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Die Kleptomanin

Die Kleptomanin

Titel: Die Kleptomanin
Autoren: Agatha Christie
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–, und die Schuhe waren ein entscheidender Bestandteil davon. Es waren nämlich ihre einzigen guten Schuhe.«
    »Das war sicher unangenehm für sie – und ärgerlich – ja, natürlich. Ich frage mich… Vielleicht ist doch etwas daran…«
    Er schwieg für einen Augenblick und fuhr dann fort:
    »Und dann gab es noch zwei weitere Gegenstände – einen Rucksack, der in Stücke geschnitten wurde, und einen Seidenschal, der dasselbe Schicksal erlitten hat. Hier haben wir etwas, das nichts mit Eitelkeit oder Gewinn zu tun hat – sondern mit vorsätzlicher Bosheit. Wem gehörte der Rucksack?«
    »Fast alle Studenten haben Rucksäcke – sie trampen ziemlich viel, wissen Sie. Und die meisten dieser Rucksäcke sind sich ziemlich ähnlich – im selben Laden gekauft, so dass man sie schwer unterscheiden kann. Aber es scheint ziemlich sicher, dass dieser entweder Leonard Bateson oder Colin McNabb gehört hat.«
    »Und der Seidenschal, der zerschnitten worden ist? Wem hat der gehört?«
    »Valerie Hobhouse. Sie hatte ihn zu Weihnachten bekommen – er war smaragdgrün und von wirklich guter Qualität.«
    »Miss Hobhouse… Ich verstehe.«
    Poirot schloss die Augen. Was er vor seinem geistigen Auge sah, war nicht mehr und nicht weniger als ein Kaleidoskop. Stücke von zerschnittenen Seidenschals und Rucksäcken, Kochbücher, Lippenstifte, Badesalz, Namen und kurze Beschreibungen einer Reihe von Studenten. Nirgendwo ein Zusammenhang oder ein Muster. Beziehungslose Vorfälle und Personen wirbelten durcheinander. Aber Poirot wusste nur zu gut, dass irgendwo ein Muster verborgen sein musste… Die Frage war nur, wo man ansetzen konnte…
    Er öffnete die Augen. »Dies ist eine Angelegenheit, über die ich nachdenken muss. Sehr gut nachdenken.«
    »Oh, natürlich, das verstehe ich, Monsieur Poirot«, stimmte Mrs Hubbard eifrig zu. »Und ich wollte Ihnen ganz gewiss keine Umstände…«
    »Sie bereiten mir keine Umstände. Ich bin fasziniert. Aber während ich nachdenke, könnten wir auch schon mit der praktischen Arbeit anfangen. Aber wo… Der Schuh, der Abendschuh… ja, mit dem könnten wir anfangen. Miss Lemon.«
    »Ja, Monsieur Poirot?« Miss Lemon verbannte die Archivierung aus ihren Gedanken, setzte sich noch gerader hin und griff automatisch zu Block und Bleistift.
    »Mrs Hubbard wird für Sie, wenn möglich, den verbliebenen Schuh besorgen. Damit gehen Sie zum Bahnhof Baker Street, zum Fundbüro. Der Verlust ereignete sich – wann?«
    Mrs Hubbard dachte nach. »Nun, ich kann mich nicht genau erinnern, Monsieur Poirot. Vielleicht vor zwei Monaten. Genauer kann ich es nicht sagen. Aber ich könnte das von Sally Finch herausbekommen, über das Datum ihrer Party.«
    »Ja, gut.« Er wandte sich ein weiteres Mal an Miss Lemon.
    »Machen Sie nur vage Angaben. Vielleicht sagen Sie am besten, sie glauben, dass Sie den Schuh in einem Wagen der Circle Line verloren haben. Oder in irgendeinem anderen Zug. Oder vielleicht auch in einem Bus. Wie viele Buslinien gibt es in der Nähe der Hickory Road?«
    »Nur zwei, Monsieur Poirot.«
    »Gut. Wenn die Nachfrage in der Baker Street ohne Ergebnis bleibt, versuchen Sie es bei Scotland Yard und sagen Sie, sie haben ihn in einem Taxi vergessen.«
    »Lambeth«, korrigierte die tüchtige Miss Lemon.
    Poirot winkte ab. »Sie wissen all diese Dinge.«
    »Aber warum glauben Sie…«, begann Mrs Hubbard.
    Poirot unterbrach sie. »Lassen Sie uns das Ergebnis abwarten. Danach suchen Sie uns wieder auf, Mrs Hubbard, ganz gleich, ob das Ergebnis positiv oder negativ ist, und sagen mir alles, was ich noch wissen muss.«
    »Ich glaube, dass ich Ihnen bereits alles gesagt habe, was ich weiß.«
    »Nein, keineswegs. Da muss ich widersprechen. Wir haben es hier mit einer Gruppe von jungen Leuten zu tun, mit unterschiedlichen Veranlagungen und unterschiedlichen Geschlechts. A liebt B, aber B liebt C, und D und E liegen sich vielleicht wegen A in den Haaren. Das sind die Dinge, die ich wissen muss. Das Wechselspiel menschlicher Gefühle. Streit, Eifersucht, Freundschaft, Bosheit und alle Arten von kleinen Gemeinheiten.«
    »Ich kann Ihnen versichern«, sagte Mrs Hubbard unbehaglich, »dass ich von derartigen Dingen überhaupt nichts weiß. Ich mische mich nicht ein. Ich leite das Heim und sorge für die Verpflegung und alles, was damit zusammenhängt.«
    »Aber Sie interessieren sich für Menschen. Das haben Sie mir selbst gesagt. Sie mögen junge Leute. Sie haben diesen Job nicht aus finanziellen
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