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Die Koenigin der Rebellen

Die Koenigin der Rebellen

Titel: Die Koenigin der Rebellen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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mehr. Vor ihm lag jetzt eine eng gewundene, schmale Treppe, die in halsbrecherischem Winkel in die Tiefe führte. Die Stufen bestanden aus nacktem Stahl, der schon vor zwanzig Jahren begonnen hatte, Rost anzusetzen, und das Licht war so schwach, daß es nur wenige Meter weit in die Tiefe fiel; alles, was darunter lag, war selbst für Kyles überscharfes Sehvermögen unsichtbar. Er schätzte, daß er gute zehn Minuten brauchen würde, um diese Treppe zu überwinden, selbst im Laufschritt. Es gab Aufzüge, aber Kyle spürte instinktiv, daß er sie besser mied. Er war keinem lebenden Wesen begegnet, seit er die Schleuse verlassen hatte. Kyle fiel in einen leichten Trab, bei dem er immer drei Stufen auf einmal nahm, während er die Treppe hinunterstürmte. Seine Schritte erzeugten dröhnende, unheimlich nachhallende Echos auf der gewaltigen Eisenkonstruktion. Er brauche länger als die veranschlagten zehn Minuten, um das Ende der Treppe zu erreichen. Zweimal verließen ihn die Kräfte, er mußte stehenbleiben und warten, bis sich sein rasender Herzschlag wieder einigermaßen beruhigte und die Welt aufhörte, sich vor seinen Augen zu drehen. Ein nie gekanntes, auf absurde Art beinahe wohltuendes Gefühl der Schwäche hatte sich in seinem Körper ausgebreitet, eine schleichende Verlockung, sich einfach auf die eisernen Stufen sinken zu lassen und die Augen zu schließen. Aber er wußte, daß er nie wieder aufwachen würde, wenn er dieser Verlockung nachgab. Kyle war ziemlich sicher, daß er starb. Aber das spielte keine Rolle, und noch war es nicht soweit. Er würde seinen Auftrag erfüllen, was danach geschah, war gleichgültig. Endlich erreichte er das Ende der Treppe und damit einen hohen, halbrunden Kuppelsaal, in dessen Wänden sich zahlreiche Türen befanden. Er blieb stehen. Er war niemals in diesem Shaitaan gewesen und wußte nicht, wohin die einzelnen Gänge führten. Und er konnte es sich nicht leisten, sie der Reihe nach zu untersuchen — zum einen, weil er einfach nicht mehr die Kraft dazu hatte, und zum anderen, weil ihm auch keine Zeit mehr blieb. Selbst wenn Captain Laird sich ihren Weg freikämpfen mußte, würde sie den Transmitter bald erreicht haben. Und dann hatte er die Auswahl unter ungefähr fünfzigtausend Transmitterstationen, auf denen er sie suchen konnte — allein auf dieser Welt... Auf gut Glück drang Kyle in einen der Gänge ein und blieb nach ein paar Schritten wieder stehen. Vor ihm erklangen Geräusche: das undeutliche Summen ferner Stimmen und das harte Klacken von Insektenkrallen. Eine Dienerkreatur näherte sich. Ganz instinktiv und ohne auch nur darüber nachzudenken, wich Kyle ein Stück zur Seite und nahm so Aufstellung, daß er die Ameise einen Sekundenbruchteil eher sehen konnte als sie ihn. Es war ein Krieger, der ihm entgegenkam — Kyle erkannte die winzigen Unterschiede, die einem Menschen vermutlich nicht aufgefallen wären, sofort: Die Augen des Insekts waren eine Spur größer und schimmerte leicht rötlich, und seine Glieder waren schlanker als die der Moroni-Diener. Und er schoß sofort, als er Kyle erblickte. Ein dünner, grellweißer Lichtblitz stach nach Kyle, verfehlte ihn um Haaresbreite und ließ die Wand neben seiner Schulter dunkelrot aufglühen. Abermals reagierte Kyle rein instinktiv. Noch bevor sein Bewußtsein die Gefahr überhaupt richtig begriff, in der er schwebte, übernahmen Instinkte und jahrelang antrainierte Reflexe den Befehl über seinen Körper. Er versuchte nicht, seine eigene Waffe zu ziehen, denn er wußte, wie unglaublich schnell die Insektenkrieger waren, sondern stieß sich mit aller Kraft ab, erreichte den Moroni mit einem gewaltigen Satz und tötete ihn mit einem Handkantenschlag gegen die einzige Stelle seines Körpers, an der das Geschöpf verwundbar war — die dünne Verbindung zwischen seinem Ober- und Unterleib. Der Krieger stieß einen schrillen Pfiff aus, taumelte zur Seite und brach zusammen. Seine Glieder zuckten, aber Kyle wußte, daß er tot war. Kyle löste zwei der vier kleinen Strahlenpistolen aus dem Gürtel der Ameise, warf seine eigene, ohnehin fast nutzlose Waffe fort und sah sich aufmerksam um. Es war möglich, daß der Krieger rein versehentlich auf ihn geschossen hatte, vielleicht hatte es Kämpfe zwischen den Wächtern und Lairds Begleitern gegeben, und die Ameisen feuerten einfach auf alles, was nach einem Menschen aussah. Aber es gab auch noch eine andere Erklärung, und die erschien Kyle im Moment
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