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Die kleinen Freuden des Lebens

Die kleinen Freuden des Lebens

Titel: Die kleinen Freuden des Lebens
Autoren: Stefan Maiwald
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als
     lächerlicher Übungswiesen-Pro niemals gut genug.
    Eine Menge guter Gründe also, einfach weiter als Amateur Golf zu spielen, ohne auf die Idee zu kommen, diesen Sport auch anderen
     aufdrängen zu wollen. Dennoch: Ich kann es gar nicht erwarten und freue mich darauf, dass ein totaler Anfänger zu mir kommt
     und mit seinem zehnten Versuch sein Eisen 7 hundert Meter weit auf die Wiese haut. Ich setze ganz einfach voraus, dass in
     jedem Menschen der gleiche Golf-Enthusiasmus schlummertwie in mir, und ich will ihn herauslocken, denn gibt es etwas Schöneres, als einen Enthusiasmus zu teilen? Einander in die
     fiebrigen Augen zu blicken und vor Wonne zu seufzen? Wenn man so will, antizipiere ich dieses Glücksgefühl.
    Klar. Es ist eine Schnapsidee. Aber immerhin ist es
meine
Schnapsidee.
    Golfstunden unter www.mad-caddie.com. (Falls ich die Seite irgendwann zum Laufen kriege.)

Unter der Dusche einen Popstar imitieren
    J e lauter und je falscher, desto besser. Wichtig ist es auch, Gestik und Mimik der eigentlichen Sänger nachzuahmen. Dann
     beginnt man den Tag besonders geschmeidig. Sehr gut: Becken vorschieben, eine Hand an die imaginäre Gürtelschnalle und mit
     der anderen Hand so tun, als zähle man die erste Reihe im Publikum durch. Sollen die anderen ihre Morgengymnastik am offenen
     Fenster machen.

Im Buchantiquariat herumlungern
    I ch glaube, dass Menschen, die in Buchantiquariaten herumlungern, zu einer besseren Welt gehören. Es sind stille, höfliche
     und belesene Menschen, es sind Menschen, die sich aufrichtig verlieben und dabei nicht sofort an Sex denken und einem im Kaufhaus
     die Tür aufhalten und dabei auch nicht sofort an Sex denken. Ich wünschte – oder besser, ich bemühe mich   –, ich wäre einer von ihnen. Oder lebte zumindest so, wie ich es ihnen andichte. Ich gebe mir ja Mühe, mich würdig zu erweisen
     und ein intellektuell gereiftes Leben zu führen. Meine Versuche allerdings, die Familie mit Mahler und Mozart zu wecken, musste
     ich einstellen, weil Winnie Poohs Honigabenteuer ihre ganz eigene musikalische Untermalung fordern, meine Frau Musik, die
     nicht von einem exaltierten Italiener gesungen wird, nicht einmal wahrnimmt und unsere jüngste Tochter morgens sowieso weint.
     Meine Versuche, Barbie und japanische Dreckscomics wie all die Heidi-Derivate zu boykottieren, stießen auf Protest meiner
     Töchter (sogar meine 18   Monate alte Tochter sprach nicht mehr mit mir) und meiner Frau. Meine fünfjährige Tochter weigerte sich, ›Huckleberry Finn‹
     oder die Kinderausgabe von ›Moby Dick‹ vorge-
    lesen zu bekommen; sie steht auf die »Winx«, eine Gruppe italienischer Superbarbies mit magischen Fähigkeiten, also wie Harry
     Potter, nur mit Wespentaille, High Heels und Nagellack.
    Es gibt Stadtviertel, die sind voll von Antiquariaten, und es gibt Stadtviertel, da findet man nicht mal ein normales Buchgeschäft,
     und es stimmt wohl, dass die Buchantiquariatsdichte mit der Lebensqualität eines Viertels korreliert. Will sagen: je mehr
     Buchantiquariate, desto mehr Cafés, desto mehr Uni-Leben, desto mehr dieser rührenden Copy-Shops, desto mehr ethnische Restaurants
     und afrikanische Krimskramsläden, in denen man immer auf die Schnelle ein »originelles« Geschenk für die Wohnungseinweihungsparty
     seiner Nachbarn (siehe Seite 142) bekommt.
    In München-Schwabing, gleich bei mir um die Ecke, wenn ich denn gerade in Deutschland bin, gibt es Antiquariate, da sind die
     Bücher in der Mitte des Ladens brusthoch getürmt, und genauso sieht mein Traum von einem Lesezimmer aus. Mein Versuch allerdings,
     meine eigenen Bücher dergestalt aufzustapeln, wurde von meiner Frau schnell abgewürgt, die mit dem beherzten Stoß einer Hand
     anschaulich demonstrierte, was passieren würde, falls a) meine fünfjährige Tochter beschließen sollte, einen dieser Stapel
     ohne Sicherungsleine zu erklimmen, und falls b) meine 18   Monate alte Tochter just in diesem Moment unterhalb des Stapels herumkrabbeln und von der illustrierten Gesamtausgabe von
     ›Grimms Märchen‹ (2   kg) getroffen werden würde. Die natürlich auch kein Schwein lesen will.
    Ein Buchantiquariat ist ein erhabener und vor allemein ruhiger Ort. Personen schalten hier ihr Handy aus oder stellen es auf lautlos oder drücken einfach im Fall des Klingelns
     auf die Aus-Taste. Menschen, die am Cafétisch neben einem all ihre Klingeltöne durchprobieren, betreten ein Buchantiquariat
     erst gar nicht. Dann gibt
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