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Die Knopfmacherin

Die Knopfmacherin

Titel: Die Knopfmacherin
Autoren: Corinna Neuendorf
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Zunftmeister ab.
    »Meine Mutter lässt Euch ihre besten Grüße übermitteln.«
    »Danke sehr, mein Kind. Wenn ich die Unterhaltung mit deinem Vater beendet habe, werde ich ihr meine Aufwartung machen.«
    »Geh wieder an die Arbeit, Tochter«, meinte Adam sanft, bevor Fassbender noch mehr zu ihr sagen oder sie weiter anglotzen konnte.
    Während sie zu ihrer Werkbank zurückkehrte, bemühte sich Melisande, sich unbeteiligt zu geben, doch mit einem Ohr lauschte sie weiter dem Gespräch. Der Zunftmeister wagte allerdings nicht mehr, von ihrer Heirat zu sprechen. Stattdessen unterhielten sich die Männer über Dinge, die sich in der Stadt und im Landstrich ereignet hatten.
    »Habt Ihr schon von den aufständischen Bauern gehört? Überall in der Gegend sollen sie sich gegen ihre Lehensherren erheben. Ich sage Euch, aufhängen sollte man das Gesindel.«
    Bruckner schob nachdenklich die Unterlippe vor. »Gehört habe ich von diesen Männern. Aber wer weiß, wie es unsereins ergehen würde, wenn uns das Brot genommen würde und unsere Familien vor dem Verhungern stünden.«
    »Mit solchen Worten solltet Ihr vorsichtig sein, Meister.« Die Augen des Zunftmeisters verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Der Bischof würde sie gewiss nicht gern hören.«
    »Warum denn nicht?«, gab Bruckner zurück. »Ich habe keineswegs gesagt, dass ich es gutheiße, wenn diese Leute brandschatzend und mordend durch die Lande ziehen. Aber ich kann mir denken, dass Menschen, wenn sie Hunger und Elend erleiden müssen, zuweilen Unvernünftiges tun.«
    Auf einmal wurde es so still, dass Melisande die Geräusche, die sie beim Verzieren des Knopfes machte, deutlich hören konnte.
    »Vielleicht sollte ich nun besser wieder gehen.« Der Zunftmeister erhob sich. »Mit Eurer Erlaubnis werde ich Eurer Gemahlin noch einen kurzen Besuch abstatten.«
    »Aber sicher, geht nur, sie wird noch immer in der Küche sein.«
    Schwerfällig schob sich der Zunftmeister durch die Tür. Als Melisande hörte, wie er ihre Mutter grüßte, wandte sie sich an ihren Vater.
    »Meinst du, dass er …«
    »Mir meine Worte übelgenommen hat?« Bruckner zuckte mit den Schultern. »Wer weiß.«
    »Was, wenn er nun zum Bischof läuft?« Wie alle anderen wusste auch Melisande, dass es unter Strafe stand, mit den Aufständischen zu sympathisieren.
    Adam lachte auf. »Nein, mein Kind, das wird er nicht tun. Fassbender kann es nur nicht vertragen, wenn man anderer Meinung ist als er.«
    »Dann findest du also, dass die Aufständischen recht haben?«
    »Nein, ich bin nur der Ansicht, dass kein Mensch in der Angst vor dem Hungertod leben sollte. Und jetzt achte wieder auf deine Knöpfe, nicht, dass du einen davon verschneidest.«
    Etwas brannte Melisande aber noch auf der Seele. »War es Euch ernst mit dem, was Ihr vorhin sagtet, Vater?«
    »Was meinst du, mein Kind?«
    »Dass Ihr mich jemanden heiraten lasst, den ich selbst erwähle?«
    Bruckner blickte überrascht drein. »Du hast uns belauscht?«
    Melisandes Wangen brannten, als hätte sie zu lange in die Esse geschaut. »Ich … ich habe es zufällig gehört, als ich das Brot gebracht habe.« Verlegen blickte sie auf das Brett mit dem Essen, das der Zunftmeister nicht angerührt hatte.
    Der Knopfmacher lächelte milde. »Ich meine eigentlich immer alles so, wie ich es sage. Wenn du einen Burschen findest, der dein Herz verdient hat, so hast du meinen Segen. Aber wie ich dich kenne, trachtest du noch nicht nach einer Vermählung, nicht wahr? Ganz im Gegensatz zu deiner Schwester.«
    »Nein, Vater, ich möchte zunächst eine gute Knopfmacherin werden«, entgegnete Melisande entschlossen. »Für alles andere habe ich dann immer noch Zeit.«
    Bruckner begab sich wieder an seinen Platz. »Schade nur, dass du kein Junge geworden bist«, seufzte er. »Ich will dir deine Fähigkeiten nicht absprechen, aber als Frau wirst du immer damit zu kämpfen haben, dass ein Bursche dich bloß wegen der Werkstatt heiraten will.«
    »Der Mann, der es verdient hat, mein Herz zu bekommen, wird nicht danach trachten«, entgegnete Melisande überzeugt, obwohl sie überhaupt noch keine Vorstellung davon hatte, wie dieser Mann aussehen sollte. »Außerdem gehört die Werkstatt doch dir!«
    Adam Bruckner lächelte weise, als er sich wieder an die Arbeit machte. Noch gehört sie mir, aber auch ich werde alt und eines Tages meinem Schöpfer gegenübertreten, sinnierte er. Doch vielleicht geht dein Wunsch in Erfüllung, mein Kind. Vielleicht bekommst du
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