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Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter

Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter

Titel: Die Krieger 5 - Das Labyrinth der Götter
Autoren: Pierre Grimbert
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sich durch das Gedankenchaos im Kopf ihres Freundes und versuchte, es zu entwirren. Allmählich ließen ihre Kräfte nach, dabei war sie noch keinen Deut vorangekommen. Aber sie durfte jetzt nicht aufgeben. Wenn es ihr nicht gelang, Cael in den nächsten Augenblicken zurückzuholen, würde sie ihn für immer verlieren.
    Obwohl der Kampf, den sie führte, für ihre Freunde unsichtbar war, hatte Niss das Gefühl, dass alle Hoffnungen auf ihr ruhten. Alle hatten etwas zu ihrem Sieg beigetragen, und nun war sie an der Reihe. Auch bei ihrem Kampf ging es um Leben und Tod, doch Dezille um Dezille verstrich, ohne dass sie etwas erreichte.
    Schließlich überkam Niss tiefe Verzweiflung. Das alles war so schrecklich ungerecht. Warum musste Cael für Saats Untaten büßen? Woher hatte sich Sombre das Recht genommen, in seinen Geist einzudringen und einen Dämon in ihm zu erschaffen? Wer gab ihm das Recht, ihn mit einem solchen Fluch zu belegen?
    Jetzt, da Sombre endlich besiegt war und die Erben alle Kämpfe überlebt hatten, hätten sie sich eigentlich jubelnd in die Arme fallen, ihre Wunden verbinden und Zukunftspläne schmieden sollen. Stattdessen beugten sie sich über den reglosen Körper des Jungen, dem sie ihr Leben verdankten, und mussten zugleich fürchten, dass er sich voller Hass auf sie stürzte, sobald er aufwachte - und die Einzige, die vielleicht etwas dagegen tun konnte, war am Ende ihrer Kräfte. Niss spürte, wie Übelkeit in ihr aufstieg: der bittere Geschmack der Niederlage.
    Als sie erkannte, wie schwach und hilflos sie war und wie vergeblich sie sich abmühte, ließ ihre Konzentration nach. Mittlerweile machte Niss nur noch aus Prinzip weiter, ohne jede Hoffnung, etwas an Caels Schicksal ändern zu können. Wenn sie an seine trauernden Eltern dachte, hatte sie das Gefühl, schwere Schuld auf sich geladen zu haben, weil sich Cael für die Erben geopfert hatte. Niemals hätte sie behaupten dürfen, Cael retten zu können. Warum war sie auf diesen verrückten Plan verfallen, bei dem Cael sein Leben aufs Spiel setzte? Sein Los war schlimmer als der Tod: Sein Geist verschmolz mit dem des Dämons und würde niemals im Dara ewigen Frieden finden.
    Bei dieser Vorstellung steigerte sich die Übelkeit, die sie empfand, zu einem regelrechten Brechreiz. Doch der Gedanke an ihre eigenen Erfahrungen mit dem Tod hatte sie auf eine Idee gebracht. Trotz ihrer Verzweiflung glomm ein schwacher Funke der Hoffnung in ihr auf, der ihr einen möglichen Ausweg wies.
    Ihr war wieder eingefallen, dass sich der Geist eines Gottes oder Dämons aus den Seelen der Sterblichen zusammensetzte, die sich mit ihm vereinigt hatten – wie ein Stoff, der aus unzähligen Fäden gewoben ist. Und offenbar war Caels Seele gerade dabei, sich in das komplexe Gewebe einzufügen, aus dem der Geist des Dämons bestand.
    Noch einmal nahm Niss alle Kraft zusammen und konzentrierte sich auf einen winzigen Punkt im Geist des Dämons, einen Punkt, der eigentlich zu klein war, um den Ausschlag zu geben. Plötzlich machte sie in dem Persönlichkeitsgeflecht einen einzelnen Faden aus. Sie richtete ihren Willen darauf und schaffte es, ihn aus dem Gewebe herauszulösen.
    Ermutigt von diesem ersten Erfolg zupfte sie an einem zweiten und dritten Faden, bevor sie wie im Fieber wahllos alle Fäden herausriss, derer sie habhaft werden konnte. Bald entfernte sie ganze Stränge, ohne dabei auf nennenswerten Widerstand zu stoßen. So löste sie den Geist des Dämons Stück für Stück auf, und er war machtlos dagegen, weil er nicht jede einzelne Faser zugleich verteidigen konnte. Zwar schlug ihr immer wieder seine blanke Wut entgegen, aber Niss würde weitermachen, bis die Erschöpfung sie überwältigte.
    Bald wehrte sich der Dämon so heftig, dass er jeden Moment aufzuwachen drohte. In fieberhafter Eile setzte Niss ihr Zerstörungswerk fort. Wenn er die Augen zu früh aufschlug, würde er keine Gnade kennen und sie töten. Sie begann, ganze Flächen seines Bewusstseins aufzulösen, und nahm sich immer größere Teile vor, bis sie irgendwann den Geist in seiner Gesamtheit ins Visier nahm. Mittlerweile war er auf die Hälfte seiner ursprünglichen Größe geschrumpft. In einem letzten verzweifelten Kraftakt verbannte sie den Dämon in den hintersten Winkel von Caels Kopf und ließ die Persönlichkeit des Jungen ihren ursprünglichen Platz einnehmen.
    Als sie sicher war, dass sich das Kräfteverhältnis nicht wieder ändern würde, zog sich Niss behutsam zurück und
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