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Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter

Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter

Titel: Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter
Autoren: Pierre Grimbert
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dieses Orts. Wenn ihr nicht mehr an ihn glaubt, hört er einfach auf zu sein, und zwar für alle Ewigkeit.«
    Ihre Worte waren so unerhört, so folgenschwer, dass Amanon ganz schwindelig wurde. Doch so schien es nicht allen zu gehen.
    »Nehmen wir einmal an, das würde funktionieren«, sagte Corenn. »Dann wäre Sombre nicht der Einzige, der verschwindet. Dieses Schicksal würde alle Unsterblichen treffen.«
    Eurydis nickte mit einem traurigen Lächeln, und Eryne erbleichte. Amanon schwanden die Sinne. Das konnte nicht sein – das durfte nicht sein. Ein solches Opfer konnte niemand von ihnen verlangen.
    »Das ist das Zeitalter von Ys«, fuhr Eurydis fort. »Eine Welt ohne höhere Wesen, die über die Menschen wachen oder ihre Geschicke lenken. Eigentlich dürfte es uns Götter und Dämonen gar nicht geben. Wir sind nichts als der Ausdruck eurer Ängste, Sehnsüchte, Schwächen und Fehler. Ohne dass ihr es ahnt, halten wir euch und eure Gedanken gefangen, zu Lebzeiten und nach dem Tod. Dabei sollten eure Seelen eigentlich aus sich selbst heraus Kraft schöpfen, aus der Zeit und aus dem Universum. Ihr glaubt, Gebete machten euch zu besseren Menschen? Der Wert eines Menschen bemisst sich nicht danach, ob er ein höheres Wesen verehrt oder nicht. Niemals habe ich von den Sterblichen verlangt, dass sie mir Tempel bauen, Lobgesänge auf mich anstimmen oder mich in welcher Gestalt auch immer anbeten. Ich wünsche mir nur, dass die drei großen Tugenden Einzug in die Welt halten: Wissen, Toleranz und Frieden.«
    Ihre Worte schienen die Erben nachdenklich zu stimmen. Amanon hatte nur Eryne im Sinn. War das etwa die Belohnung für all die Opfer, die sie erbracht hatte – von ihren eigenen Gefährten in den Tod geschickt zu werden? Begriffen die anderen denn nicht, dass seine Geliebte zusammen mit ihren unsterblichen Brüdern und Schwestern verschwinden würde, wenn sie dieses aberwitzige Vorhaben in die Tat umsetzten?
    »Eins verstehe ich nicht«, warf Leti ein. »Hätte sich das Jal dann nicht schon auflösen müssen, als die letzten Etheker starben?«
    »Das wäre nur passiert, wenn sie seine Existenz verleugnet hätten«, erklärte Eurydis. »Als sich ihre Kultur weiterentwickelte, vergaßen die Etheker zwar ihre alten Riten, sagten sich aber nie bewusst von ihnen los. So nahmen die Gärten des Dara und die Unterwelt des Karu nach wie vor die Seelen der Verstorbenen auf und brachten neue Götter und Dämonen hervor. Deshalb führt Nol alle zehn Generationen eine Abordnung von Menschen ins Jal, jene weisen Gesandten, von denen auch ihr abstammt. Er selbst kennt den Grund für diese Mission nicht, aber sie macht ihn zum wichtigsten Wegbereiter des Zeitalters von Ys. Hätte Nol der Lehrende den Sterblichen nicht immer wieder die Wiege der Götter gezeigt, wären wir jetzt nicht hier. Niemand außer euch weiß von den beiden Hälften des Jal, ihr seid nun alle zur selben Zeit am selben Ort versammelt. Der Beginn des Zeitalters der Harmonie hängt von eurer Entscheidung ab.«
    »Warum habt Ihr uns das alles nicht schon früher offenbart?«, fragte Grigän. »Das hätte uns viel Unglück und Leid erspart!«
    »Das war mir nicht möglich«, erklärte Eurydis. »Ich habe nicht die Macht, in die Zukunft zu sehen. Alles, was ich weiß, verkündeten mir die Undinen bei meinem einzigen Besuch im Karu. Sie prophezeiten, eines Tages werde eine Kette schicksalsträchtiger Ereignisse dazu führen, dass ich zum dritten Mal in die Welt der Sterblichen gerufen würde – zum dritten und letzten Mal. Wäre ich zu früh erschienen, hätte ich damit den Beginn des Zeitalters von Ys für immer verhindern können.«
    Die Göttin wirkte aufrichtig, und die Erben blickten verlegen zu Boden. Für Amanon hingegen war Eurydis nichts als eine Unglücksbotin. Eryne, die neben ihm stand, zitterte am ganzen Körper. Sie hatte sofort begriffen, welche Folgen eine Verleugnung des Jal haben würde.
    In Amanon wallten Trotz und Empörung auf, und er musste die Zähne zusammenbeißen, um Eurydis, die offensichtlich nur so tat, als wollte sie ihnen helfen, nicht wüst zu beschimpfen. Sombre, Eurydis, Mishra und Konsorten konnten sich gern in Luft auflösen, ihr Schicksal war ihm gleich! Aber nicht Eryne, nicht seine geliebte Eryne, und auch nicht das Kind, das in ihr heranwuchs.
    »Was würde denn geschehen, wenn wir das Jal verleugnen?«, fragte Corenn. »Würdet Ihr leiden?«
    Für einen flüchtigen Augenblick huschte Furcht über das Gesicht der Göttin.
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