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Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Die Knopfkönigin: Historischer Roman (insel taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Rainer Siegel
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Nachbar, war schon seit sehr vielen Jahren ebenfalls verwitwet und jetzt, als die Leute schon recht unverhohlen darüber sprachen, dass Witwer und Witwe sich ja anscheinend sehr gut zu verstehen schienen, hatten Nele und er den Entschluss gefasst, vor den Altar zu treten. Insofern hatte Karl mit dem Begriff Aussteuer gar nicht so Unrecht. Sie nähte tatsächlich an neuen Kleidern für ihre Mutter, jedoch an keinem Nachtgewand, das machte Nele schon selbst.
    *
    Noch immer stand Karl neben ihr. »Stell dir vor, ich werde morgen, wenn ich hier fertig bin, der Burg derer von Restwangen einen Besuch abstatten. Gibt es vielleicht jemanden, den ich von dir grüßen soll?«
    Franziskas Augen glänzten. »Wirst du ihn treffen?«, fragte sie und spürte, wie ihr Herz einen kleinen Sprung machte.
    »Nun ja, das kommt darauf an, ob mein nichtsnutzigerBruder abkömmlich und nicht gerade mit Wichtigerem beschäftigt ist. Mit einem Holzschwert auf den armen Pagen einzudreschen, Gäule zu striegeln oder so.«
    Franziska kicherte. Sie wusste, wie ernst Ludwig seine Ausbildung nahm und wie sehr er sich bemühte, in allen Bereichen der Beste zu sein.
    »Apropos Gäule, habt ihr meine alte Mähre gelegentlich gefüttert und nach ihr gesehen, damit morgen nicht am Ende ich sie tragen muss?«
    Wieder musste Franziska lachen. Die Mähre war eine edle und kostbare fünfjährige Stute, und sie hatte es nie verstanden, wie es Karl gelungen war, sie Hermann abzuschwatzen. Das Pferd war eines Fürsten würdig und eines der schönsten Tiere aus Hermanns Zucht. Sie hatte einmal gehört, wie der Rosshändler bei einem Gelage lachend gesagt hatte, der Bursche hätte den Gaul zwar mehrfach verdient, aber lieber hätte er ihm eine Tochter zur Frau gegeben, das wäre billiger gekommen.
    »Fathma steht hinten auf der Koppel. Wohlgenährt, gestriegelt und verzogen wie immer. Ein schreckliches Mädchen! Ich werde nie begreifen, wie ihr Männer auf solche Frauen hereinfallen könnt.«
    Karl lachte und drückte Franziska einen blitzschnellen Kuss auf die Wange. »Jetzt muss ich aber los, ich habe Hermann noch Sklavendienste zu leisten.« In der Tür drehte er sich um und griff mit der Linken in die Tasche über seiner Holzhand am rechten Arm. »Bevor ich es vergesse, da war so ein zerlumpter Kerl, so ein großer Blonder, ziemlich hässlich und mit laufender Nase, der mir dieses Papier für dich gegeben hat. Ich kann es gern für dich wegwerfen, es sei denn …« Franziska war schon aufgesprungen und hatteihm den Brief aus der Hand gerissen, bevor er lachend aus der Tür verschwand.
    Sie versteckte das Schreiben zunächst in der Tasche ihres Rocks. Die Näherinnen konnten jeden Augenblick in die Werkstatt kommen, und sie wollte nicht von ihnen wegen eines Liebesbriefes gehänselt werden. Sie und Ludwig schrieben einander, sooft Karl als Bote zur Verfügung stand, und Ludwig hatte ihr versprochen, die gelesenen Briefe zu verbrennen, damit sie keinem anderen in die Hände fallen konnten. Ihre Liebe sollte ein Geheimnis bleiben. So lange, bis die Knappenzeit Ludwigs beendet war und er eigene Wege gehen konnte. Sie wusste zwar nicht, wann das sein sollte, aber sie würde darauf warten. Andere Mädchen in ihrem Alter waren schon seit einem oder zwei Jahren verheiratet und hatten Kinder zur Welt gebracht. Erst kürzlich hatte ihre Mutter sie vorsichtig gefragt, ob das nicht auch ihr Wunsch wäre, man würde bestimmt einen guten Mann für sie finden, aber sie hatte nur mit einem wütenden Blick geantwortet, und Nele hatte sich schweigend zurückgezogen.
    Die Meisterschaft und Zunft hatte Franziska schon Monate vor ihrem vierzehnten Geburtstag den Gesellenbrief ausgestellt, und der Brautumhang, der jetzt auf ihrem Schoß lag und das Wams des Bräutigams, das bereits entworfen war, sollten ihre Meisterstücke werden. Sie wäre dann die jüngste Meisterin Böhmens, aber die Zunftmeister hatten großzügig eine Ausnahme von ihren sonst strengen Regeln beschlossen, da sie fürchteten, dass Nele als Ehefrau eines wohlbestallten Kaufmanns bald als Betriebsinhaberin ausfallen könnte und die beste Schneiderei der Stadt, die dieser und der Zunft erkleckliche Einnahmen sicherte, plötzlich ihre Arbeit einstellen könnte. In andere Betriebe hätte mangewiss einen männlichen Schneidermeister berufen, aber Neles Werkstatt war ein eingesessener Witwenbetrieb, eine Frauenschneiderei.
 
    Die folgenden Stunden nähte Franziska ohne Unterlass. Der Umhang war beinahe fertig. Er
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