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Die Kleptomanin

Die Kleptomanin

Titel: Die Kleptomanin
Autoren: Agatha Christie
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stirnrunzelnd.
    »Das ist die Frage«, sagte Poirot. »Aber vorerst wollen wir diesen Punkt offen lassen. Ich bin im Augenblick dabei, die Diebstähle nach ihrer Bedeutung einzuordnen, und ich fange mit dem Ring an. Wer ist diese Miss Lane, der der Ring gehört?«
    »Patricia Lane? Das ist ein sehr nettes Mädchen. Sie beabsichtigt, irgend so ein – wie heißt das noch mal? – irgend so ein Diplom in Geschichte oder Archäologie zu erwerben.«
    »Wohlhabend?«
    »O nein. Sie hat zwar ein bisschen Geld, aber sie geht damit sehr vorsichtig um. Der Ring gehörte, wie gesagt, ihrer Mutter. Sie hat ein oder zwei nette Schmuckstücke, aber wenig neue Kleider, und sie hat kürzlich das Rauchen aufgegeben.«
    »Was ist sie für ein Mensch? Beschreiben Sie sie mit Ihren eigenen Worten.«
    »Nun ja, sie ist eher unauffällig. Irgendwie farblos. Still und damenhaft, aber ohne viel Pep. Was man vielleicht als ein – nun ja, ein sehr ernsthaftes Mädchen bezeichnen könnte.«
    »Und der Ring tauchte schließlich im Suppenteller von Miss Hobhouse auf. Wer ist Miss Hobhouse?«
    »Valerie Hobhouse? Das ist ein cleveres, dunkelhaariges Mädchen – ein bisschen sarkastisch. Sie arbeitet in einem Schönheitssalon. Sabrina Fair – ich vermute, Sie haben davon gehört.«
    »Und sind die zwei Mädchen befreundet?«
    Mrs Hubbard überlegte. »Das würde ich sagen – ja. Sie haben allerdings nicht viel miteinander zu tun. Patricia kommt mit allen gut aus, würde ich sagen, ohne dass sie besonders beliebt wäre. Und Valerie Hobhouse hat ihre Feinde, kein Wunder bei ihrer scharfen Zunge – aber sie hat auch eine Menge Anhänger, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    »Ich glaube, ich verstehe«, sagte Poirot.
    Patricia Lane war also nett und langweilig, und Valerie Hobhouse hatte Persönlichkeit. Er widmete sich wieder dem Studium der Liste.
    »Das Faszinierende sind die unterschiedlichen Arten von Dingen, die hier vertreten sind. Da sind unbedeutende Kleinigkeiten, die ein Mädchen in Versuchung führen könnten, das eitel und knapp bei Kasse ist: der Lippenstift, der Modeschmuck, die Puderdose, Badesalz, die Pralinenschachtel vielleicht. Auf der anderen Seite haben wir das Stethoskop. Eher ein Objekt, das ein Mann stehlen würde, der wüsste, wo er es verkaufen oder als Pfand beleihen könnte. Wem hat es gehört?«
    »Es gehörte Mr Bateson – ein großer, netter junger Mann.«
    »Ein Medizinstudent?«
    »Ja.«
    »War er sehr ärgerlich?«
    »Er war absolut wütend, Monsieur Poirot. Er hat eine etwas aufbrausende Art – und kann dann alles Mögliche sagen, aber das ist auch schnell wieder vorbei. Er ist jedenfalls keiner, der freundlich aufnimmt, dass seine Sachen geklaut werden.«
    »Gibt es denn solche Leute?«
    »Ja, da ist zum Beispiel Mr Gopal Ram, einer unserer indischen Studenten. Er lächelt bei jeder Gelegenheit. Er wedelt mit der Hand und sagt, dass materieller Besitz bedeutungslos sei…«
    »Ist ihm auch etwas gestohlen worden?«
    »Nein.«
    »Aha! Wem gehörte die Flanellhose?«
    »Mr McNabb. Die war schon ganz alt, und jeder andere würde gesagt haben, sie ist nicht mehr zu brauchen, aber Mr McNabb hängt sehr an seinem alten Zeug und wirft nie etwas weg.«
    »Damit sind wir jetzt bei den Dingen, von denen man nicht glauben würde, dass sie es wert sind, gestohlen zu werden – alte Flanellhosen, Glühbirnen, Borax, Badesalz, ein Kochbuch. Vielleicht sind sie von Bedeutung, wahrscheinlich aber nicht. Das Borax kann verlegt worden sein, jemand mag eine durchgebrannte Glühbirne herausgeschraubt und vergessen haben, sie zu ersetzen, das Kochbuch kann ausgeliehen und nicht zurückgegeben worden sein. Irgendeine Putzfrau mag die Hose weggeworfen haben.«
    »Bei uns arbeiten zwei sehr zuverlässige Raumpflegerinnen. Ich glaube kaum, dass eine von ihnen so etwas gemacht hätte, ohne vorher zu fragen.«
    »Vielleicht haben Sie Recht. Dann ist da noch der Abendschuh, einer von einem neuen Paar, soweit ich verstanden habe? Wem haben die Schuhe gehört?«
    »Sally Finch, eine Amerikanerin, studiert hier mit einem Fulbright-Stipendium.«
    »Sind Sie sich sicher, dass der Schuh nicht einfach verlegt worden ist? Ich kann mir nicht vorstellen, welchen Nutzen ein einzelner Schuh haben sollte.«
    »Er ist nicht verlegt worden, Monsieur Poirot. Wir haben alle intensiv danach gesucht. Also, das war so: Miss Finch wollte zu einer Party gehen und dabei das anziehen, was sie als formal dress bezeichnet – Abendkleidung würden wir sagen
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