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Die kleinen Freuden des Lebens

Die kleinen Freuden des Lebens

Titel: Die kleinen Freuden des Lebens
Autoren: Stefan Maiwald
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es noch diese spezielle Buchantiquariats-Bewegung, dieses lautlose Aneinandervorbeigleiten mit angedeutetem
     Lächeln – ich mag das sehr. Ich glaube einfach, dass Menschen, die in Buchantiquariaten herumlungern, einem nie den Parkplatz
     wegnehmen würden, obwohl man selbst zuerst geblinkt hat. Sie würden ihren Kaugummi nicht einfach auf die Straße spucken. Auch
     nicht, wenn keiner guckt. Sie haben intelligente Antworten auf allerlei Fragen des Lebens. Sie würden alles gut finden, was
     ich so schreibe, und mich vielleicht sogar ein klein wenig bewundern.
    Auf Frauen zu treffen ist auch toll, weil man sie gut ansprechen kann. Eine Frau, die an der anderen Ecke des Cafés sitzt
     – wie geht man zu der und spricht sie an? Aber im Buchantiquariat, mit ein paar tausend Bänden Gesprächsstoff vor der Nase,
     geht das fast von selbst. Man muss die Frau nur in eine abgelegene Ecke abdrängen, damit der Rest des Buchantiquariats (hier
     wird die Stille doch zum Nachteil) nicht mithört.
    Dann ist da natürlich noch der Duft alter Bücher, der mich an all die früheren Abenteuer auf den Dachböden meiner Verwandtschaft
     erinnert. Manchmal riechen Buchantiquariate auch nach nasser Erde, wie eine Wiese kurz nach einem Regenschauer. Das ist sehr
     angenehm und so nah, wie man einer Wiese mitten in einer Großstadt sensorisch nur kommen kann.
    Halten wir fest: ein Ort, der gut duftet. Ein Ort, an dem einem selbstlos geholfen wird, falls einen ein Herzinfarkt ereilt.
     Ein Ort ohne Klingeltöne. Ein Ort mit mehr Geschichten, als ein Leben in sich aufsaugen kann. Ein Ort, an dem man seinen Traumpartner
     finden und auch noch ansprechen kann. Ich finde: Viel netter kann es doch gar nicht mehr werden.

»Ihr Tisch ist jetzt frei.«
    T iefes Ausatmen.

»Du siehst aus, als hättest du gut geschlafen.«
    T iefes Einatmen.

Eine Flasche mit dem Feuerzeug öffnen
    E s ist nicht leicht, heutzutage als Held zu gelten. Die Fließrichtung des Nigers ist längst bekannt, Sahara und Antarktis
     sind durchquert, der höchste Berg der Erde ist inzwischen sogar von Einbeinigen bestiegen und von herabwedelnden Snowboardern
     entwürdigt. Heutzutage sind es eher die alltäglichen Dinge, mit denen der Mensch glänzen kann. Wer unfallfrei vor einem vollbesetzten
     Café einparkt, darf sich bewundernder Blicke der Beifahrerin sicher sein. Aber zugegeben, das ist nicht leicht, und ich überlasse
     das Einparken lieber meiner Beifahrerin. Wer in einem Restaurant souverän eine Menüfolge mit passenden Weinen zusammenstellt,
     darf sich bewundernder Blicke der Begleiterin sicher sein, aber auch das ist nicht leicht, und ich überlasse das ebenfalls
     meiner Begleiterin. Bei Beifahrerin wie Begleiterin handelt es sich um meine Frau, die vom lieben Gott mit extremer Alltagstauglichkeit
     ausgestattet worden ist. Dennoch gibt es eine völlig narrensichere Methode, in manchen Kreisen (zum Beispiel vor meiner italienischen
     Frau und ihren italienischen Freundinnen) für einen Mo-
    ment im Mittelpunkt zu stehen und gefühlte wie echte Schulterklopfer zu erhalten, und zwar indem man eine Flasche, die mit
     einem Kronkorken versehen ist, mit Hilfe eines Feuerzeuges öffnet.
    Ich habe große Abschnitte meiner Jugend ausschließlich mit dieser Handbewegung verbracht, deswegen ist sie für mich so selbstverständlich
     wie mich hinterm Ohr zu kratzen, wenn es dort juckt. Und, weiß Gott, die Handbewegung könnte ich meiner fünfjährigen Tochter
     beibringen, sie erfordert keinerlei Kraft oder Geschicklichkeit. Man umfasst den Flaschenhals mit der linken Hand und setzt
     den Feuerzeughebel im 4 5-Grad -Winkel zwischen Kronkorken und unterstem Fingerglied an. Das Fingerglied bildet den Widerstand, und mit der rechten Hand
     drückt man das Feuerzeug nach unten. Zwei-, dreimal üben, dann funktioniert es. Es muss nicht einmal ein Feuerzeug sein, man
     kann, wie man auf der empfehlenswerten Internetseite stuff.twoday.net im Fotobeweis sieht, auch einen Tischfußballtisch, einen
     Benzinzapfhahn, eine Schildkröte, einen Espressoportionierer, eine Brotbackmaschine, einen Klorollenhalter, ein Nudelsieb,
     ein Snowboard, einen Gartenzwerg, ein Brausemundstück, einen Lötkolben, eine Kettensäge, einen Ziegelstein, ein Fußmassagegerät,
     ein Didgeridoo, eine Pfeife, einen Kontaktlinsenbehälter, eine Nagelbürste, eine Koralle, einen Samowar, einen Pflanzenuntersetzer,
     eine Wegwerfkamera, eine Mundharmonika, einen Minidiscplayer, einen Tennisschläger,
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