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Die Kreuzfahrerin

Die Kreuzfahrerin

Titel: Die Kreuzfahrerin
Autoren: Stefan Nowicki
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die Beine, und langsam zirkulierte in ihnen wieder das Blut, was, auf dem Rücken liegend, durch den Druck des Kindes verhindert worden war. Sie riss noch einige Stengel des Krauts ab und setzte dann vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Der Weg zurück ins Lager schien ihr sehr mühsam, und als sie endlich die Bahnen ihres Zeltes teilte und in das Halbdunkel unter deren Stoff trat, hätte sie sich am liebsten auf ihr Lager fallen lassen, um einfach zu schlafen. Außer dem schweren Duft nach Parfum und Kräutern sowie nach Blut, Schweiß und anderen Ausdünstungen schlug ihr auch die Stimme Hildes entgegen.
    „Man soll es nicht glauben, dick wie ein Weinfass, aber auf Wanderschaft wie eine Ameise.“ Die lachenden Worte der Freundin machten ihr augenblicklich klar: An Schlaf war jetzt nicht zu denken. „He du Ameise, wo bist du gewesen? Ich war drauf und dran, das Lager auf die Suche nach dem Geburtsort deines Kindes zu schicken, doch leider leuchtet uns an diesem Nachmittag kein Stern.“ Wie immer kleidete Hilde ihre Sorgen in ungelenke Scherze, dennoch musste Ursula lächeln und konnte gar nicht anders, als sich trotz ihrer Mattigkeit auf ein Wortgeplänkel mit der Genossin einzulassen. „Oh langsam, langsam, du große Feldherrin und Amme, ich werde kein Jesuskind gebären, und ich habe es weiß Gott nicht jungfräulich empfangen.“ Hilde lachte auf. „Nein, nein, mein Kind, eine Heilige bist du wahrlich nicht. Wo warst du also?“
    „Draußen, ein paar Kräuter sammeln.“ Ihre Worte stützend hob Ursula die Hand mit dem Sträußchen hoch und machte sich gleich daran, Wasser für einen Sud zu bereiten. Sie lächelte ihrer Freundin über die Schulter zu. „Willst du auch etwas davon? Er beruhigt.“
    „Ha, gib mir gleich fünf Krüge voll. Wie soll ich ruhig sein, wenn du in deinem Zustand einfach so verschwindest. Herrje, hätte ich dich doch nie in mein Zelt aufgenommen. Nur Sorgen habe ich mit dir.“
    Laut lachte Hilde auf und versuchte trotzdem, eine mitleiderregende Miene aufzusetzen. Das misslang ihr aber so sehr, dass auch Ursula trotz aller Erschöpfung laut mitlachen musste. Lachend fielen sich die beiden Frauen in die Arme.
    „Man möchte meinen, wir befinden uns nicht in feindlichem Land auf einer Pilgerreise, sondern auf einer fröhlichen Sommerfahrt in heimatlichen Auen, wenn man an diesem Zelt vorübergeht“, dröhnte es von draußen, und nur einen Augenblick später tauchte ein Topfhelm zwischen dem Zeltstoff des Eingangs auf, und darunter das unrasierte Gesicht Roderichs. „Darf man eintreten zu euch, ihr fröhlichen Weiber?“
    Ursula und Hilde hatten erschrocken voneinander gelassen, und auch ihr Lachen war verstummt, als der tiefe Bariton des Ritters ihre Ohren überraschte. Hilde fand als erste ihre Sprache zurück. „Herr Roderich. Tretet ein, tretet ein. Keiner ist uns in diesen Tagen willkommener als Ihr.“ Schnell zog sie einige Kleidungsstücke vom einzigen Stuhl und bot den freigewordenen Platz an. Roderich trat ein, machte allerdings keine Anstalten, sich zu setzen. Statt dessen trat er zu Ursula, küsste sie auf die Wange und strich ihr mit einer Hand über den Bauch. „Wie geht es dir? Du siehst sehr erhitzt aus?“
    Ursula lächelte. „Ich war draußen, um mir einige Kräuter zu holen. Aber es geht schon. Das Kleine plagt mich, es wird wohl bald kommen.“
    „Oh, lass dir noch etwas Zeit. Arqa wird fallen. In ein, zwei Tagen habt ihr ein festes Dach über dem Kopf. Die Männer sind hungrig und haben großen Durst, keiner wird sie lange aufhalten können.“
    „Gerne warte ich so lange, ob allerdings das Kind soviel Vernunft aufbringt, kann ich dir nicht versprechen.“ Das Wasser über der kleinen Feuerstelle begann zu sieden, und Ursula fügte die von den Stengeln gezupften Blätter der Kräuter hinzu.
    Roderich setzte sich auf den Stuhl. Auch er wirkte müde. Jetzt, da er saß und die Unterarme auf dem Tisch abgelegt hatte, merkte er, dass seine Rechte zitterte. Stundenlang hatte sie den Griff des Schwertes umklammert, nun, von dieser Last befreit, kam sie auch noch nicht zur Ruhe. Hilde stellte einen hölzernen Becher vor ihn hin und füllte ihn mit Wasser und Wein. „Hier trinkt, oder möchtet Ihr auch einen Kräutersud?“, feixte sie, nahm sich auch einen Becher und setzte sich auf den Schemel Roderich gegenüber. Ursula hob den Kessel vom Feuer, stellte ihn ab und kam auch zum Tisch. Langsam ließ sie sich auf den Schemel sinken.
    „Nein, bleib mir weg mit
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