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Die Knochenkammer

Titel: Die Knochenkammer
Autoren: Linda Fairstein
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Leine.
    »Ich zeichne dir ein Bild, Kleines. Geh wieder runter.«
    Ich kannte Mike und wusste, dass ich besser das tat, was er sagte. Ich hatte ihn hierher gebeten, um mir zu helfen, und es blieb mir nichts anderes übrig, als seinen Anordnungen Folge zu leisten.
    Während ich wieder über die Leiter vom Truck herabkletterte, sah ich, wie er sich hinkniete und mit der Taschenlampe langsam die Seitenwände des Sargs ableuchtete. Hin und wieder fuhr er mit seinen behandschuhten Händen über die Oberfläche, als würde er nach defekten Stellen suchen.
    Ich ging zu Thibodaux und wartete darauf, dass Mike und Lenny mit dem Flüstern aufhörten. Innerhalb weniger Minuten zogen sie die Handschuhe aus, warfen sie neben die Kisten auf den Boden und kletterten vom Truck.
    »Alles in Ordnung? Du siehst aus wie ein gestrandeter Tunfisch, der keine Luft bekommt.«
    Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich in der klaren Nachtluft wie wild nach Luft schnappte, um den üblen Geruch aus meinen Lungen zu pumpen. »Was konntest du sehen?«
    »Zuerst einmal sollten Sie für den Sarg Ihr Geld zurückverlangen, Mr. T. Er ist voller Löcher. Der Hund hat heute Nachmittag auf die Flüssigkeit reagiert, die von dem Material, in das die Leiche eingewickelt ist, freigesetzt wird und die durch die Ritzen dringt. Ich hielt meine Nase auf Bodenhöhe direkt dagegen und konnte rein gar nichts riechen. Aber darauf sind diese Schäferhunde abgerichtet. Auf Drogen und Leichen.«
    »Also hätte der Sarg mitsamt dem Leichnam in einen Container verladen und außer Landes gebracht werden können, ohne dass es jemand gemerkt hätte?«
    Mike nickte mir zu. »Wenn man den Deckel nicht beiseite schiebt, riecht nur eine professionelle Nase, was gerade erst durchzusickern beginnt.«
    »Könntest du -«
    »Es ist ein Leichnam, keine Frage. Und jemand hat vermutlich versucht, sie in Leinentücher einzuwickeln, damit es nach einer Mumie aussieht. Aber wir können damit nicht mitten in der Nacht hier draußen auf einem dreckigen Frachthafen unser Spiel treiben. Wir müssen die ganze Chose ins Leichenschauhaus bringen.«
    »Sie? Bist du dir sicher, dass es eine Frau ist?«
    »Momentan ist es nur eine Vermutung. Ihre Haare sind ein bisschen länger als deine.« Ich fasste mir unwillkürlich an meine Haare, die schlaff in den Nacken hingen. »Ein bisschen dunkler, mit einer glänzenden Silberspange. Kleiner, zierlicher Körperbau. Das ist alles, was ich heute Nacht sagen kann.«
    Mike stupste mich in den Rücken, um mich von Thibodaux wegzulotsen. Wir überließen ihn Lenny Dove, der seine Büronummer notierte und mit ihm für den nächsten Nachmittag einen Termin verabredete.
    »Wohin sollte sie verschifft werden?«
    »Eine lange Kreuzfahrt. Eine schwüle Sommerreise auf hoher See zum Ägyptischen Museum in Kairo. Das Abreisedatum stand noch nicht einmal fest. Bis sie daheim in Ägypten angekommen wäre, wäre Cleo Suppe gewesen.«
    »Was willst du tun?«
    »Es gibt nur einen Ort, wo wir sie hinschaffen können, und das Oxymoron >Garden State New Jersey< ist nicht Teil meines Plans.«
    Mike und ich hatten es bei unserem letzten Fall im vergangenen Winter mit der Bezirksstaatsanwaltschaft in New Jersey zu tun gehabt. Unsere Kollegen in Jersey hatten nicht nur die Operation total vergeigt; Korruptionsvorwürfe und Inkompetenz hatten zudem noch die Ermittlungen im Mord an Lola Dakota, einer renommierten Professorin, erschwert.
    »Wir sind auf der gleichen Wellenlänge, was das hier angeht, oder? Du willst die Leiche in unsere Gerichtsmedizin bringen, richtig?«, fragte ich.
    »Ich kenne keinen besseren Ort. Warum sollten wir es woanders riskieren? Machst du dir Sorgen um so eine formale Spitzfindigkeit wie Zuständigkeitsbereich?« Mike grinste mich breit an. »Ich bin hier die Schönheit bei der Operation, du das Hirn. Lass dir was einfallen, Blondie.«
    »Ignorier die Tatsache, dass wir hier mitten auf einem Hafengelände in Newark, New Jersey, stehen. Battaglia sagt immer, er hätte globale Zuständigkeit.« Der Bezirksstaatsanwalt Paul Battaglia war ein Genie, wenn es darum ging, Fälle weit jenseits der New Yorker Bezirksgrenzen für sich zu beanspruchen. Er war gegen internationale Bankkartelle vorgegangen, als sich noch kein anderer Bezirksstaatsanwalt in den Vereinigten Staaten um sie gekümmert hatte, und hatte Wiedergutmachungen und Bußgelder in Millionenhöhe von Finanzinstitutionen auf der ganzen Welt erwirkt. Er mochte es, wenn man kreativ war.
    »Es ist
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