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Die Königsmacherin

Die Königsmacherin

Titel: Die Königsmacherin
Autoren: Martina Kempff
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sich ja, wenn du mit ihm reist. Natürlich wird er nach dem Tod seines Vaters viel zu tun haben. Als es noch einen König gab, war der major domus Führer der berittenen Leibgarde und hat sich um die Erziehung der Prinzen gekümmert. Heute ist er Herr der Gutsverwaltung, der Gerichte, der Finanzen und aller anderen wesentlichen Einrichtungen des Reiches. Eigentlich regiert er, ist ein richtiger Unterkönig.«
    »Ein richtiger König wäre mir lieber.«
    »Vorsicht«, sagte Charibert lachend. »Dämpfe deinen Ehrgeiz, Bertrada! Als der Hausmeier Grimoald vor fast hundert Jahren versuchte, seinen Sohn Childebert zum König krönen zu lassen, wurden beide hingerichtet!«
    »Damals gab es ja auch noch einen anständigen Merowingerkönig«, warf Gräfin Gisela ein. »Einen Vorteil hätte es allerdings, wenn du Pippin heiratest. Er soll sich oft in Saint Denis aufhalten, und das ist ja wirklich nicht weit von hier.«
    Bertrada nickte. Die Nähe zum Elternhaus machte Pippin für sie um einiges begehrenswerter, als es ein richtiger König am Ende der Welt je hätte sein können.
    Der Graf kam mit dem Abgesandten des Hausmeiers überein, den Verlobungsbund kurz zu halten. Dafür sprachen das Alter der Brautleute, der gesundheitliche Zustand von Pippins Vater – nach Karl Martells Ableben warteten auf den Sohn schließlich große Aufgaben – und die Tatsache, daß die Abstammungsverhältnisse keiner Klärung bedurften. Ein Bote wurde nach Saint Denis geschickt, um Pippin über die Ankunft seiner Braut zu unterrichten und ihm für die reichen Gaben zu danken, die seine Bewerbung begleitet hatten. Im Hause des Grafen von Laon wurden Vorbereitungen für die Reise und für Bertradas Zukunft getroffen.
    Doch zwei Tage vor dem angesetzten Aufbruch stürzte der Graf ausgerechnet von jenem hochgezüchteten Hengst, den er seinem künftigen Schwiegersohn als Geschenk hatte mitbringen wollen, und brach sich ein Bein. Da inzwischen das Gefolge des Bräutigams eingetroffen war, das Bertrada nach Saint Denis geleiten sollte, lehnte Charibert von Laon eine Verlegung des Hochzeitstermins ab. »Ein gegebenes Versprechen bricht man nicht«, sagte er und forderte seine Frau auf, Bertrada zu begleiten.
    Gisela Gräfin von Laon, die schon einmal erlebt hatte, wie ihr Gemahl nach einer Verletzung nur knapp dem Tod entronnen war, weigerte sich jedoch. Sie vertraute ihren eigenen Heilkünsten mehr als denen der Ärzte. Gern hätte sie auch ihre Tochter auf diesem Gebiet einiges gelehrt, aber Bertrada hatte immer wieder zu erkennen gegeben, daß sie Heilpflanzen langweilig fand. Das kränkte die Mutter, die sich viel auf ihre botanischen Kenntnisse zugute tat. Um die Tochter doch noch auf die Natur einzustimmen, hatte Gisela bei ihrem Mann um Unterstützung nachgesucht, aber den schien es eher zu freuen, daß seine Tochter kein Interesse für die Welt der Kräuter an den Tag legte.
    »Sie versteht viel von Pferden. Welcher Vater kann so etwas schon von seiner Tochter behaupten?«
    Für Gisela war das wie ein Schlag ins Gesicht. »Sag doch gleich, daß du lieber einen Erben gehabt hättest!« fuhr sie ihren Mann an. Kein Gedanke hatte Charibert ferner gelegen. Betroffen sah er seine Frau an. Er nahm ihre beiden Hände in seine und schüttelte den Kopf.
    »Nein«, murmelte er. »Aber es ist wohl an der Zeit, daß ich dir erzähle, was mir die Hexe damals außerdem noch gesagt hat. Zum Glück hat sie sich auch in dieser Hinsicht geirrt.«
    Mit Tränen in den Augen winkten die Eltern der Tochter nach, als sie nach Tagesanbruch in die von zwei edlen Stuten getragene, mit Samt ausgeschlagene vergoldete Sänfte stieg, die Pippin seiner Braut als Reisefahrzeug geschickt hatte. Am Hof des Grafen hatte das ungewöhnliche Transportmittel mit dem Baldachin großes Aufsehen erregt, aber Bertrada war darüber alles andere als glücklich gewesen.
    »Bei dieser Hitze in einem geschlossenen Bett unterwegs!« hatte sie gemurrt. »Warum kann ich nicht reiten wie die anderen auch? Ich bin noch nie in einer Sänfte gereist.«
    »Du hast ja auch noch nie geheiratet«, hatte ihr Vater spöttisch erwidert. »Du bist doch nur zwei, höchstens drei Tage unterwegs! In Saint Denis kannst du wieder nach Herzenslust ausreiten. Pippin soll sich sehr darüber gefreut haben, daß du eine begeisterte Reiterin bist. Deshalb hat er dir auch den arabischen Wallach geschickt.«
    Auf dem nun Leutberga saß, wie Bertrada voll Groll feststellen mußte. Nicht daß sie ihrer Freundin ein
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