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Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin

Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin

Titel: Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin
Autoren: Pierre Grimbert
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kleinen Wink an den Galgen zu bringen, und der Mann schien durchaus in der Stimmung, von seinem Privileg Gebrauch zu machen.
    »Du bist also derjenige, der die Gabiere beobachtet hat?«, vergewisserte sich der Besucher, den der Aufstieg kaum aus der Puste gebracht hatte. Gilas nickte hastig und bereute plötzlich, sich in die Sache eingemischt zu haben.
    »Du hast dem Hafenmeister Bericht erstattet. Deine Geschichte kam mir zu Ohren.
    Erzähl mir genau, was du gesehen hast.«
    Der Wärter leckte sich über die Lippen und schluckte. Er hatte das ungute Gefühl, dass er bei einer falschen Antwort viel mehr als nur seinen Posten verlieren würde.
    »Nun ja … Es war kurz nach dem heftigen Gewitter, im vierten Dekant. Auf dem Meer war nicht viel los. Wenn ein Unwetter heraufzieht, kehren die meisten Schiffe in den Hafen zurück oder laufen erst gar nicht aus. Nach dem Regen sah ich dann diese Gabiere, die mit vollen Segeln durch die Wellen brach, und beobachtete durch mein Fernrohr, wie ein paar Kerle an Deck Leichen ins Wasser warfen! Mindestens zehn Leichen!«
    »Das weiß ich doch längst«, sagte der Fremde unwirsch. »Wie viele Männer waren es?
    Waren sie verletzt? Und waren unter den Toten Frauen?«
    »Also Frauen habe ich keine gesehen. Da war so ein großer Kerl, ein richtiger Hüne.
    Und ein jüngerer, ganz in Schwarz. Verletzt sahen sie nicht aus. Jedenfalls hatten sie keine Mühe, die Leichen über die Reling zu werfen.«
    Das Gesicht des Besuchers verfinsterte sich.
    Plötzlich wurde Gilas klar, dass er weder Name noch Stand seines Gastes kannte und eigentlich auch nicht wusste, mit welchem Recht er ihn verhörte. Dennoch hätte er nicht einmal gewagt, ihn nach der Farbe des Himmels zu fragen, so eingeschüchtert war er. Da fiel ihm etwas ein. »Ich kenne den Namen des Schiffes«, sagte er und hoffte, sein Gegenüber damit etwas versöhnlicher zu stimmen. »Es hieß
Rubikant
und segelte unter lorelischer Flagge.«
    »Auch das weiß ich bereits«, antwortete der Mann schroff. »Kannst du mir wenigstens sagen, in welche Richtung sie unterwegs waren?«
    Gilas fand seine Zuversicht wieder – endlich konnte er sich als nützlich erweisen.
    »Besser noch«, sagte er mit stolzgeschwellter Brust. »Ich kann herausfinden, welchen Hafen sie ansteuern.«
    Der Fremde beäugte ihn skeptisch. Zum ersten Mal schien er ganz genau zuzuhören.
    »Darin bin ich richtig gut«, fuhr Gilas fort. »Hier kommen so viele Schiffe vorbei …
    Wenn man die Anhaltspunkte beachtet, also die anderen Leuchttürme und Inseln, braucht man nur zu schätzen, in welcher Entfernung das Schiff daran vorbeifährt, und dann auf der Karte eine Linie ziehen.«
    »Erinnerst du dich denn überhaupt an den Kurs der Gabiere?«, fragte der Besucher zweifelnd.
    »Na sicher. Ich habe ihr nachgesehen, bis sie nur noch ein winziger Punkt am Horizont war. Auf Anhieb würde ich sagen, dass sie nach Yerim oder Tal Raset unterwegs ist, aber das lässt sich rasch überprüfen.«
    Er holte ein paar Pergamentrollen hervor, fegte mit dem Arm Brotkrumen und Essensreste vom Tisch und breitete dann eine große Seekarte aus, die noch aus der Zeit stammen musste, in der der Leuchtturm errichtet worden war.
    »Seht Ihr?«, fragte er aufgeregt, während der Fremde ihm über die Schulter sah. »Sie sind in dreihundert Schritt Entfernung am Hühnerfelsen vorbeigefahren und eine gute Meile an Zelanos. Wenn man die Linie weiterfuhrt, landet man …«
    Als sein schwarzer Fingernagel über die Karte glitt, verflog seine Begeisterung.
    »Ich muss mich geirrt haben«, murmelte er verlegen. »Diese Insel kann es nicht sein, da gibt es nichts, nicht mal eine armselige Fischerhütte. Vielleicht müssen wir etwas tiefer ansetzen.«
    Der Besucher beugte sich über die Karte und starrte gedankenverloren auf die Insel.
    Dann sah er hoch und bedachte Gilas mit einem forschenden Blick. »Als du Meldung machtest, wolltest du unbedingt mit einem gewissen Guery sprechen. Warum?«
    »Na ja … Er arbeitet wie die anderen in der Hafenmeisterei, aber … Es heißt, er sei mit Leuten von der Grauen Legion bekannt. Schließlich sind Leichen ins Wasser geworfen worden. Ich dachte, es sei vielleicht irgendwie wichtig.«
    »Du hast richtig gehandelt«, beschied ihm der Fremde. »Du wirst belohnt werden.«
    Ohne ein weiteres Wort griff er nach der Seekarte und verließ den Raum. Als Gilas wieder allein war, beglückwünschte er sich zu seiner Gerissenheit. Bald würde er ein besseres Leben führen,
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