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Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie
Autoren: Chuck Palahniuk
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plötzlich verschwunden.
    Es ist in ihn reingerutscht. Komplett. So tief rein, dass er es nicht mal mehr in seiner Pissröhre spürt.
    Von unten schreit seine Mom, er soll zum Essen kommen. Auf der Stelle, sagt sie. Der mit dem Wachs und der mit der Möhre sind zwei verschiedene Jungen, aber wir führen alle so ziemlich dasselbe Leben.
    Nach dem Essen kriegt der Junge Bauchschmerzen. Ist ja nur Wachs, denkt er, vielleicht schmilzt das Zeug, und er pinkelt es einfach wieder raus. Dann kriegt er Schmerzen im Rücken. In den Nieren. Er kann nicht mehr aufrecht stehen.
    Der Junge spricht von seinem Krankenhausbett ins Telefon, und im Hintergrund hört man Glocken bimmeln und Leute kreischen. Gameshows.
    Die Röntgenbilder zeigen die Wahrheit, ein geknicktes, langes dünnes Ding in seiner Blase. Dieses lange dünne V in ihm zieht die Mineralstoffe in seiner Pisse an. Es bedeckt sich mit Kalziumkristallen, wird immer größer und rauer, es wandert hin und her und schlitzt die weiche Innenseite seiner Blase auf. Die Pisse läuft nicht mehr ab und staut sich bis in die Nieren. Das bisschen, das noch aus seinem Schwanz tröpfelt, ist blutrot.
    Dieser Junge und seine Eltern, seine ganze Familie, betrachten mit dem Arzt und den Schwestern das schwarze Röntgenbild und sehen das große, leuchtend weiße V darin, und jetzt kann er nur noch die Wahrheit sagen. Wie die Araber wichsen. Was sein großer Marine-Bruder ihm geschrieben hat.
    Am Telefon fangt er jetzt an zu weinen.
    Die Blasenoperation bezahlten sie von seinem College-Stipendium. Und wegen dieser einen Riesendummheit kann er jetzt nicht mehr Anwalt werden.
    Etwas in sich reinstecken. Sich selbst in etwas reinstecken. Eine Kerze in deinen Schwanz oder deinen Kopf in eine Schlinge. Wir wussten, das würde uns in große Schwierigkeiten bringen.
    Perlentauchen. So nannte ich das, was mich in Schwierigkeiten brachte. Wichsen unter Wasser, im Swimmingpool meiner Eltern. Einmal tief Luft geholt, tauchte ich auf den Grund am tiefen Ende des Pools und zog die Badehose aus. Und saß dann da, zwei, drei Minuten lang.
    Allein vom Wichsen bekam ich ein ungeheures Lungenvolumen. Wenn ich das Haus für mich allein hatte, tat ich das den ganzen Nachmittag. Und wenn ich mein Zeug endlich abgespritzt hatte, mein Sperma, schwebte es in dicken milchigen Klümpchen um mich herum.
    Danach musste ich wieder tauchen, um das alles einzusammeln. Um es einzufangen und jede Hand voll in einem Handtuch abzuwischen. Deswegen habe ich es Perlentauchen genannt. Obwohl das Wasser chloriert war, machte ich mir wegen meiner Schwester Sorgen. Und, großer Gott, wegen meiner Mutter.
    Das war meine größte Angst überhaupt: meine jungfräuliche kleine Schwester, sie denkt, sie wird bloß fett, und auf einmal kriegt sie ein schwachsinniges Kind mit zwei Köpfen. Und beide Köpfe sehen so aus wie ich. Ich, Vater UND Onkel zugleich.
    Aber so, wie du dir das in deinen Ängsten ausmalst, kommt es ja nie.
    Das Beste am Perlentauchen war das Einlassventil des Filters und der Umwälzpumpe. Das Beste war es, mit nacktem Arsch darauf zu sitzen.
    Wie die Franzosen sagen würden: Wer lässt sich nicht gern am Arsch lutschen?
    Trotzdem: Eben noch bist du bloß ein Junge, der sich einen runterholt, und im nächsten Augenblick kannst du nie mehr Anwalt werden.
    Eben noch sitze ich am Grund des Swimmingpools, und über mir wabert durch drei Meter Wasser der hellblaue Himmel. Die Welt ist still, bis auf den Herzschlag in meinen Ohren. Meine gelbgestreifte Badehose habe ich mir zur Sicherheit um den Hals geschlungen, nur falls ein Freund, ein Nachbar oder sonst wer auftaucht und mich fragen will, warum ich nicht zum Football-Training komme. Umspielt vom steten Saugen des Einlassventils, rutsche ich mit meinem dünnen weißen Hintern darauf herum.
    Eben noch habe ich genug Luft in den Lungen und meinen Schwanz in der Hand. Meine Eltern sind arbeiten, meine Schwester ist beim Ballett. Ich habe Stunden für mich allein.
    Immer wenn ich kurz vorm Abspritzen bin, höre ich auf.
    Schwimme nach oben und hole tief Luft. Tauche wieder runter und setze mich auf den Boden. Immer und immer wieder.
    Deswegen wollen sich wohl auch Mädchen bei dir aufs Gesicht setzen. Der Sog fühlt sich an wie ein endloser Schiss. Wenn ich so einen harten Schwanz habe und mir der Arsch ausgelutscht wird, brauche ich keine Luft. Den Herzschlag in meinen Ohren, bleibe ich unten, bis mir grelle Sterne vor den Augen wimmeln. Die Beine ausgestreckt, die
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