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Die Knopfmacherin

Die Knopfmacherin

Titel: Die Knopfmacherin
Autoren: Corinna Neuendorf
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einen Mann, dem egal ist, was du besitzt.
    Schweigend machten Melisande und ihr Vater weiter, bis das Tageslicht ganz vor den Fenstern verschwand. Der Zunftmeister redete eine ganze Weile mit Marie Bruckner, dann verschwand er durch die Vordertür. Adam bekümmerte das nicht weiter. Er arbeitete voller Inbrunst an den Messingknöpfen, die er vor dem Zunftmeister schnell hatte verschwinden lassen.
    »Hier, mein Kind, leg sie in die Schachtel.«
    In Melisandes Handfläche purzelten sechs ebenmäßige, blank polierte Messingknöpfe, auf deren Rundung ein fein geschwungenes Muster prangte. »Das sind die ersten, die wir nun ganz rechtmäßig gefertigt haben.«
    Staunend betrachtete Melisande die Knöpfe im Kerzenschein. Die Blütengravur war hervorragend gelungen. »Vielleicht solltest du die hier dem Zunftmeister in Speyer schicken. Oder sie Alina als Hochzeitsknöpfe vermachen.«
    »Für Meister Habermann werde ich ganz spezielle Knöpfe anfertigen. Solche, die ich ihm zum Geschenk machen kann, als Dank für seine Zustimmung.« Schalk blitzte in Bruckners Augen auf.
    »Du willst ihn bestechen?«
    »Das sei fern von mir!«, entgegnete Adam mit gespielter Entrüstung. »Aber sicher wird es dem Meister gefallen, ein paar schöne Stücke behalten zu dürfen. Auch er hat schließlich Töchter und ein Weib.«
    Bruckner machte eine kurze Pause, dann bückte er sich und zog eine kleine hölzerne Schachtel unter der Werkbank hervor.
    »Und was deine Schwester angeht …« Mit einem geheimnisvollen Lächeln öffnete er den Deckel, unter dem vier Knöpfe auf einem grünen Leinentuch aufblitzten. Sie bestanden zu einem Teil aus Messing und zum anderen aus geschliffenen Kristallen, die kunstvoll in das Metall eingelegt waren.
    Obwohl ihre eigenen Knöpfe ähnlich schön waren, spiegelten Alinas Hochzeitsknöpfe das neue Wissen wider, das ihr Vater nun endlich auch öffentlich anwenden durfte.
    Kurz stach sie der Neid, doch Melisande rang das Gefühl nieder. Immerhin liebte sie ihre Schwester und gönnte ihr alles Glück der Welt. Und wenn es so weiterging wie bisher, würde Alina diejenige sein, die als Erste vor den Traualtar schreiten würde.
    »Bitte sag Alina noch nichts davon«, flüsterte der Vater verschwörerisch, während er die Schachtel wieder verschwinden ließ. »Sie würde uns sonst noch mehr in den Ohren liegen, endlich heiraten zu dürfen.«
    »Ich werde ganz gewiss nichts verraten«, wisperte Melisande. »Aber sollten es nicht ein paar mehr sein?«
    »Zwölf, wie die Zahl der Apostel Jesu. Genauso viele, wie du einmal bekommen wirst. Da ich aber immer noch davon ausgehe, dass du als Erste heiraten wirst, bleibt mir noch genug Zeit, um die restlichen für Alina zu fertigen.« Er klappte die Schachtel wieder zu, dann zwinkerte er Melisande zu. »Wenn du dir noch etwas Zeit mit dem Heiraten lässt, werde ich deine Knöpfe ein wenig überarbeiten.«
    »Aber sie sind doch auch so schön genug!«, entgegnete Melisande, obwohl sie wusste, dass sich ihr Vater, wenn es um Knöpfe ging, nichts sagen lassen würde.
    Als sie ihr Werkzeug endgültig für den Tag beiseitegelegt hatten, beschloss Adam, die gute Nachricht mit Kapaunschlegeln und Semmelklößen zu feiern. Seine Gemahlin staunte zunächst über seinen Wunsch, aber weil es tatsächlich einen Wendepunkt in ihrem Gewerbe darstellte, schickte sie Alina zur Nachbarin, um ein, zwei Kapaune zu holen.
    Während ein köstlicher Duft durch das Haus waberte, fegte Melisande die Werkstatt und eilte dann in die Kammer, die sie zusammen mit ihrer Schwester bewohnte. Dort legte sie die Schürze ab, klopfte sich den Holzstaub von dem braunen Rock und richtete das Mieder. Nachdem sie die Arbeitshaube gegen eine neue ausgetauscht hatte, kehrte sie in die Küche zurück.
    Dort drückte ihre Mutter ihr den Kochlöffel in die Hand. »Achte einen Moment auf die Klöße, damit sie nicht zerfallen. Ich hole noch ein paar Kräuter aus dem Garten.«
    Heißer, würziger Dampf stieg Melisande aus dem Kessel entgegen. Lächelnd pustete sie über den Topfrand, als plötzlich Alina neben ihr auftauchte.
    »Bei allen Heiligen!« Melisande schnappte nach Luft, als ihre Schwester sie antippte. »Musst du mich denn so erschrecken? Soll ich mich an dem heißen Dampf verbrennen?«
    »Vergib mir!« Alina wirkte zerknirscht. »Wie war es heute in der Werkstatt?«
    »Sehr gut«, antwortete Melisande. »Wie du siehst, ist Vater wegen der Nachricht des Zunftmeisters voller Überschwang. Und ich habe meinen
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