es schon immer getan hatte, wenn ihr Kind krank war oder etwas Kostbares verloren hatte. Zwar half das in diesem Augenblick nur wenig, doch immerhin spendete die
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